Nur noch Vorräte für zwei Wochen Nur noch Vorräte für zwei Wochen: Narkosemittel für ambulante Operationen werden knapp

Die Situation klingt dramatisch: Ärzten in Deutschland geht laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ das wichtigste Narkosemittel für ambulante Operationen aus. Eingriffe sollen in einigen Operationszentren nur noch zwei Wochen möglich sein, zitiert die Zeitung einen Arzt. Anschließend gebe es keine Reserven mehr.
Betroffen sind laut dem Bericht die rund 3500 niedergelassenen Anästhesisten und die Abteilungen in Krankenhäusern, die ambulante Operationen durchführen. Dabei geht es nicht um Operationen in Krankenhäusern, bei denen die Patienten stationär aufgenommen werden, also über Nacht bleiben. In diesen Fällen werden andere Mittel eingesetzt.
Narkosemittel-Engpass - Problem bei Operationen an Kindern
Der Grund sei ein Lieferengpass, der alle sechs Hersteller des Mittels betreffe. Die Ursachen für den Engpass sind bislang nicht klar. Über Verunreinigungen bei Grundstoffherstellern werde ebenso spekuliert wie darüber, dass die Produkte aus wirtschaftlichen Gründen in andere Märkte geliefert würden.
Ein Ersatzmittel, das die gleiche Verträglichkeit aufweise, gebe es derzeit nicht. Der Engpass kann insbesondere bei Eingriffen an Kindern zum Problem werden. Denn sie sind noch stärker als erwachsene Patienten auf das betreffende Narkosemittel angewiesen, da es schnell und gezielt wirkt und sich der Abbau der Substanz nach der Operation genau einstellen lässt.
Das Pharmaunternehmen Glaxo Smith Kline vertreibt das Narkosemittel unter dem Namen Ultiva mit einem Marktanteil von 80 Prozent, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Fünf weitere Hersteller vertreiben den Wirkstoff mit Namen Remifentanil ebenfalls. Ende Februar habe Glaxo Smith Kline dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet, es gebe einen Lieferengpass. Nun heißt es aus dem Unternehmen, die Probleme seien behoben.
"Versorgung aller Patienten sicherstellen"
Dennoch scheint die Lage ernst zu sein. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte steht der Fall an diesem Donnerstag als erster Punkt auf der Tagesordnung. „Ziel ist es, möglichst schnell die Versorgung aller Patienten sicherzustellen“, sagte BfArM-Sprecher Maik Pommer.
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) fordert, „dass in Deutschland eine Basisversorgung mit essenziellen Medikamenten sichergestellt ist“. Laut Götz Geldner, Präsident des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, fällt Remifentanil für ambulante OP-Zentren eindeutig in diese Kategorie. Von Kollegen in der Schweiz wisse er, dass es dort keine Probleme gebe - dort würden höhere Preise gezahlt. „Wir wundern uns.“
Allem Ärger zum Trotz: „Patienten müssen sich keine Sorgen machen“, sagt Geldner. Weder müssten Operationen abgesagt werden noch würden Patienten Schaden nehmen. Durch die Umstellung auf andere Narkosemittel müsse man aber Abläufe ändern, etwa die Nachbeobachtung nach dem Aufwachen verlängern. „Das ist, wie wenn Sie gewohnt sind, einen Brief mit dem Computer zu schreiben. Wenn der kaputt ist, müssen Sie eben wieder die Schreibmaschine nehmen.“ (ef mit dpa)