Schwefelbäder helfen bei Schmerzen und Entzündungen
Bad Nenndorf/dpa. - Bursa in der Westtürkei, Monticelli vor den Toren von Parma und das südfranzösische Digne-les-Bains haben eines gemeinsam: Sie verfügen über Schwefelquellen und verheißen damit Urlaub mit besonders großem gesundheitlichen Nutzen.
Schwefel wird heute vor allem in Form von Thermalbädern angewandt. Die wohltuende, schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung beruht auf mehreren Faktoren. «Wie bei allen Thermalbädern wirkt zunächst die Wärme des Wassers», erläutert Chefarzt Wolfgang Brückle von der Rheuma-Klinik in Bad Nenndorf (Niedersachsen). Die Wärmewirkung wird durch den Schwefelwasserstoff zusätzlich erhöht. «Das ist an der Rötung der Haut gut sichtbar.»
Die Muskeln im ganzen Körper entspannen sich. Das Bindegewebe wird besser dehnbar. Blutgefäße erweitern sich, Herzschlag und Stoffwechsel nehmen zu. Die Durchblutung der Haut wird verstärkt. Das führt zu einer verbesserten Aufnahme von Sauerstoff und Mineralien. Durch die Haut gelangt der Schwefelwasserstoff ins Blut. An Stellen, wo er gebraucht wird, trägt er dann zur Heilung bei, hemmt etwa Gelenkentzündungen oder hilft, Gelenkknorpel wieder aufzubauen.
Damit sind thermale Schwefelbäder gut geeignet zur Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates. «Wir sehen sehr gute Erfolge bei Patienten mit degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen einschließlich Bandscheibenleiden, bei Morbus Bechterew, Weichteilrheumatismus, entzündlichen rheumatischen Erkrankungen und Muskelschmerzen», zählt Rheumatologe Brückle auf. Hinzu kommen entzündliche Hauterkrankungen wie Ekzeme oder Neurodermitis.
Schwefelbäder werden vor allem im Rahmen von Kuren verordnet. Unter den 154 Heilbädern und Kurorten in Deutschland, die wegen einer Heilquelle als Heilbad oder Kurort anerkannt sind, gibt es 31 mit schwefelhaltigen Heilquellen. Jede Schwefelheilquelle ist in ihrer Zusammensetzung ein Original. Mindestens ein Gramm Schwefel muss pro Liter Wasser enthalten sein, sonst darf die Quelle nicht als Heilquelle bezeichnet werden. Darüber hinaus ist der Schwefelgehalt jedoch unterschiedlich hoch. «Doch dieser Faktor sollte in seiner Gewichtigkeit zu weiteren Wirkfaktoren nicht überschätzt werden», sagt Prof. Jürgen Kleinschmidt vom Institut für Gesundheits- und Rehabilitations-Wissenschaften der Universität München. «Wichtiger als die Quantität des Schwefels ist das Know-how vor Ort im Umgang mit der Schwefelquelle und weiteren Kurortgegebenheiten.»
Den medizinischen Nutzen eines einmaligen Bades in einer Thermalquelle im Ausland, im Freizeitbad oder auch in der eigenen Wanne sehen Bäderkundler skeptisch. «Das kann jeweils nicht mehr sein als höchstens ein kurzes Wellness-Erlebnis zum ersten Kennenlernen», sagt Kleinschmidt.
Egal, wo das Schwefelbad stattfindet: «Es sollte 10 bis 20 Minuten dauern», sagt Günter Till, Fachbeirat Bäder & Thermen beim Deutschen Wellness Verband in Düsseldorf. «Dabei liegt die Wassertemperatur etwa bei 37 bis 39 Grad.» Nach einem Schwefelbad wird heiß geduscht, damit sich die Hautporen weit öffnen und die unangenehmen Schwefelduftstoffe wieder abgeben. Ähnlich wie nach einem Saunabesuch fühlt sich der Körper angenehm schwer an. Und da das Bad auch Herz und Kreislauf enorm belastet, ist anschließend eine ausführliche Ruhepause angesagt.
Die balneologisch wirksamste Schwefelverbindung ist Schwefelwasserstoff. Er wird durch Luftsauerstoff oder auch Desinfektionsmittel wie Chlor rasch in andere Schwefelverbindungen umgewandelt. Sie riechen zwar nicht mehr unangenehm nach faulen Eiern, haben jedoch auch keine therapeutische Wirkung. Da in größeren Becken, die von mehreren Personen genutzt werden, aus hygienischen Gründen Desinfektionsmittel eingesetzt werden müssen, ist die gewünschte Wirkung letztlich nur bei Einzelbädern optimal. Dank medizinischer Badezusätze mit Schwefelbestandteilen kann ein Schwefelbad mittlerweile sogar in der eigenen Wanne zubereitet werden. Eine Alternative ist schwefelhaltiges Versandheilwasser.