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Das Schweigen der Männer Das Schweigen der Männer: Hodenerkrankungen werden oft verdrängt

16.04.2003, 09:26
Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen: Der US-Radrennfahrer Lance Armstrong besiegte nicht nur den Hodenkrebs, sondern nach der Therapie auch mehrfach die komplette Konkurrenz bei der Tour de France. (Foto: dpa)
Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen: Der US-Radrennfahrer Lance Armstrong besiegte nicht nur den Hodenkrebs, sondern nach der Therapie auch mehrfach die komplette Konkurrenz bei der Tour de France. (Foto: dpa) dpa

Essen/Greifswald/Halle/dpa. - «Erkrankte zögern sehr lange mit dem Arztbesuch», bestätigt Thomas Otto, Leitender Oberarzt und Urologe an der Universitätsklinik Essen. Ein Grund dafür sei auch, das Hodentumore im Gegensatz zu anderen Erkrankungen häufig keinen Schmerz verursachen. Otto weiß von einem Patienten, der nach starkem Anschwellen eines Hodens nicht den Arzt aufsuchte, sondern sich lieber immer größere Hosen kaufte.

Nur selten bestätigt sich aber der Verdacht eines bösartigen Tumors. Nur rund 2600 Männer erkranken in der Bundesrepublik jährlich daran, so das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg. Häufiger sind Erkrankungen wie Entzündungen von Hoden oder Nebenhoden. Bei einer Hodenentzündung - im Fachbegriff Orchitis - kommt es zur Schwellung eines oder beider Hoden infolge von Viruskrankheiten wie Mumps oder Windpocken, so Otto. Erkrankte leiden unter Fieber, der Hoden schwillt an, rötet sich und verursacht in die Leisten ausstrahlende Schmerzen.

Meist durch Bakterien werden Nebenhodenentzündungen verursacht. Sie treten oft gemeinsam mit der Orchitis auf. Dabei kann zusätzlich zu diesen Symptomen auch eine Verhärtung festgestellt werden. «Bei der Therapie müssen neben der medikamentösen Behandlung die Hoden hochgelagert und gekühlt werden», erklärt Urologe Otto.

Kaum zu ignorieren, jedoch seltener, ist die Hodentorsion: «Dabei handelt es sich um eine Verdrehung des Samenstranges in Folge eines Sturzes oder einer raschen Bewegung», so die Urologin und Privatdozentin Petra Fehrmann-Zumpe aus Greifswald. Besonders Kinder und Jugendliche seien davon betroffen. Durch einen operativen Eingriff werde der Hoden wieder in die richtige Lage gebracht.

Auch wenn Hodenkrebs zu den seltenen Krebserkrankungen zählt, gilt er in der Altersgruppe der 25 bis 35 Jahre alten Männer als die häufigste Krebserkrankung, so Hans-Joachim Schmoll, Direktor der Universitäts- und Poliklinik für Innere Medizin IV in Halle/Saale. «Gefährdet sind vor allem Männer, die erblich vorbelastet sind oder bestimmten Berufsgruppen angehören», erklärt Schmoll. Dazu zählen etwa Jobs in der Schwermetall- und Erdölindustrie. «Es werden aber auch vermehrt Krebsfälle bei Akademikern festgestellt, ohne dass man die Gründe dafür kennt.»

Eine Vorbeugung ist bei Hodenkrebs nicht möglich, sagen die Ärzte. Um so wichtiger sei die frühe Erkennung durch regelmäßiges Abtasten. Hinweise auf einen Tumor können eine Schwellung oder ein harter «Knubbel» im Hodensack sein. Häufig werde ein Ziehen und eine besondere Schwere des Hodens bemerkt. Dabei entwickelt sich der Tumor unterschiedlich. So kann bei manchen Patienten der Hoden rasch und stark anschwellen, bei anderen die Geschwulst gar nicht fühlbar sein.

Wird vom Arzt ein Tumor diagnostiziert, muss meist der betroffene Hoden entfernt werden. Häufig kann dann auf Chemo- und Strahlentherapie verzichtet werden. Für viele Männer bleibt so einzig eine ästhetische Einschränkung. «Weder Zeugungsfähigkeit noch Potenz werden dabei beeinträchtigt», so Otto. Und noch etwas kann Männer beruhigen: «Die Heilungschancen beim Hodentumor sind hervorragend», sagt der Urologe. Es gilt jedoch: «Je früher der Tumor diagnostiziert wird, um so weniger aufwendig ist die Therapie», so Otto.