Kleinwüchsigkeit Kleinwüchsigkeit: Wachsen mit Hilfe von Hormonen
Mainz/dpa. - Vor Jahrzehnten als Jahrmarktattraktion begafft, heutzutage in Filmen wie «Austin Powers» bestaunt. Allein in Deutschland gibt es nach Angaben des Geschäftsführers des Bundesverbandes Kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien (BKMF), Karl-Heinz Klingebiel, 100 000 Kleinwüchsige. Sie werden nur zwischen 80 und 150 Zentimeter groß.
Chancen auf mehr Wachstum kann nach Darstellung der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft «Forum Wachsen» in einigen Fällen eine Hormontherapie bieten. Der Zusammenschluss der deutschen Wachstumshormonhersteller - darunter auch die Mainzer Novo Nordisk Pharma GmbH - setzt dabei auf frühe Diagnose. Eines der größten Probleme sei, dass sowohl Eltern als auch Kinderärzte Kleinwuchs häufig zu spät erkennen, schilderte der Sprecher des Forums, Hannes Schmeil. Die Hersteller-Initiative aus Ferring Arzneimittel, Lilly Deutschland, Novo Nordisk Pharma, Pharmacia und Serono wolle deshalb Gesundheitsaufklärung «weg von der Produktwerbung» betreiben.
Auch der Bundesverband Kleinwüchsiger sieht für einen Teil der Betroffenen Chancen: «Mit einer solchen Wachstumshormontherapie können kleinwüchsige Kinder in ihre genetisch bedingte Größe hineinwachsen», erläutert Klingebiel. Das bedeute, dass Kinder so groß würden, wie die Erbanlagen ihrer Eltern es vorgeben. Von 450 verschiedenen Arten des Kleinwuchses sind etwa 150 Arten durch einen Wachstumshormonmangel bedingt», gibt der Geschäftsführer an. Damit bestünde nach seinen Schätzungen bei etwa zehn Prozent der 100 000 Kleinwüchsigen in Deutschland die Möglichkeit der Hormontherapie. Die Krankenkassen übernähmen die Kosten je nach Diagnose - etwa bei einem Hormonmangel und bei der Chromosomenstörung Ulrich-Turner-Syndrom.
Menschen mit einem Wachstumshormonmangel produzieren laut Prof. Michael Ranke von der Tübinger Universitätsklinik das körpereigene Wachstumshormon Somatotropin gar nicht oder nur unzureichend. Der Mangel könne durch eine so genannte Hormonersatztherapie ausgeglichen werden. Erste Studien mit biosynthetischen Präparaten des Hormons gab es nach seinen Angaben bereits in den frühen 80er Jahren - bis es schließlich 1987 auf dem deutschen Markt zugelassen wurde.
Klingebiel zufolge ist dabei wichtig, möglichst früh mit einer Hormonbehandlung zu beginnen. «Im Kindergarten sollte Eltern auffallen, ob das eigene Kind deutlich kleiner ist als die anderen.» Jedoch werde meist zunächst von einer so genannten konstitutionellen Entwicklungsstörung ausgegangen, bei der die Kinder später noch wüchsen. Wichtig zur Klärung sei, dass die Kinder zum Spezialisten, einem pädiatrischen Endokrinologen, überwiesen würden.
Die Kooperation des Bundesverbandes BKMF mit der Info-Kampagne der Arbeitsgemeinschaft «Forum Wachsen» sieht Klingebiel als einen offenen und ehrlichen Austausch. Auch in der Arbeitsgemeinschaft ist laut Schmeil das Vertrauen zwischen den Unternehmen gewachsen. Klar sei: die Zusammenarbeit ende, sobald die Ebene des Wettbewerbs beginne - wenn also ein pädiatrischer Endokrinologe sich um ein kleinwüchsiges Kind kümmere und ein Medikament verschreiben müsse. Da stünden die Hersteller dann wieder für eigene Unternehmensinteressen.