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Entzündung nach Schnittwunde: Phlegmone ist sehr gefährlich

Von Nina C. Zimmermann 29.08.2007, 06:55

Euskirchen/Tübingen/dpa. - Was als harmlose kleine Schnitt- oder Stichwunde anfängt, kann gelegentlich böse Folgen haben. Schon winzige oberflächliche Hautverletzungen sind Einfallstore für Bakterien, die schwere Entzündungen auslösen können: sogenannte Phlegmonen.

«Erste Anzeichen sind Schwellungen und Rötungen», sagt Gertraud Kremer vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen in Euskirchen. Hinzu kämen Fieber und Schüttelfrost. Sind die Erreger - meist Streptokokken oder Staphylokokken - erst eingedrungen, breitet sich die Entzündung häufig großflächig im Bindegewebe aus und kann Sehnen und Muskeln schädigen. Vor allem an Händen oder Füßen sei die oft eitrige Infektion anzutreffen. Verursache schon die leichteste Bewegung des gesamten Fingers bei einer entzündeten Fingerkuppe Schmerzen, sei es allerhöchste Zeit, die Verletzung chirurgisch behandeln zu lassen, betont Kremer.

Zunächst stelle der Mediziner den betroffenen Körperteil, zum Beispiel die Hand, ruhig und verordne Antibiotika. Werde die Phlegmone nicht rechtzeitig erkannt, könne sie lebensgefährliche Probleme auslösen - bis hin zur Blutvergiftung. «Ist der Abszess aber schon handtellergroß oder kann der Patient nachts vor Schmerzen nicht schlafen, ist der Gang zum Chirurgen unvermeidbar», sagt Kremer.

«Der Infekt kann sich sonst fortfressen», warnt auch Prof. Hans-Eberhard Schaller von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen. Das Gewebe auch an weiter entfernten Stellen werde «so hochgradig septisch zerstört», dass womöglich infolge einer entzündeten Fingerkuppe der ganze Unterarm amputiert werden muss. Schaller ist daher skeptisch, was den Einsatz von Antibiotika angeht. «Ich sehe viel zu häufig, dass Patienten mit Antibiotika falsch behandelt werden», sagt der Tübinger Chirurg. «Erstens wird dadurch das Krankheitsbild verschleiert, zweitens wird es verschlimmert.»

Denn nur auf den ersten Blick gesunden die oberen Hautschichten - die Entzündung klingt scheinbar ab. In den tieferen Schichten werde es dagegen schlimmer. «Dort ist die Durchblutung nicht so stark, das Antibiotikum gelangt in zu geringer Konzentration dorthin und wirkt nicht mehr», erklärt Schaller. Sein Rat lautet daher: Bei einer tieferen Schnittverletzung sofort einen geeigneten Arzt aufsuchen, am besten einen Unfallchirurgen. Der könne dann eine Blutsperre anlegen und die Wunde mit vergrößernden Geräten richtig untersuchen.

Sollte sich dann herausstellen, dass die Wunde chirurgisch aufgeschnitten werden muss, ist es laut Schaller entscheidend, dass alle gequetschten Ränder und die nicht mehr durchbluteten Gewebeteile entfernt werden. «Erst dann kann zugenäht werden», sagt er.

Eine Impfung gegen die Phlegmone gibt es nicht. Wie Schaller ruft daher auch Dermatologin Kremer dazu auf, schon kleine Wunden, etwa an der Nagelhaut oder durch Fußpilz entstandene Risse, nicht zu vernachlässigen. «Treffen kann es jeden», sagt die Hautärztin. Besonders gefährdet seien aber vor allem diejenigen, die bereits kleine Hautprobleme haben oder deren Immunsystem geschwächt ist.

Eine Phlegmone ist zwar keine Berufskrankheit. Tritt sie aber infolge einer als Arbeitsunfall anerkannten Verletzung im Job auf, sei der Arbeitnehmer in diesem Rahmen abgesichert, sagt Stefan Boltz von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Berlin. Grundsätzlich rät die DGUV zusammen mit den Berufsgenossenschaften (BG) beim Thema Haut zur Vorbeugung. Vor allem medizinisches Personal, aber auch Beschäftigte in Fleischereien verletzen sich immer wieder an scharfen oder spitzen Geräten und Werkzeugen.