Pflege Pflege: Diese Rechte haben Angehörige von Pflegebedürftigen

Halle (Saale) - Tina S., Zeitz: Meiner Mutter wurde geraten, einen Antrag auf Pflegestufe zu stellen. Wie und wo geht das?
Antwort: Ihre Mutter muss bei der Pflegekasse ihrer gesetzlichen Krankenkasse einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Das Formular dafür erhält sie bei der Kasse beziehungsweise sie lässt es sich zuschicken. Die Pflegekasse beauftragt nach Abgabe den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung. Der MDK stellt dann bei Ihrer Mutter zu Hause den Hilfebedarf fest. Auf Basis dieses Gutachtens erhält Ihre Mutter von der Pflegekasse einen Bescheid über die Befürwortung oder Ablehnung der Pflegestufe.
Kerstin H., Saalekreis: Ab wann wird das Pflegegeld eigentlich gezahlt? Wie verhält es sich in einem Widerspruchsverfahren?
Antwort: Pflegegeld wird immer ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gezahlt, sobald eine Pflegestufe zuerkannt worden ist. Das gilt auch, wenn die Zuerkennung erst im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens getroffen wird.
Karla D., Weißenfels: Ich habe seit zwölf Jahren die Pflegestufe I. Inzwischen hat sich mein Gesundheitszustand rapide verschlechtert. Ich kann kaum mehr laufen. Wie komme ich zu einer höheren Pflegestufe?
Antwort: Sie können bei Ihrer Pflegekasse einen Höherstufungsantrag stellen. Dieser ist grundsätzlich dann empfehlenswert, wenn sich der Hilfebedarf zum Beispiel aufgrund einer Verschlechterung des körperlichen Zustandes eines Pflegebedürftigen erhöht hat. Bei der Pflegekasse können Sie zugleich auch eine Pflegeberatung in Anspruch nehmen und sich bei dem Ausfüllen der Formulare helfen lassen. Aufgrund des Höherstufungsantrages wird der Medizinische Dienst bei Ihnen zu Hause eine erneute Begutachtung vornehmen.
Paula K., Stößen: Wir sind unschlüssig bei der Wahl des ambulanten Pflegedienstes für unseren Vater. Gibt es einen einheitlichen Leistungskatalog mit gleichen Preisen?
Antwort: Die ambulanten Pflegedienste unterscheiden sich bei den Kosten und auch in den individuellen Leistungen. Bevor Sie sich mit deren Wahl beschäftigen, sollten Sie sich darüber klar werden, in welchen Bereichen beziehungsweise bei welchen Handgriffen Ihr Vater die meiste Unterstützung benötigt und wie oft am Tag oder in der Woche sie erbracht werden sollte. Weiter gilt es zu überlegen, was Sie selbst finanzieren können und in welchen Bereichen Sie einen Pflegedienst beauftragen möchten. Haben Sie sich einen Überblick verschafft, empfiehlt es sich, bei den Pflegediensten Ihrer Wahl eine Art Kostenvoranschlag einzuholen. Auch können Sie sich im Internet unter www.pflegeberatung.de allumfassend informieren. Sogenannte Pflegedienst-Navigatoren im Internet bieten auch eine Suche nach ambulanten Pflegediensten sortiert nach Postleitzahlen an.
Karin D., Mücheln: Wir füllen gerade einen Pflegeantrag aus. Es wird auch nach dem ambulanten Pflegedienst gefragt. Darf man sich den aussuchen oder bestimmt das die gesetzliche Krankenkasse?
Antwort: Sie können den ambulanten Pflegedienst frei wählen. Schließlich handelt es sich bei der Art der Unterstützung um eine sehr individuelle Angelegenheit. Sollte es nicht möglich sein, ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Pflegebedürftigen, den Angehörigen und der Pflegeperson herzustellen, kann dem Dienst gekündigt und ein anderer engagiert werden.
Auf der nächsten Seite geht es um Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege und sogenannte Betreuungs- und Entlastungsleistungen.
Luise M., Burgenlandkreis: Ich pflege schon länger meinen Mann zu Hause, stoße aber langsam an meine Grenzen. Ich möchte gerne einmal einen Urlaub machen oder würde zur Kur fahren. Gibt es Hilfe?
Antwort: Sie können in diesem Fall die sogenannte Verhinderungspflege nutzen. Die Verhinderungspflege kann für jeweils maximal sechs Wochen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Die Kosten dafür übernimmt Ihre Pflegekasse in Höhe von jeweils 1 612 Euro. Beachten Sie: Die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege ist erst möglich, wenn die Pflegebedürftigkeit sechs Monate bestanden hat. Sie kann zu Hause stattfinden und kann stunden- oder tageweise in Anspruch genommen werden. Praktisch läuft es so, dass ein Pflegedienst, ein Bekannter oder Verwandter an Ihrer Stelle die Pflege für den Zeitraum übernimmt. Sie selbst vereinbaren dann einen gewissen Stundenlohn mit dem „Pfleger“ und reichen die Stundenabrechnung bei der Pflegekasse ein. Wenn ein Pflegedienst die Leistung übernimmt, rechnet dieser meist direkt mit der Pflegekasse ab. Möglich ist dies, bis die 1 612 Euro ausgeschöpft sind. Der Antrag ist bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen zu stellen.
Tom G., Naumburg: Unsere Schwiegermutter hat die Pflegestufe III. Bis zu welchem Betrag ist die Verhinderungspflege möglich? Wie verhält es sich mit dem Übertrag, den man in Anspruch nehmen kann?
Antwort: Die Verhinderungspflege kann bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Dabei können die Wochen auch gestückelt werden. Dafür übernimmt die Pflegekasse bis zu maximal 1 612 Euro die Kosten. Bei dem von Ihnen genannten Übertrag handelt es sich um Folgendes: Wird die sogenannte Kurzzeitpflege für den Pflegebedürftigen in dem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft oder gar nicht beansprucht, dann kann der Betrag der Verhinderungspflege, nämlich 1 612 Euro, bei Bedarf um bis zu 806 Euro, nämlich die Hälfte des Kurzzeit-Pflegegeldes, aufgestockt werden. Das bedeutet, dass für die Verhinderungspflege insgesamt bis zu 2 418 Euro zur Verfügung stehen.
Susanne T., Quedlinburg: Stimmt es, dass bei der Kurzzeitpflege auch ein Übertrag möglich ist? Wie verhält sich das?
Antwort: Bei der Kurzzeitpflege handelt es sich ausschließlich um eine vorübergehende stationäre Pflege des Pflegebedürftigen. Das heißt, für insgesamt acht Wochen stellt die Pflegekasse maximal 1 612 Euro pro Kalenderjahr als Kostenabdeckung zur Verfügung. Sind in diesem Kalenderjahr nur geringe oder gar keine Kosten für eine Verhinderungspflege in Anspruch genommen worden, ist bei Bedarf ein Übertrag für die Kurzzeitpflege möglich. Das heißt, die Unterstützung für die Kurzzeitpflege kann auf bis zu 3 224 Euro, durch Zurechnung der maximal 1 612 Euro von der Verhinderungspflege, falls diese noch nicht verbraucht sind, aufgestockt werden.
Lisbeth G., Saalekreis: Ich habe die Pflegestufe II. Mein Mann pflegt mich, er muss jetzt aber selbst ins Krankenhaus zu einer OP. Während der Zeit möchte sich unsere Tochter um mich kümmern, sie ist allerdings berufstätig. Was kann sie tun?
Antwort: Sie können die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Funktionieren würde das so: Ihre Tochter lässt sich von ihrem Arbeitgeber unbezahlt freistellen. Ihren Verdienstausfall reichen Sie dann als Aufwandsentschädigung für Ihre Tochter bei Ihrer Pflegekasse ein. Möglich ist die sogenannte Verhinderungspflege für einen Zeitraum von maximal sechs Wochen im Jahr. Für diese Zeit unterstützt Ihre Pflegekasse Sie mit maximal 1 612 Euro.
Marie F., Mansfeld-Südharz: Ich habe gehört, dass jemand, der eine Pflegestufe hat, monatlich noch 104 Euro zusätzlich erhalten kann?
Antwort: Seit 2015 haben alle Versicherten, die eine Pflegestufe haben, Anspruch auf sogenannte Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 104 Euro pro Monat. Bei erhöhtem Bedarf, darunter ist die Einschränkung der Alltagskompetenz wie beispielsweise bei Demenz zu verstehen, kann der Betrag 208 Euro im Monat betragen. Dieses Geld, also in der Regel die 104 Euro pro Monat, wird aber nicht automatisch in Euro und Cent an den Pflegenden ausgezahlt. Es kann nur in Höhe dieses Betrages für Leistungen eines zugelassenen Pflegedienstes oder eines Anbieters von niedrigschwellenden Angeboten für die Betreuung und Entlastung des Pflegenden in Anspruch genommen werden. Darunter zählen zum Beispiel anerkannte Betreuungsgruppen für Demenzkranke, Alltags- oder Pflegebegleiter. Sollte der monatliche Betrag in dem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft werden, kann man den nicht beanspruchten Betrag bis zum 30. Juni des nächsten Jahres mitnehmen und entsprechende Leistungen beanspruchen. Auch ist es möglich, den Monatsbetrag über mehrere Monate in einem Jahr zu sammeln und auf einen Schlag etwas kostenintensivere Leistungen zu erhalten. Sie können mit diesem Betrag auch die Leistungen der Kurzzeitpflege und der Tagespflege ergänzen.
Jana G., Naumburg: Der Antrag auf eine Pflegestufe wurde abgelehnt und wir haben Widerspruch eingelegt. Wie lange müssen wir auf eine Antwort warten?
Antwort: Für eine Entscheidung und die Erteilung eines Widerspruchsbescheides gilt eine Frist von drei Monaten. Das besagt Paragraf 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Haben Sie nach Ablauf noch nichts von der Pflegekasse gehört, sollten Sie zunächst noch einmal nachfragen und dann auf die Möglichkeit der Untätigkeitsklage beim Sozialgericht hinweisen.
Regina B., Mansfeld-Südharz: Bei uns läuft ein Widerspruchsverfahren zur Pflegestufe. Seit November bezahlen wir daher einen Pflegedienst aus eigener Tasche. Wie lange müssen wir noch auf eine Entscheidung warten? Bekommen wir das verauslagte Geld zurück?
Antwort: Das ist abhängig vom Ausgang des Widerspruchverfahrens. Sollte die Pflegestufe bewilligt werden, erhalten Sie die Leistungen des im Widerspruchsverfahren festgestelltem Zeitpunktes natürlich auch rückwirkend. Bei Ablehnung gehen Sie leer aus. Auf jeden Fall sollten Sie sich nach dem Stand des Widerspruchsverfahrens erkundigen. Für eine Entscheidung bei einem Widerspruch hat die Pflegekasse drei Monate Zeit. Danach steht Ihnen der Weg einer Untätigkeitsklage offen.
Lore K., Bitterfeld-Wolfen: Mein Antrag auf Pflegestufe wurde abgelehnt, ebenso mein Widerspruch. Was kann ich noch unternehmen?
Antwort: Da Ihr Widerspruch abgelehnt wurde, haben Sie nur noch die Möglichkeit der kostenfreien Klage vor dem zuständigen Sozialgericht. Wichtig ist, dass diese fristgerecht erfolgt. In der Regel innerhalb von einem Monat ab Zustellung des abgelehnten Widerspruchbescheids. Wichtig: Sie haben das Recht, sich die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zuschicken zu lassen. Machen Sie davon Gebrauch, denn anhand der Gutachten, die Ihnen als Argumentationsgrundlage dienen, können Sie nachvollziehen, was aus Ihrer Sicht bei der Begutachtung falsch bewertet wurde.
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