Neue Studien Neue Studien: Alte Väter sind ein Risiko fürs Kind
Paare entscheiden sich heute immer später dafür, Eltern zu werden. Sinkt die Zahl der Geburten bei den unter 30-jährigen Frauen, steigt sie bei den über 40-jährigen an. Und auch die Väter werden immer älter. Mittlerweile haben fünf Prozent der Kinder bei ihrer Geburt einen Papa, der die Fünfzig bereits überschritten hat. Dem Phänomen „späte Eltern“ widmet der Spiegel aktuell seine Titelgeschichte und zählt Vorteile auf, das Thema Kinder ruhig herauszuschieben. Späte Eltern seien gelassener, gefestigt im Beruf und in der Partnerschaft, das vermittelten sie auch ihren Kindern, heißt es.
Zu anderen Ergebnissen kommen aktuelle Untersuchungen, die das Alter des Vaters und eventuelle Auswirkungen auf den Nachwuchs untersuchen. Sind der Fruchtbarkeit der Frau mit den Wechseljahren Grenzen gesetzt, kann ein Mann auch mit sechzig oder mehr Jahren Vater werden – überhaupt kein Problem, dachte man lange. Doch die neuen Studien zeigen, ältere Väter können durchaus ein Risiko für das Kind darstellen. Denn die Keimzellen der Väter werden mit zunehmendem Alter nicht besser, erläutert Prof. Thomas Haaf, Humangenetiker von der Universität Würzburg.
Ab 45 Jahren Veränderungen am Erbgut
Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei Männern ab 45 Jahren Veränderungen am Erbgut daran schuld sind. Sie entsprechen noch keiner echten Mutation des Genmaterials, verändern aber die Aktivität einzelner Gene. Werden sie mit einem Spermium an ein Kind weitergegeben, beeinflussen sie möglicherweise die Entwicklung des Embryos und legen Grundlagen für spätere Krankheiten.
Veränderungen am Erbgut passieren im Lauf des Lebens rein zufällig, können aber auch durch Umwelteinflüsse entstehen. Im Verdacht haben die Forscher unter anderem Tabakrauch, Chemikalien sowie Krankheiten wie Diabetes und starkes Übergewicht.
Keine Garantie für ein gesundes Kind
Derzeit untersucht Haaf mit seinem Team 1200 Spermaproben von unterschiedlich alten Männern. So wollen die Wissenschaftler eindeutig klären, welche genetischen Veränderungen in Spermien überhaupt vorkommen und ob diese auf die nächste Generation übertragen werden können.
Bei keiner Schwangerschaft gebe es allerdings eine Garantie für ein gesundes Kind - auch nicht bei jungen Eltern. Ein höheres Alter von Vater oder Mutter sei kein Grund, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Allerdings sollten Eltern über mögliche medizinische Probleme Bescheid wissen. Während über die Gesundheitsrisiken, die ältere Mütter mitbringen, schon seit einigen Jahren geforscht wird, ist der späte Vater erst seit kurzem in den Fokus der Wissenschaft gerückt.
Gravierend höheres Risiko für ADHS
Für Aufsehen sorgte eine Studie, die Brian D’Onofrio von der Indiana University Ende Februar gemeinsam mit Kollegen aus Stockholm veröffentlicht hat. Sie zeigt, dass Kinder älterer Väter ein zum Teil gravierend höheres Risiko für ADHS, Autismus und andere psychische Krankheiten haben.
Für die Untersuchung wertete das Forscherteam die Daten aller Schweden aus, die zwischen 1973 und 2001 geboren wurden. Unter anderem verglichen die Forscher Geschwisterkinder mit dem gleichen Vater.
Ergebnis: Kinder, deren Väter bei der Geburt mindestens 45 Jahre alt waren, erkrankten im Vergleich zu Kindern mit höchstens 24 Jahre alten Vätern mit größerer Wahrscheinlichkeit an Autismus (3,5-faches Risiko). Die Wahrscheinlichkeit dieser Kinder, an ADHS zu erkranken, stieg auf ein 13-faches Risiko, die einer bipolaren Störung sogar auf ein 25-faches Risiko. Hinzu kommt, die Kinder der älteren Väter zeigten auch schlechtere schulische Leistungen.
Wahrscheinlichkeit steigt mit dem Alter
Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Störung steige stetig mit dem Alter des Vaters, es gebe kein bestimmtes Alter, ab dem das Zeugen eines Kindes plötzlich problematisch werde, heißt es in der Untersuchung.
„Die Ergebnisse haben uns geschockt“, sagte Autor D‘Onofrio, Psychologie-Professor an der Indiana University. Warum ADHS, Autismus und weitere psychische Störungen bei Kindern alter Väter so viel häufiger vorkommen, dazu haben die Wissenschaftler eine Arbeitshypothese entwickelt. Wie Humangenetiker Haaf gehen auch sie davon aus, dass die Veränderungen des Spermas die Ursache sind.
Anders als bei der Frau, bei der alle Eier seit der Geburt angelegt sind, produzieren Männer im Laufe des Lebens immer wieder neue Samenflüssigkeit. Jedes Mal, wenn das Sperma reproduziert wird, besteht die Möglichkeit, dass sich die DNA verändert. Dazu tragen zum Beispiel Umweltgifte bei, denen ältere Männer vergleichsweise länger ausgesetzt sind.
Zwar würden die Ergebnisse nicht bedeuten, dass jedes Kind eines älteren Vaters psychische Probleme bekommen wird, beteuert D‘Onofrio. Dennoch zeigten sie, dass mit dem zunehmenden Alter des Vaters ein steigendes Risiko für ernsthafte Probleme einhergehen kann. (ef/dpa)