Am 2. Mai ist Weltlachtag Lachtelefon, Lachyoga und Online-Lachkurse: Wie Humor durch die Krise helfen kann
Hanau/Berlin - Tief einatmen und beim Ausatmen ein langsames „Ha, Ha, Ha“ versuchen - schon bei der ersten Übung am „Lachtelefon“ fällt es schwer, ein Kichern zu unterdrücken. Was auch am ansteckenden Lachen des Gegenübers liegt. Den Hörer abgenommen hat in dem Fall die Hanauer Therapeutin Sandra Mandl, die zum insgesamt 40-köpfigen Team gehört, das hinter dem vor rund einem Jahr gegründeten Angebot steht. Es richtet sich an alle, die eine rasche Stimmungsaufhellung brauchen. Am anderen Ende der Telefonleitung melden sich Ehrenamtliche, die Ausbilder in sogenanntem Lachyoga sind, das unter anderem Entspannungs-, Atem- und Lockerungsübungen beinhaltet.
Unter der täglich zwölf Stunden erreichbaren Lach-Telefonnummer riefen von Kindern bis hochbetagten Senioren alle Altersgruppen an, sagt Mandl im Vorfeld des Weltlachtages am 2. Mai. Die Idee sei schon vor Corona entstanden, zunächst allerdings nur für einen bestimmten Kreis gedacht gewesen. Wegen der Pandemie sei ein öffentliches Angebot daraus geworden. „Wir hatten vor allem Ältere im Blick, weil wir vermutet haben, dass Online-Angebote für sie nicht so leicht erreichbar sind“, sagt die 35-Jährige. Aber auch Schüler im Home-Schooling meldeten sich und seien froh, wenn jemand mit ihnen lacht. Manche Anrufer legten auf, andere könnten nicht lachen. „Mit denen üben wir“, sagt Mandl.
Nein, es werden keine Witze erzählt
Online-Lachkurse gibt es in der Pandemie zuhauf, auch Mandl lädt dazu ein, wie zahlreiche Anbieterinnen und Anbieter bundesweit. Das Lachen soll dabei nicht auf Kosten anderer gehen, sondern grundlos erfolgen - man lacht einfach los, ob einem danach ist oder nicht. Das sei so ansteckend, dass es in echtes Lachen übergehe, lautet eine Annahme beim Lachyoga. Witze werden nicht erzählt, auch nicht am Lachtelefon. Anstelle dessen gehe es um Verbindung, Heiterkeit und Leichtigkeit, sagt Mandl. Bis zu drei Minuten pro Anrufer sind eingeplant. Mindestens 20, aber manchmal auch 200 Anrufer meldeten sich täglich, viele auch häufiger.
Kann das angesichts von Einsamkeit, Überforderung oder Angst um den Arbeitsplatz in der Corona-Krise überhaupt etwas ausrichten? Kurzfristig ja, ebenso wie das Zusammensein mit gut gelaunten Menschen, das zwangsläufig ansteckend wirke, sagt der Berliner Psychotherapeut und Buchautor zum Thema Humor, Wolfgang Krüger. Lachen und Humor seien gerade jetzt in der Pandemie wichtig.
„Wir brauchen den Humor besonders dann, wenn wir nicht in der Lage sind, Dinge zu ändern“, sagt der Psychologe. Bei schweren Erkrankungen, schmerzhaften Trennungen, Unglücken oder Börsencrashs könne Humor helfen, Ohnmacht zu überwinden und ein Gefühl innerer Freiheit zu schenken. Sogar in der Sterbebegleitung habe er seinen Platz. „Humor ist eine Lebenseinstellung, nämlich, dass ich einen gewissen Abstand habe zu den Dingen, die mich ärgern könnten“, sagt Krüger. Dazu gehörten Hoffnung und Zuversicht, Aufgaben bewältigen zu können. Andernfalls bestehe die Gefahr, sich als Opfer und ausgeliefert zu fühlen und selbstmitleidig zu werden.
Eine von drei Möglichkeiten, auf die Krise zu blicken
Angesichts der andauernden Krise blieben drei Möglichkeiten: Resignation, Aggression - wie sie in der Corona-Debatte häufiger auftrete - oder eine andere Sicht auf die Dinge mit Hilfe von Humor. Dass die dritte Möglichkeit gelebt werde, zeige die Fülle von Karikaturen und Corona-Witzen, die in Umlauf seien, sagt Krüger. So könnten Menschen, die sich schon immer gern auf der Couch aufhielten, nun sagen: „Bisher habe ich immer rumgesessen, jetzt rette ich Leben!“.
Wem zur Zeit nicht mal ein mildes Lächeln gelingen will, für den hat Krüger die tröstende Botschaft, dass sich Humor lernen lässt. Der Psychotherapeut rät, jeden Tag aufzuschreiben, was man gut gemacht hat. Nach 100 Tagen werde man merken, dass sich die eigene Selbstbewertung verbessert habe. Dieses Plus an Selbstbewusstsein solle man nutzen, Dinge zu erledigen, die man schon lange aufgeschoben hat - die Steuererklärung oder das Schreiben eines Buches. So erlebe man, wie sich das Leben zusehends aktiver angehen lasse und gewinne schließlich den Abstand von ärgerlichen und verunsichernden Dingen, der Humor möglich macht. (dpa)