Behandlungsfehler Behandlungsfehler: Was bei Verdacht auf Ärztepfusch zu tun ist

Halle (Saale)/MZ/DMN/DPA. - Erster Ansprechpartner beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler ist in der Regel der behandelnde Arzt. Häufig kommen Betroffene mit ihrem Anliegen bei Arzt oder Klinik aber nicht weiter. Dann stehen ihnen zwei andere Ansprechpartner zur Verfügung: die eigene Krankenkasse und die Schlichtungsstelle der regional zuständigen Ärztekammer. Letzter Schritt sei eine Klage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz, sagt Judith Storf von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Sie arbeitet in der UPD-Beratungsstelle Bielefeld.
Mangelnde Aufklärung ist ein Fehler
Zunächst geht es um die Frage, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt. Das ist der Fall, wenn der Arzt schuldhaft etwas falsch gemacht hat und der Patient dadurch einen Schaden davon getragen hat. „Auch mangelnde Aufklärung vor einer Operation ist schon ein Behandlungsfehler“, betont Storf.
Am besten fertigt der Patient zuerst ein Gedächtnisprotokoll an. Darin notiert er den Behandlungsverlauf sowie Namen und Adressen möglicher Zeugen. Außerdem sollte er Fotokopien seiner Krankenakte vom Arzt oder Krankenhaus anfordern, empfiehlt die UPD. Denn der Patient selbst müsse beweisen, dass ihm durch fehlerhaftes Verhalten des Mediziners oder der Klinik ein Schaden entstanden ist.
Gutachten des Medizinischen Dienstes
Bevor ein gesetzlich Krankenversicherter den Rechtsweg einschlägt, sollte er sich um eine außergerichtliche Einigung bemühen. Dazu bittet er am besten seine Kasse um ein kostenloses Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK). „Wenn das Gutachten bestätigt, dass der Verdacht auf einen Behandlungsfehler besteht, ist das ein gewichtiges Argument“, erläutert Storf.
Geschädigte Patienten können sich - bevor sie einen Mediziner anzeigen - nach einem Behandlungsfehler an Ärztekammern, Krankenkassen oder staatliche Stellen wenden. Eine einheitliche Anlaufstelle gibt es nicht. Einzelne Hilfsangebote haben wir hier zusammengetragen.
Hilfe bietet zunächst das Beratungstelefon der Unabhängigen Patientenberatung, das kostenlos aus dem Festnetz unter 0800 - 011 77-22 zu erreichen ist. Unter der Endung -23 wird Beratung auf Türkisch und unter der -24 Beratung auf Russisch angeboten. Bundesweit gibt es zudem 21 Beratungsstellen. Die Unabhängige Patientenberatung wird unter anderem von der Verbraucherzentrale und dem Sozialverband VdK getragen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe kann Betroffenen Kontakte zu einer ihrer mehr als 100 Mitgliedsorganisationen vermitteln. Um die Belange von geschädigten Patienten kümmert sich auch der Deutsche Patienten Schutzbund.
Bei den Ärztekammern gibt es Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, die im Fall eines Behandlungsfehler-Verdachts eingeschaltet werden. Ansprechpartner sind die jeweils regional zuständigen Kammern. Sie werben mit kurzen Bearbeitungszeiten von meist nur einem Jahr und außergerichtlichen Lösungen, während ähnliche Fälle oft jahrelang bei den Gerichten liegen.
Als Anlaufpunkt dient hier das Büro des Patientenbeauftragten der Bundesregierung. Auch persönliche Anfragen können an das Büro gerichtet werden, etwa per Telefon unter 030 - 18 441 3420.
Wenn keine Einigung erzielt werden kann, hilft nur der Weg vor Gericht. Vereine wie das Aktionsbündnis Patientensicherheit empfehlen dann, einen sachkundigen Rechtsanwalt zurate zu ziehen. Dieser sollte im Verzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer stehen.
Seit Februar 2013 sind Krankenkassen durch das Patientenrechtegesetz dazu verpflichtet, ihre Kunden beim Verdacht eines ärztlichen Fehlers zu unterstützen. Sie müssen etwa Patienten darauf hinweisen, dass sie ein Gutachten erstellen lassen können. Dennoch bliebt der Klageweg hart - denn häufig ziehen sich Prozesse jahrelang durch die Instanzen.
Damit könnten sich Patienten erneut an den „Verursacher“ des Behandlungsfehlers wenden - in der Hoffnung auf Entschädigung über die Haftpflichtversicherung von Arzt oder Klinik. Diese lässt sich möglicherweise auch über die Schlichtungsstelle der regional zuständigen Ärztekammer erzielen. Bringen all diese Schritte nichts, ist eine Zivilrechtsklage auf Schmerzensgeld und Schadenersatz der letzte Ausweg.
Behandlungsfehler-Statistik
Wie aus der jetzt in Berlin von der Bundesärztekammer vorgestellten Behandlungsfehler-Statistik hervorgeht, haben sich im Jahr 2012 mehr als 12.200 Patienten an die Gutachterstellen der Ärzteschaft wegen des Verdachts auf Behandlungsfehler gewandt. Bearbeitet wurden 7578 Anträge zu mutmaßlichen Fehlern. Am häufigsten standen die Vorwürfe im Zusammenhang mit Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterarm-, Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen.