Operation Bandscheibe Operation Bandscheibe: Erfolg hängt von der richtigen Diagnose ab

München/dpa. - Eine falsche Bewegung, und der Schmerz ziehtwie ein Blitz ins Kreuz. Häufig sind Probleme mit der Bandscheibe fürdiese Schmerzen verantwortlich. Ein Bandscheibenvorfall drückt aufdie Nervenstränge in der Wirbelsäule, oder die Bandscheiben sind mitdem Alter nicht mehr in der Lage, ihre eigentliche Aufgabe als Pufferzwischen den Wirbeln zu erfüllen. Die Segmente der Wirbelsäule reibenquasi aufeinander. In beiden Fällen können Operationen helfen.
«Jährlich werden rund 800 000 neue Bandscheibenvorfälle inDeutschland diagnostiziert», sagt Privatdozent Michael Mayer inMünchen, Präsident der European Spine Society. Ein echterBandscheibenvorfall lasse sich eindeutig nachweisen. So sorgenklinischer Befund, Kernspin-Untersuchungen, Computertomographie undRöntgen-Bilder für eine eindeutige Indikation, erklärt Prof. ClausCarstens in Heidelberg, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft fürWirbelsäulenforschung.
Von einem Bandscheibenvorfall spricht man, wenn der gallertartigeKern der Bandscheibe aus einer porösen oder verletzten Bandscheibeaustritt und auf die Nervenwurzeln im Kanal der Wirbelsäule drückt.Das kann zu starken Schmerzen, aber auch zu Lähmungen in den Beinenoder von Darm und Blase führen. Bei solchen starken Ausfällen mussder Bandscheibenvorfall so schnell wie möglich operativ entferntwerden, sind sich die Experten einig.
Auch wenn konservative Methoden wie Schmerz- und Bewegungstherapienach einigen Wochen nicht ansprechen, raten die Experten zurOperation. Bei der konservativen Therapie werden zum BeispielSpritzen mit Betäubungsmitteln, pflanzlichen Wirkstoffen oderKortison gegeben. Auch Krankengymnastik oder Elektrotherapie, bei derdie Patienten in einem Bad mit leichten Stromstößen behandelt werden,sollen die Schmerzen lindern.
«Eine Operation dient zur Verkürzung des Krankheitsverlaufs», sagtProf. Fritz-Uwe Niethard, Klinikdirektor der orthopädischen Klinik amUniklinikum Aachen. Studien zufolge seien die Ergebnisse vonoperierten und konservativen Bandscheibenvorfällen nach fünf Jahrenzwar die gleichen. «Allerdings müssen die konservativ behandeltenPatienten längere Zeit Schmerzen aushalten.»
Bei einer Bandscheiben-OP können die Ärzte mikrochirurgisch oderminimalinvasiv vorgehen. Beim mikrochirurgischen Eingriff wird derBandscheibenvorfall durch den Wirbelkanal hindurch entfernt, beimminimalinvasiven Eingriff wird mit einem Endoskop gearbeitet. «Dashängt von Ort und Größe des Bandscheibenvorfalls ab», erklärt Mayer.Der Schnitt beim endoskopischen Verfahren sei zwar kleiner,allerdings sei die Gefahr, dass der Eingriff wiederholt werden muss,drei bis acht Mal so hoch wie beim mikrochirurgischen Verfahren.
«Der endoskopische Eingriff ist außerdem technisch limitiert. Eskommt vor, dass der Bandscheibenvorfall nicht vollständig entferntwird», sagt Mayer. Der Orthopäde Reinhard Schneiderhan von derWirbelsäulenliga in München rät zu interdisziplinären Diagnosen vonNeurologen, Orthopäden und Radiologen: «Es gibt bei demselbenKrankheitsbild viele Meinungen.»
Nur bei der richtigen Indikation liegt die Erfolgsquote vonBandscheiben-Operationen bei 80 bis 90 Prozent, sagt Carstens. Wennder Bandscheibenvorfall allerdings vollständig entfernt werden kann,sind die Patienten nach der Operation schmerzfrei. Das Risiko einerQuerschnittslähmung nach einer Operation an der empfindlichenWirbelsäule schätzt Carstens gering ein. «Ich habe noch nie erlebt,dass jemand danach im Rollstuhl saß.» Allerdings könnten durch denBandscheibenvorfall beschädigte Nervenwurzeln zu Gefühlsstörungen undleichteren Lähmungen zum Beispiel in den Beinen führen.
Nicht alle Probleme mit der Bandscheibe sind auf einenBandscheibenvorfall zurückzuführen. «Bis zum 40. oder 50. Lebensjahrist die häufigste Diagnose bei Bandscheibenbeschwerden derBandscheibenvorfall», sagt Carstens. Ältere Menschen leiden häufigeran Verschleißerscheinungen mit ähnlichen Symptomen. «Die Bandscheibenverlieren im Laufe eines Lebens an Wasser», erklärt Carstens. Weilder Puffer fehlt, wird das Wirbelgelenk schmerzhaft belastet. Wie beieiner Arthrose reiben die Knochen der Wirbelsäule aufeinander.
«Die Menschen leiden unter der "Schaufensterkrankheit"», erklärtCarstens. Patienten laufen häufig vorne übergebeugt und müssen oftstehen bleiben, weil ihnen die Bewegung Schmerzen bereitet. Führt dieDegeneration der Bandscheiben zu einer Instabilität der Wirbelsäule,hilft eine Versteifung mehrerer Gelenke oder eine künstliche Prothese.
Bei der Fusion oder Versteifung werden mehrere Wirbel mit einerArt Klammer zusammengefasst, damit die Wirbelsäule trotz beschädigterBandscheibe wieder ihre Stabilität erhält. Durch eine künstlicheBandscheibe wird die Mobilität der Wirbelsäule erhalten. Allerdingskönnen nicht alle Patienten eine künstliche Bandscheibe implantiertbekommen. Hat ein Betroffener zum Beispiel Osteoporose, ist dieseBehandlungsmethode ausgeschlossen, sagt Schneiderhan.
Im Vergleich zur Fusion haben die Prothesen den Vorteil, dass dieBehandelten sogar wieder Sport treiben können, sagt Mayer. «Das istnach einer Versteifung nicht möglich.» Allerdings liegen bei dieserneueren Behandlungsmethode noch keine langfristigen Ergebnisse vor.Jede Prothese berge ein gewisses Risiko, sagt Carstens. Ob gerade beiälteren Menschen ein solcher Eingriff notwendig ist, hängt seinerAnsicht nach vom Leidensdruck der Patienten ab. «Menschen, die auchim Alter noch aktiv sein wollen, kann mit solchen Operationen abergeholfen werden.»