Endorphine Endorphine: Nicht nur Schokolade essen macht glücklich
Berlin/Dresden/dpa. - Der Genuss einer Praline, der Anblick eines begnadeten Tänzers oder das Erreichen des Gipfelkreuzes: All diese Dinge können höchste Glücksgefühle auslösen. Verursacher sind die Endorphine, besser bekannt als Glückshormone.
Sie werden vom Körper selbst produziert und wirken nachhaltiger als alle Suchtstoffe. Sogar das Abhängigkeitspotenzial teilen sie mit synthetischen Drogen, wie das Beispiel von Extremsportlern auf der Suche nach dem nächsten Kick zeigt.
«Endorphine sind innerlich erzeugte, dem Morphium ähnliche Stoffe», sagt Mediziner Hartmut Günther von der AOK Sachsen in Dresden. «Sie wirken im Gehirnbereich, in dem auch unsere Gefühle und Emotionen entstehen.» Dort sorgen die Endorphine dafür, dass über einen raffinierten Mechanismus eine kleine Gruppe von Nervenzellen den Botenstoff Dopamin ausschüttet. «Dopamin belohnt uns, wenn wir zum Beispiel etwas Tolles erreicht haben.»
Außerdem ist die Substanz auch ein körpereigenes Schmerzmittel. «Dabei hemmt sie die Ausschüttung eines Botenstoffes, der bei einer Verletzung die Botschaft "Schmerz" an das Gehirn weiterleitet», sagt der Neurologe Manfred Oberländer aus Berlin. «Endorphine sorgen dafür, dass der Mensch den Schmerz nicht als kaum aushaltbar, sondern als weniger schlimm empfindet.»
So sei es auch zu erklären, dass einige Unfallopfer mit ihrer Verletzung noch eine Zeit lang laufen können, ohne dass ihnen etwas weh tut. Auch bei einer natürlichen Geburt werden Endorphine freigesetzt. «Ohne sie wäre es Frauen gar nicht möglich, ihr Kind auf zur Welt zu bringen», sagt Oberländer. Senkt der Körper nach der Geburt seinen Pegel an Glückshormonen zu schnell, verkehrt sich der stimmungsaufhellende Effekt ins Gegenteil. Mediziner bezeichnen diesen Zustand dann als Schwangerschaftspsychose.
Auch körperliche Verausgabung beim Sport befeuert den Endorphin-Ausstoß. Die Wirkung der Hormone reicht dabei von einem Gefühl der wohltuenden Entspannung bis hin zu einem regelrechten Rauschzustand. «Diese Rauschwirkung kennen gerade Marathonläufer sehr gut», sagt Martina Pohl, Internistin an der St.-Hubertus-Klinik in Bad Wiessee (Bayern). «Auch Anhänger von Extremsportarten wie dem Bungee-Springen schwärmen davon».
Der selbst erzeugte Kick durch körperliche Verausgabung bis zur Erschöpfung habe aber auch Nachteile, sagt Pohl: Er weckt die Lust auf mehr. «Der Mensch muss seinen Sport immer wieder bis zur Erschöpfung betreiben, um wenigstens die Entzugserscheinungen aufzufangen.» Wenn Betroffene ihr Training zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen für eine Weile aufgeben müssen, merken sie deutlich, dass ihre Stimmung in den Keller geht.
Wann sich der Endorphin-Kick einstellt, sei bei jedem unterschiedlich, sagt Hartmut Günther von der AOK. «Das kommt immer auf die körperliche Fitness des Einzelnen an.» Bei Freizeitsportlern kann sich das wohlige Gefühl bereits nach einer Trainingseinheit im Fitnessclub einstellen. «Schon dabei können Endorphine ausgeschüttet werden, wenn der Körper diese Anstrengung nicht gewöhnt ist», sagt Medizinerin Pohl. Trotzdem sind die Hormone nicht allein verantwortlich für die positive Stimmung. «Wer gerade Sport gemacht hat, freut sich auch einfach, weil er weiß, er hat seinem Körper etwas Gutes getan und was geleistet hat.»
Laut Internistin Pohl sollte Freizeitsportler sich nicht zu viel zumuten. «Es bringt nichts, sich einmal in der Woche stundenlang zu verausgaben. Viel besser ist es, zwei bis drei mal pro Woche etwa 30 Minuten lang Sport zu treiben.» Zudem sorgten auch sanftere Übungen, wie Meditation, autogenes Training oder Yoga für die erhöhte Produktion verschiedener körpereigener Drogen.
Neben dem Fitnessprogramm kann auch Ernährung Endorphine freisetzen. «So verschafft der Genuss eines Stückchens Schokolade ein Glücksgefühl», sagt AOK-Mediziner Günther. «Wissenschaftler haben erforscht, dass Schokolade die Ausschüttung von Glückshormonen bewirkt - allerdings nur für eine kurze Zeit.» Die Pfunde dagegen bleiben wesentlich länger auf den Hüften. Kalorienarmes Obst und Gemüse können jedoch auch glücklich machen, ohne der Figur zu schaden. Und der Scharfstoff Capsaicin aus der Paprika kurbelt die Endorphin-Produktion zusätzlich an.