1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Alkohol - Teufelszeug oder Lebenselixier?

Alkohol - Teufelszeug oder Lebenselixier?

Von Arnd Petry 07.05.2008, 07:57

Hamburg/Ulm/dpa. - Rotwein schützt vor Herzinfarkt? Wein trinken ist gesünder als Bier trinken? Ein Glas am Abend hat noch keinem geschadet? Um die gesundheitlichen Auswirkungen von Alkohol hat wahrscheinlich schon jeder gestritten. Und sich ergebnislos vertagt.

Was ist dran an den Behauptungen - macht ein Gläschen wirklich nichts? «Man kann nicht grundsätzlich sagen, dass es eine Grenze für unschädlichen Alkoholkonsum gibt», sagt der Arzt Jens Reimer aus Hamburg von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin. Die Chemikalie Ethanol - nichts anderes ist der berauschende Stoff in Bier und Wein - sei ein Nervengift. Mit jedem Schluck opfern wir einige unserer Milliarden Nervenzellen. Und dass auch die Körperorgane durch die toxischen Effekte des Alkohols und seiner Stoffwechselprodukte angegriffen werden, ist kein Geheimnis. Unbestrittene Langzeitfolgen sind Leberschäden und ein erhöhtes Krebsrisiko. Nicht zu vergessen die Gefahr, durch regelmäßiges Trinken abhängig zu werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, dass Frauen täglich nicht mehr als 20 Gramm Alkohol zu sich nehmen sollten. Männer dürfen mit 30 Gramm etwas mehr trinken. Den WHO-Grenzwert haben Frauen nach rund einem halben Liter Bier erreicht. Bei Wein ist schon nach einem Glas Schluss. Männern gesteht die WHO etwa 0,75 Liter Bier und 0,3 Liter Wein zu. Wer die Empfehlung der WHO beherzigt, frönt dem sogenannten risikoarmen Alkoholkonsum. «Einen völlig risikofreien Alkoholkonsum gibt es nicht», warnt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) in Hamm in einer Broschüre zum Thema. Außerdem ist der Grat schmal, auf dem sich moderate Trinker bewegen: Ab 40 Gramm beziehungsweise 60 Gramm beginnt für Frauen und Männer bereits der gefährliche Konsum.

Allerdings gibt es auch gesundheitsfördernde Wirkungen. «Der Alkohol sorgt für drei Effekte, die günstig für die Vorbeugung von Herzkreislauferkrankungen sind», erklärt der Kardiologe Armin Imhof von der Uniklinik Ulm. Alkohol verändere die Fettwerte im Blut. Vor allem die HDL-Werte - das gute Cholesterin - würden angehoben. Zudem verdünne Alkohol das Blut und habe eine entzündungshemmende Wirkung.

Auf Studien, die belegen, dass typische Weintrinker gesünder sind als typische Biertrinker, ist dagegen nicht viel zu geben. Weintrinker ernähren sich laut Jens Reimer von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin mediterraner - mehr Salate, mehr Fisch und ungesättigte Fettsäuren - und treiben auch meist mehr Sport. «Das eine Glas Wein gehört eher mit am Rande dazu.»

«Die günstigen Effekte sind unabhängig von der Art des Getränkes», sagt Kardiologe Imhof. Zwar gebe es Hinweise darauf, dass Zusatzstoffe im Wein oder Bier - etwa Polyphenole - auch einen möglicherweise schützenden Effekt haben. «Ich bin aber der Ansicht, dass der deutlichste Effekt am Alkohol liegt.»

Welche Schlüsse sollten Herzkranke daraus ziehen? «Es ist völlig klar, dass wir niemandem sagen, trinken Sie Alkohol für Ihr Herz», sagt Imhof. Die Risiken, eine andere Krankheit zu erleiden oder abhängig zu werden, seien unvergleichlich höher, warnt auch die DHS. Und schließlich kommt es auch hier auf die Dosis an. Der beste schützende Effekt für das Herz sei bei einem Alkoholkonsum von sechs Gramm pro Tag festgestellt worden, sagt Armin Imhof. Dafür lohnt sich das Öffnen einer Flasche eigentlich nicht.

INFO: Weintrinker leben nicht gesünder als Biertrinker

Auf Studien, die belegen, dass typische Weintrinker gesünder sind als typische Biertrinker, ist nicht viel zu geben. «Weintrinker haben in der Regel einen anderen Lebensstil als Biertrinker», erklärt Jens Reimer von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin. Sie ernährten sich mediterraner - mehr Salate, mehr Fisch und ungesättigte Fettsäuren - und würden auch meist mehr Sport treiben. «Das eine Glas Wein gehört eher mit am Rande dazu.» Eine dänische Studie untermauert dies: Die Wissenschaftler haben 3,5 Millionen Kassenbons von Supermärkten ausgewertet und festgestellt, dass Weinkäufer auch häufiger Gemüse, Salate und weniger Butter in ihren Einkaufswagen legen. Bier wird oft zusammen mit Chips, Würstchen und Eiern gekauft.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: www.dhs.de