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Heilgymnastik Heilgymnastik: Meditation in Bewegung

Von Miriam Tang 04.02.2004, 18:26

Hamburg/Düsseldorf/dpa. - «Werde stark wie ein Bär, flink wie ein Hirsch, wendig wie ein Affe und anmutig wie ein Kranich»: Diese Versprechen macht Tai Chi Quan. Tai-Chi-Lehrer sprechen von «Meditation in Bewegung». Die Heilgymnastik mit ihren fließenden Bewegungen Alltagsbeschwerden und Krankheiten lindern sowie zu einer grundsätzlich entspannten Haltung im Alltag verhelfen.

Tai Chi gehört seit Jahrhunderten zur chinesischen Kultur. Auch heute noch treffen sich viele Menschen im Reich der Mitte früh am Morgen, um mit langsamen Bewegungen den Tag zu beginnen. Fast im Zeitlupentempo werden die Übungen ausgeführt. «Hier geht es nicht um Muskeln, sondern um Energie», sagt Tai-Chi-Quan-Meister Detlef Klossow vom Wushu-Institut in Düsseldorf. Nach fernöstlicher Vorstellung soll Tai Chi die Lebensenergie des Menschen, das so genannte Qi (sprich Tschi) «zum Fließen bringen» und Stauungen beheben. So soll nach chinesischer Vorstellung der Organismus mit sich und seiner Umgebung in Einklang kommen.

Auch die Schulmedizin hat laut Klossow Effekte des Tai Chi auf den Menschen dokumentiert. «Besonders typisch für Tai Chi ist die Entlastung der Pumpfunktion des Herzens durch rhythmische, gleichmäßige Druckveränderungen im Bauchbereich», erläutert der Diplom-Sportlehrer. Die gleichmäßige Atmung wirke beruhigend auf das Zentralnervensystem. «Die Muskulatur im Nacken und Lendenwirbelbereich, die bei Fehlhaltungen zu Verkürzungen neigt, wird sanft gedehnt und die tragende Struktur der Wirbelsäule wird besser genutzt», sagt Klossow.

Auch Krankenkassen erkennen die Heilgymnastik zunehmend an. Viele Kassen beteiligten sich finanziell an den Kursgebühren, sagt Christine Richter vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK BV) in Berlin. «Jeder sollte aber - egal, welcher Kurs gewählt wurde - immer vor Beginn bei seiner Kasse fragen, ob und in welcher Höhe Kurse bezuschusst werden.» Jede Krankenkasse lege solche Gesundheitsförderungsleistungen individuell in ihrer Satzung fest.

Während sich andere Entspannungstechniken wie Yoga vor allem auf die Heilwirkung und Meditation konzentrieren, bezieht Tai Chi als drittes Element die Kampfkunst mit ein. «Tai Chi ist eine "innere Kampfkunst", bei der nicht Muskelkraft und schnelle Reflexe die wichtigsten Fähigkeiten sind. Geist und Herz lenken innere Energie, die den Körper bewegt», sagt Klossow.

Durch Schulung des Körpers, der Sinne und der Entspannungsfähigkeit soll der Mensch auf Schwierigkeiten nicht mit Widerstand reagieren. Vielmehr solle er Konflikte anschauen und verstehen sowie dann sein Verhalten dementsprechend mühelos ausrichten und bewusst agieren. «Wenn wir spitzzüngig, hartnäckig und mit Ellenbogen durchs Leben gehen, verlieren wir das Fließen in unserem Leben», erläutert Klossow. Dies sei auf lange Sicht schädlich. «Doch wenn der Körper entspannt ist und sich fließend bewegt, dann kann auch das Qi fließen und der Heileffekt einsetzen.»

Da es keine festen Richtlinien oder eine staatliche Prüfungsstelle für eine fundierte Ausbildung gibt, ist es laut Tai-Chi-Lehrer Christoph Stumpe aus Erkrath nicht ganz einfach, einen guten Lehrer zu finden. Es gebe zwar zum Beispiel das Taijiquan und Qi Gong Netzwerk Deutschland in Hannover, dennoch verträten die dort organisierten Lehrer verschiedene Stile und Schulen. «Da hilft nur Ausprobieren», sagt Stumpe.

Jeder sollte kritisch in die ersten Stunden gehen und sich fragen, wie er sich mit dem Stil des Lehrers fühlt. «Stellen Sie Fragen und schauen Sie, ob der Lehrer ein fundiertes Wissen auch zu anderen Aspekten wie dem philosophischen Hintergrund des Tai Chi und der chinesischen Medizin hat», rät Stumpe.

Bei all den Vorzügen gebe es bei Tai Chi einen Haken, sagt Klossow: «Es ist nicht einfach zu erlernen». Die langsamen Bewegungsabläufe ließen sich nicht in ein paar Stunden oder an einem Wochenende verinnerlichen. Vielmehr dauere der Lernprozess etwa zwei Jahre - abhängig vom Lerneifer des Schülers. «Tai Chi verlangt beharrliches Üben», sagt Klossow. Täglich rund 15 Minuten könnten schnell erste Erfolge zeigen. Dabei solle aber auch hier wieder ein Grundsatz des Tai Chi gelten: «Ich gebe mir Mühe, aber ich erzwinge nichts.»

Informationen: Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland, Bleichenstraße 7, 30169 Hannover (Tel.: 0511/169 17 67, Fax 0511/235 85 36).

Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland: http://www.netzwerk.linc.de/