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Frauen Frauen: Babys Wohl und Mamas Bandscheibe

26.03.2003, 11:16

München/Birkenfeld/dpa. - Ein paar Wochen nach der Geburt ihres zweiten Kindes machte der Rücken der 35-jährigen Hausfrau aus Hamburg schlapp: Die Mutter erlitt einen Bandscheibenvorfall. «Die Belastung war einfach zu groß», sagt die junge Mutter. «Ich musste mich um die beiden Kinder kümmern und außerdem noch einen Umzug organisieren.» Zwischen den Stillzeiten habe sie Kisten gepackt und Möbel geschoben.

Auch wenn nach der Geburt keine Umzugskartons geschleppt werden müssen, leiden junge Mütter oft unter Rückenschmerzen: «In den ersten drei Monaten sind die Frauen deutlich anfälliger für Rückenprobleme», sagt Thomas Hoogland, Chefarzt der Wirbelsäulensektion der Alpha-Klinik in München. Deshalb sollten junge Mütter besonders auf Rücken schonende Bewegungen im Alltag achten und ihren Körper durch gezielte Übungen wieder fit machen.

«Viele Frauen konzentrieren sich in der ersten Zeit völlig auf das Wohl des Kindes, die eigene Gesundheit wird dabei vernachlässigt», sagt Cornelia M. Kopelsky, Vorsitzende des Deutschen GymnastikBundes (DGymB) in Birkenfeld/Nahe (Rheinland-Pfalz). In den stressigen ersten Monaten fehle vielen Müttern meist auch schlicht die Zeit, um sich um sich selbst zu kümmern.

Dabei ist der Körper nach einer Geburt zunächst weniger belastbar: «Während der Schwangerschaft werden durch bestimmte Hormone Gewebe und Bänder aufgeweicht und für die Geburt flexibler gemacht», erläutert Spezialist Hoogland. Anschließend müsse der Körper langsam wieder gekräftigt werden.

«Der Aufbau der Muskeln muss aber schonend erfolgen», sagt Cornelia M. Kopelsky. Viele Mütter wollten zu früh eine Traum-Figur und trieben deshalb zu viel Sport und Fitness. Stattdessen sollten in den ersten drei bis vier Monaten nach der Geburt Bauch und Beckenboden nur durch sanfte Übungen bei der Rückbildung unterstützt werden. Ab dem vierten oder fünften Monat könne dann ein Muskelaufbauprogramm folgen. Dabei sollte die gesamte Rumpfmuskulatur trainiert werden, um die Bandscheiben zu entlasten.

Auch im neuen Alltag mit Kind müssen junge Mütter auf ihren Rücken achten. Besonders wichtig sei es, das Kind richtig zu tragen: «Säuglinge trägt man am besten im "Fliegerhandgriff"», sagt Irene Kiefer, Krankengymnastin in der Elternschule des Krankenhauses Porz in Köln. Dabei liege das Kind auf dem Unterarm der Mutter auf dem Bauch mit dem Kopf in der Ellenbogengegend. Die Hand der Mutter halte das Kind im Schritt fest.

«Wenn das Kind größer ist, kann es auch seitlich auf der Taille getragen werden», sagt Kiefer. Dabei sollte die Mutter aber wie beim Fliegerhandgriff immer wieder die Seite wechseln, um einseitige Belastungen zu vermeiden. «Außerdem darf das Becken nicht zu einer Seite herausgeschoben werden», sagt Gymnastiklehrerin Kopelsky. Stattdessen sollten die Frauen gerade stehen und so das Gewicht des Kindes auffangen. «Man entwickelt ein Gespür, um das eigene und das Gewicht des Kindes auszubalancieren.»

Beim Anheben gilt für das Kind das gleiche wie für einen schweren Wäschekorb: Lasten sollten nahe am Körper getragen und nicht aus dem Rücken, sondern aus den Knien heraus angehoben werden. «Außerdem sollte man Dinge nur im Beinsektor aufheben, also im Bereich zwischen den Füßen», rät Krankengymnastin Kiefer. Statt sich also seitlich zu bücken, um eine heruntergefallene Rassel zu greifen, machen Mütter besser einen Schritt mehr und gehen zum Aufheben in die leichte Hocke. «Auch wenn man ein Kind seitlich aus dem Bettchen hebt, sollten dabei die Füße in einer Schrittstellung parallel zum Kind stehen», so Kiefer. Dadurch könne die besonders schädliche gleichzeitige Dreh- und Bückbewegung des Rückens vermieden werden.

Auch der Kinderwagen sollte nicht nur für das Kind bequem sein, sondern zugleich für die Mutter, sagt Detlef Detjen von der Aktion Gesunder Rücken in Selsingen (Niedersachsen): «Die Höhe des Griffes und der Neigungswinkel müssen einstellbar sein.» Beim Schieben sollten Eltern darauf achten, gerade und nicht vorn übergebeugt zu gehen. «Auch das Gewicht muss beim Kauf beachtet werden, wenn der Kinderwagen zum Beispiel regelmäßig in den Bus oder den Kofferraum gehoben wird», so der Rücken-Experte. Neben dem Kinderwagen sollten auch Bett, Möbel und andere Alltagsgegenstände möglichst Rücken schonend sein.

«Bei unseren Alltagsbewegungen müssen wir bewusst darauf achten, wann wir den Rücken belasten», sagt Detjen. Dann könne man sich schädliche Gewohnheiten wie falsches Heben und Tragen abgewöhnen. Das kostet einige Mühe, bestätigt auch die betroffene 35-jährige Mutter aus Hamburg: «Am Anfang war es eine ganz schöne Umstellung, aber inzwischen habe ich die Rücken schonenden Bewegungen vollkommen verinnerlicht.»,