Seniorensport Seniorensport: Kleine Übungen mit großer Wirkung

Frankfurt/Main/Bonn/dpa. - «Unser Verband hat die größten Mitgliederzuwächse bei Menschen über 60», sagt Bärbel Schöttler, Bundesturnwartin Ältere im Deutschen Turnerbund (DTB) in Frankfurt. «Wer in diesem Alter anfängt Sport zu treiben, tut dies meist aus gesundheitlichen Gründen», so die 69 Jahre alte Sportpädagogin. Der DTB biete daher neuerdings auch Rückenschule, Osteoporose-Vorbeugung und Muskelaufbautraining an.
«Doch es ist nicht der Gesundheitsaspekt, der die Leute bei der Stange hält», erklärt Schöttler. Im Laufe der Zeit würden die Freude an der Bewegung und Kontakte, die sich über die Gruppe ergeben, wichtiger. Als weiteren Vorteil des Vereinssports sieht Schöttler die Beratung durch speziell für den Seniorensport ausgebildete Übungsleiter. «Bei gymnastischen Übungen kann viel falsch gemacht werden. Zum Beispiel sollten Ältere nie Übungen mit gestreckten Beinen machen. Das geht zu sehr auf den Rücken.»
«Wer im Alter anfangen möchte, Sport zu treiben und nicht weiß, welche Sportart die Richtige ist, kann sich an Vereine und den Kreissportbund wenden», sagt Ute Blessing-Kappelke, Referentin für Seniorensport beim Deutschen Sportbund (DSB) in Frankfurt. Der Sportbund hat außerdem im Internet unter http://www.sportprogesundheit.de Informationen zum gesunden Sporttreiben zusammengestellt. Dort gibt es Empfehlungen für Sportarten bei bestimmten körperlichen Beschwerden und Anleitungen für einfache gymnastische Übungen.
Solche Übungen finden Senioren im Internet auch unter http://www.bewegte-senioren.de. Die Seiten wurden vom Institut für Sportwissenschaft und Sport an der Universität Bonn anlässlich einer Wanderausstellung erstellt. Diese wird in zahlreichen Städten zu sehen sein und soll über die positiven Wirkungen von regelmäßigem Sport informieren und zu Bewegung anregen.
«Treppen steigen, Radfahren und Spazieren gehen, also alltägliche Bewegung, kann schon viel zu körperlicher Fitness beitragen», sagt Michael Brach, der als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt «Bewegte Senioren» beteiligt ist. «Die Füße als Fortbewegungsmittel zu benutzen ist wichtig.» Denn längst nicht alle Senioren seien in der körperlichen Verfassung, um Sport zu machen: «In keiner Altersgruppe sind die Leistungsunterschiede so groß wie bei Menschen über 60.»
Wer körperlich fit genug ist und mit Sport beginnen möchte, sollte sich Brach zufolge unbedingt vorher bei einem Sportarzt auf Herz-Kreislauf-Schäden untersuchen lassen. Ein guter Sportarzt könne auch einschätzen, welche Übungen alleine gemacht werden können und welche unter Aufsicht eines Arztes oder Sportpädagogen stattfinden müssen.
«Anfängern rate ich grundsätzlich zu Sportarten wie Gymnastik, Wandern, Radfahren und Skilanglauf; letzteres fördert insbesondere die Ausdauer», erklärt Brach. Bei Ski alpin und Mannschaftssportarten sei die Verletzungsgefahr höher. Wer jedoch schon jahrelang Fußball spiele, der sollte auch im Alter damit fortfahren. «Wichtig ist der Spaß und dass man dabei bleibt», sagt der Sportwissenschaftler.
Neben den Vereinen wenden sich mittlerweile auch Fitnessstudios an Ältere. Ursula und Siegfried Urmoneit aus Berlin beispielsweise gehen - seit sie in Rente sind - einmal die Woche zum Muskelaufbautraining für Senioren. Zunächst haben die Mitsechziger das Training für ein Jahr gebucht. «Während des 30-minütigen Programms gehen wir meist an zehn Apparate und machen Übungen für Arme, Beine, Rücken und die Bauchmuskulatur», sagt Ursula Urmoneit. Das tue gut, koste aber inklusive Fahrt anderthalb Stunden Zeit.
Bärbel Schöttler hat früher «jeden Sport bis auf Boxen und Drachenfliegen ausprobiert». Heute hat sie ein künstliches Fuß- und Kniegelenk und läuft an Gehhilfen. Dennoch gehe sie zwei Mal in der Woche schwimmen und habe sich angewöhnt jeden Morgen Gymnastik zu machen. Das seien «fürchterlich langweilige Übungen, wenn man abwechslungsreichen Sport gewöhnt ist», sagt Schöttler. «Zuerst habe ich mit Hilfe einer Eieruhr versucht die Zeit einzuhalten, jetzt nehme ich Kassetten.»
Laut der Sportpädagogin können schon einfachste Übungen viel zu Ausdauer, Muskelkräftigung, Koordination und Geschicklichkeit beitragen. «Fahrradfahren ist zum Beispiel gut für die Ausdauer», erklärt Schöttler. Koordinationsübungen wie das Zusammenführen bestimmter Finger der linken und rechten Hand trainierten auch das Gedächtnis. Diese Übungen könne jeder machen. «Ich wende mich gegen das Bild des 80-Jährigen, der auf dem Barren herumturnt. Das sind doch absolute Ausnahmen», so Schöttler.
Informationen: Deutscher Sportbund, Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt (Tel.: 069/670 00, Fax: 069/67 49 06, Internet: http://www.dsb.de, E-Mail: [email protected]).