Kinderkrankheiten Kinderkrankheiten: Windpocken sind ansteckend und sehr unangenehm

Greifswald/dpa. - Wenn die Haut am ganzen Körper des Kindesplötzlich mit roten, unerträglich juckenden Pusteln gepunktet ist,dann sollten bei den Eltern alle Alarmglocken schrillen: Windpockenzählen zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten überhaupt. NachSchätzungen des Robert-Koch-Institutes infizieren sich inDeutschland jährlich 750 000 Menschen mit Windpocken-Viren, auchVaricella Zoster genannt.
Eine der Tücken von Windpocken ist, dass es kaum Warnzeichengibt. «Während der Inkubationszeit treten zunächst nur unspezifischeSymptome wie leichtes Unwohlsein oder leichtes Fieber auf», erklärtRoswitha Bruns von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin derUniversität Greifswald. Sie ist Vorsitzende der DeutschenGesellschaft für pädiatrische Infektiologie.
Ist das typische klinische Krankheitsbild einmal erkennbar, gehtalles ganz schnell: «Es bilden sich zunächst rote Flecken, welchedann zu Papeln und schließlich zu mit Flüssigkeit gefüllten Bläschenwerden, bevor sie zuletzt eintrocknen», fasst Bruns zusammen.Betroffen sind Rumpf, Kopfhaut, Gesicht, Arme und Beine. Selbst derGenitalbereich und die Mundschleimhaut bleiben oft nicht verschont.Nur an Händen und Füßen bilden sich typischerweise keine Ekzeme.
Die Krankheit verläuft in mehreren Schüben. Dabei treten alleAusprägungen der Hautveränderungen gleichzeitig auf. «Deshalbspricht man auch von einem 'Sternenkartenbild'», erläutert UlrichFegeler, Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte inKöln. «Nach drei bis fünf Tagen hat sich das Vollbild ausgeprägt.Dann sollte auch nichts Neues mehr passieren.»
Eine Therapie gegen Windpocken gibt es nicht. Die Patientenkönnen nur geduldig abwarten, bis die körpereigene Abwehr dieVarizellen besiegt hat. Dabei sollten sie allerdings weitestgehendisoliert werden, denn Windpocken sind hochansteckend: «Die Virenwerden durch die Luft übertragen. Es reicht, wenn man mit einemPatienten eine Stunde in einem Raum ist. Auch Hygienemaßnahmenschützen also nicht», warnt Bruns. Bereits ein bis zwei Tage vorAusbruch des Ausschlages können Viren übertragen werden. «Wenn fünfTage keine neuen Flecken aufgetreten sind, ist die Ansteckungsgefahrvorüber», sagt Fegeler.
Die meisten Beschwerden verursacht oft der Juckreiz auf der Haut.«Man kann versuchen, ihn mit Medikamenten zu lindern», sagt Fegeler.Auch Zinkschüttelmixturen oder ein Sitzbad in kühlem Wasser mitKalium-Permanganat seien einen Versuch wert. Dennoch sind geradeKinder oft kaum vom Kratzen abzuhalten. Sind aber die nässendenBläschen geplatzt, können dort leicht Bakterien eindringen.Entzündungen oder Abszesse sind die Folgen. Sie hinterlassenunschöne Narben. «Unter diesem Gesichtspunkt macht Händedesinfektionund -waschen tatsächlich Sinn: Damit lassen sich Sekundärinfektionenvermeiden, die beim Kratzen auf die Haut gebracht werden könnten»,erklärt Bruns.
In den meisten Fällen - vor allem in Kindesalter - verlaufenWindpocken harmlos. «Im Verlauf der Krankheit können vor allem beiimmungeschwächten Patienten, aber auch bei sonst Gesunden sehrunterschiedliche Komplikationen auftreten», sagt sie. Dazu gehörenunter anderem Kleinhirn- oder Gehirnentzündung, Gefäßwandentzündungder Hirngefäße oder auch bakterielle Infektionen wie Wundscharlach.
Solche Komplikationen lassen sich nur vermeiden, wenn eineAusbreitung der Krankheit unterbunden wird. «Die StändigeImpfkommission empfiehlt die Impfung gegen Varizellen ausdrücklichfür Kinder: Zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat sollte die ersteImpfung vorgenommen werden, im zweiten Lebensjahr die zweite»,erklärt Anette Siedler von der Abteilung Impfprävention amRobert-Koch-Institut in Berlin. «Daneben sollten sich alleungeimpften 9- bis 17-jährigen Personen nachimpfen lassen.» Auchwenn es keine exakte Statistik gibt, der Trend aus den Rückmeldungenvon Ärzten ist eindeutig: «Seit Einführung der Impfempfehlung sinddie Patientenzahlen rückläufig», erklärt Siedler.
Den Windpocken-Impfstoff gibt es sowohl als einzelnen Impfstoffwie auch als Masern-Mumps-Röteln-Varizellen-Kombinationsimpfstoff(MMRV). Er gilt allgemein als gut verträglich. Allerdings sagtSiedler auch, dass bei der Impfung Nebenwirkungen möglich sind. Daskönnen Lokalreaktionen, eine leichte Form von Windpocken und inseltenen Fällen auch Reaktionen des gesamten Organismus sein.
Hinweis: Windpocken und Schwangerschaft
Varizellen können für Schwangere, die noch keine Windpockenhatten, gefährlich sein: Wenn sie sich vor der 24. Woche infizieren,kann das zu einer Fehlgeburt oder zu schweren Schäden beim Embryoführen. Erkrankt die Frau kurz vor oder nach der Entbindung, kannsie die Krankheit auf das Neugeborene übertragen. Da dessenImmunsystem zu diesem Zeitpunkt nur unzureichend ausgebildet ist,verlaufen die Windpocken in diesem Alter besonders schwer - manchmalsogar tödlich.