Diagnose Herzschwäche Diagnose Herzschwäche: In Sachsen-Anhalt gibt es besonders viele Fälle

Halle(Saale) - Das schwache Herz - oder medizinisch korrekt: die Herzinsuffizienz - ist Thema des turnusmäßigen Dreiländertreffens der Herzspezialisten. Es führt in der kommenden Woche Spitzenmediziner aus Österreich, der Schweiz und Deutschland nach Halle. Ausschlaggebend für die Wahl des Tagungsortes war zwar nicht der Gesundheitszustand der Sachsen-Anhalter, sondern der gute Ruf der Kardiologischen Universitätsklinik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, an deren Spitze Professor Dr. Stefan Frantz steht. Aber - ein Blick in entsprechende Statistiken zeigt, dass der Veranstaltungsort nicht besser gewählt werden konnte.
Herzschwäche: Atemnot und geschwollene Beine sind Symptome
2013 wurden laut jüngstem Herzbericht im Bundesdurchschnitt 491 pro 100 000 Menschen mit der Diagnose Herzinsuffizienz in eine Klinik eingeliefert. Sachsen-Anhalt lag mit rund 623 Fällen 26,8 Prozent darüber. Lediglich in Thüringen waren es noch mehr.
Warum ist das so? „Zum einen“, so sagt Frantz, „hat das etwas mit der Altersstruktur der Bevölkerung zu tun.“ Das Durchschnittsalter sei hierzulande nun einmal sehr hoch. Zum anderen verweist der Kardiologe auf die Hauptursachen der Herzschwäche: Herzinfarkt und Bluthochdruck. „Und bei beiden ist Sachsen-Anhalt leider ganz vorn mit dabei.“
Aber auch wenn in Sachsen-Anhalt die Fallzahlen besonders hoch sind, so ist es doch ein bundesweiter Trend, dass immer mehr Menschen an einer Herzinsuffizienz leiden. Allein zwischen 2012 und 2013 ist ein Anstieg der Krankenhausfälle um 2,5 Prozent zu verzeichnen. „Das liegt daran, dass die genannten Ursachen - also beispielsweise Herzinfarkte - immer besser behandelt werden können. Es überleben einfach mehr Menschen als früher“, unterstreicht Frantz. Deshalb seien auch mehr Spätfolgen wie eben die Herzschwäche zu beobachten.
Der Kardiologe spricht von Schätzungen, wonach etwa drei Prozent der Bevölkerung an einer Herzinsuffizienz erkrankt sind. „Es ist die häufigste Krankenhaus-Aufnahmediagnose“, fügt er hinzu. „Und wir erwarten weiter steigende Zahlen.“ Anzeichen für eine Herzschwäche sind laut Frantz Atemnot, geschwollene Beine, häufiger Harndrang in der Nacht. „Die Betroffenen können zudem meist nur mit erhöhtem Oberkörper schlafen, weil sie sonst keine Luft bekommen.“
Übrigens - es sind mehr Frauen als Männer, die ein schwaches Herz haben. Warum? „Ein Grund dafür ist, dass Frauen häufiger als Männer einen zu hohen Blutdruck haben“, sagt der Mediziner. Und was den Herzinfarkt anbelangt, da seien Männer zwar früher betroffen, Frauen holten aber später auf. Und da sie im Durchschnitt länger als Männer lebten, gebe es im höheren Alter, in dem die Krankheit gewöhnlich auftritt, ganz einfach mehr von ihnen.
Der Kardiologe betont zugleich, dass die Herzschwäche heute gut zu behandeln ist. So seien in den vergangenen 15 Jahren wirkungsvolle neue Medikamente auf den Markt gekommen. Durch sie sei die Sterblichkeit um 25 Prozent gesunken. Daneben, so Frantz, könnten Patienten, bei denen sich die Krankheit durch lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen bemerkbar mache, Defibrillatoren eingesetzt werden. Für seltene Spezialfälle gebe es Kunstherzen. In ganz wenigen Fällen sei eine Herztransplantation der letzte Ausweg. Davon hat es 2015 in ganz Deutschland etwa 300 gegeben.
Bei allen Erfolgen, so unterstreicht der Kardiologe, es seien längst noch nicht alle Fragen rund um die Krankheit geklärt. Und so beraten die Spezialisten aus Österreich, der Schweiz und Deutschland über neuartige oder optimierte Therapieansätze. Da geht es zum Beispiel darum, dass manche Krebsmedikamente die Herzmuskelschwäche begünstigen. Auch die Behandlung häufig auftretender Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Diabetes spielen auf der Konferenz eine große Rolle. Aber es werden ebenso ganz praktische Fragen erörtert: Wie viel sollte ein entsprechender Patient wiegen, wie viel am Tag trinken, wie kann es gelingen, dass er seine Medikamente regelmäßig einnimmt.
Das Münchner Bierherz
Gerade Letzteres sei außerordentlich wichtig, betont Frantz. „Studien haben gezeigt, dass Patienten, die das diszipliniert tun, länger leben und zudem eine höhere Lebensqualität haben“, betont er. Es lohne sich, die Tabletten zu schlucken - auch wenn es vier bis fünf auf einmal sind und dies mehrmals am Tag nötig ist.
Mitunter, sagt Frantz, sei eine Herzschwäche auch schicksalhaft. Etwa wenn die Ursache ein angeborener Herzklappenfehler oder eine Infektion sei. Vielfach könne der Krankheit aber vorgebeugt werden. Durch Bewegung, gesunde Ernährung, den Verzicht auf Nikotin und Alkohol. Er erzählt vom „Münchner Bierherz“, das eine Folge zu hohen Alkoholkonsums sei und in die Medizingeschichte eingegangen ist. „Allerdings“, räumt er ein, „muss dafür schon eine ganze Menge getrunken werden.“
Am Rande der Tagung in Halle wird ganz sicher auch der Gesundheitszustand der Menschen hierzulande eine Rolle spielen. Aber Professor Frantz will den Blick seiner Kollegen aus dem In- und Ausland auf noch etwas ganz anderes lenken, nämlich auf die Stadt selbst. „Halle ist wunderschön. Und das sollte viel stärker in die Welt getragen werden“, betont der aus Würzburg gekommene Mediziner, der seit zwei Jahren an der Saale lebt.
Die Konferenz findet vom 19. bis 21. Oktober im Hotel Rotes Ross statt. Für Ärzte der Region ist die Teilnahme kostenlos. Das Programm unter: www.herzinsuffizienz-d-a-ch.org
(mz)