Nicht nur an Halloween Nicht nur an Halloween: Warum klappern wir bei Angst mit den Zähnen?

Wenn wir uns wirklich vor etwas fürchten, passiert es plötzlich wie von selbst: Wir beginnen mit den Zähnen zu klappern. Aber warum ist das eigentlich so? Zahnarzt Dr. Jochen H. Schmidt vom Carree Dental in Köln verrät spannende und kuriose Fakten rund um das Thema Zähne.
Schon Gletschermann Ötzi hatte schlechte Zähne
Karies und Parodontitis können unseren Schneide-, Eck- und Backenzähnen rund um die Uhr das Leben schwer machen. Und das nicht erst im Zeitalter von Fast Food, Gummibärchen und Limonaden: Forscher fanden heraus, dass Gletschermann Ötzi schon vor 5000 Jahren unter Zahnerkrankungen litt. Untersuchungen zeigten, dass er nicht nur „schlechte“ Zähne hatte, sondern seine Frontzähne darüber hinaus vermutlich durch einen Unfall abgestorben waren.
Schutzfunktion bei Kälte und Gefahr
Droht Gefahr, so reagieren wir oft mit Zähneklappern. Eine automatische Schutzfunktion unseres Körpers. Sobald Angst in uns aufsteigt, wird das vegetative Nervensystem in Alarmbereitschaft versetzt. Die Muskeln spannen so heftig an, dass sie zu zittern beginnen. Der gleiche Mechanismus setzt bei Kälte ein: „Frieren wir, so versucht sich der Körper aufzuwärmen, indem wir die Muskeln stark anspannen“, so Schmidt. „Werden dabei die Kiefermuskeln aktiviert, so schlagen die oberen und unteren Zähne aufeinander und wir klappern hörbar mit den Zähnen.“
Zähneputzen nichts für Männer?
Nicht nur in früher Steinzeit war Zahnpflege ein Fremdwort. Bis in die Neuzeit wurden Zahnerkrankungen und –schmerzen nicht als Folge mangelhafter Zahnhygiene gewertet, sondern als von Gott gegeben hin genommen.
Die Bedeutung des Zähneputzens war weithin unbekannt. Selbst im 18. Jahrhundert galt Zahnhygiene noch als unschicklich für den Mann. Erst ein Jahrhundert später etablierte sich das Zähneputzen in der Gesellschaft. Heute putzen 2/3 der Deutschen nach eigenen Angaben zweimal täglich ihre Zähne.
Zahnschmelz ist härter als Knochen
Unser Zahnschmelz ist eine echte Wunderwaffe: Die wenige Millimeter dünne Schicht der Zahnkrone ist sogar härter und langlebiger als Knochen, wie Archäologen wissen: Nicht selten finden sie Zahnfragmente von Menschen, deren Skelette schon seit Ewigkeiten zerfallen sind.
Das Geheimnis der Widerstandsfähigkeit unseres Zahnschmelzes liegt in den winzigen, miteinander verflochtenen Kristallfasern auf der Oberfläche, fanden Materialforscher jetzt heraus. Sie machen den Zahn widerstandsfähig und schadensresistent. Damit dies möglichst lange so bleibt, raten Zahnärzte zu fluoridhaltigen Zahncremes. Denn: „Diese Mineralsalze schützen den Zahnschmelz vor Säuren und Bakterien und beugen somit Karies vor“, betont Dr. Schmidt.
Lieber auf Elektromotor setzen
Auch beim Zähneputzen ist „Kopfarbeit“ gefragt: Während bei der Handzahnbürste das Putztempo eher beschaulich ist, drehen elektrische Zahnbürsten dank Elektromotors im Bürstenkopf voll auf. So erreichen Schallzahnbürsten mit Leichtigkeit 30.000 Umdrehungen pro Minute. Diese Kraft bleibt natürlich nicht ohne Wirkung: „Untersuchungen bestätigen, dass man mit der Elektrobürste im Vergleich zur Handzahnbürste bei gleicher Putzzeit mehr Plaque, Zahnbelag und Bakterien, entfernen kann“, so Zahnmediziner Stephan Pratsch vom Carree Dental.
Nicht nach dem Essen putzen
Was viele nicht wissen: Niemals Zähneputzen direkt nach dem Essen. „Vor allem nach dem Verzehr säurehaltiger Lebensmittel wie Obst und Limonaden besser 30 Minuten warten“, rät der Prophylaxe-Spezialist. „Dann hat der Speichel den Zahnschmelz wieder mit einer Schutzschicht überzogen und dieser wird beim Putzen nicht angegriffen.“
Was kranke Zähne alles anrichten können
Mangelnde Zahnpflege verursacht nicht nur unangenehmen Atem und schlechte Zähne: „Über die Entzündungsherde im Zahnfleisch können Keime in die Blutbahn gelangen und so schlimmstenfalls Gefäßverkalkungen und Herzinfarkte verursachen“, so Pratsch. „Zudem ist es möglich, dass sich Bakterien-Ansammlungen auf der Zahnoberfläche negativ auf den Zuckerstoffwechsel auswirken.“
Selbst hinter Rückenschmerzen steckt in vielen Fällen kein Defekt der Wirbelsäule, sondern ein Zahnproblem: „Schon der Verlust eines einzigen Zahns oder eine Fehlstellung der Zähne können weit reichende Folgen für die gesamte Körperstatik und den menschlichen Organismus haben“, so der Experte. „Schließlich ist der Kiefer über Muskeln und Nerven mit der Wirbelsäule verbunden.“ Möglich sind Kopf-, Zahn-, Nacken-, Ohren- oder Gelenkschmerzen, aber auch Schwindel, Tinitus oder Blockierungen der Halswirbelsäule. Mediziner sprechen in diesen Fällen von einer Cranio-Mandibulären-Dysfunktion (CMD).
(jto)
