74.000 Tote jährlich 74.000 Tote jährlich: Darum ist Alkohol schlimmer als alle anderen Drogen

Es ist eine Zahl, die schockiert: Mindestens 74.000 Menschen sterben in Deutschland an den Folgen von Alkohol-Missbrauch – jährlich. Damit nicht genug, etwa 1,77 Millionen Erwachsene bis 64 Jahren gelten als alkoholabhängig. Das geht aus dem Drogen- und Suchtbericht 2015 der Bundesregierung hervor.
Millionen Gehirnzellen sterben im Rausch
9,6 Liter reinen Alkohol trinken wir Deutsche durchschnittlich im Jahr. Ein konsequenter Verzicht auf Bier, Wein oder Schnaps – für die meisten undenkbar. Nur 3,6 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren gaben an, noch nie Alkohol konsumiert zu haben. Doch was tun, wenn der Griff zur Flasche zur Sucht wird? Die Initiative „Alkohol? Kenn dein Limit“ warnt, dass sich Alkohol auf viele Bereiche des Körpers negativ auswirkt. Vor allem die Leber nimmt Schaden. Die häufigsten Folgen sind Verfettung und Verhärtung der Leber, was im Endstadium zur Leberzirrhose (Schrumpfleber) führt. Frauen sollten bedenken, dass die weibliche Leber Alkohol sehr viel schlechter abbaut.
Auch das Gehirn wird in Mitleidenschaft gezogen. Schon bei einem einzelnen Rausch sterben Millionen von Gehirnzellen ab. Bei häufigen Trinkgelangen nehmen zuerst die Gedächtnisleistung und das Konzentrationsvermögen ab. Später verliert man sein Urteilsvermögen und seine Intelligenz. Permanenter Alkoholmissbrauch führt sogar zu einem völligen geistigen Abbau.
Doch das ist längst nicht alles: Alkoholmissbrauch kann Auslöser für Krebserkrankungen der Leber, in Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre, des Enddarms oder der (weiblichen) Brustdrüse sein. Auch das Risiko einer Herzmuskel-Erkrankung wird durch Alkohol deutlich erhöht.
Sogar die Psyche wird durch den Griff zur zum Glas angegriffen: Unzuverlässigkeit, Reizbarkeit, Unruhe, übertriebene Eifersucht, Ängste, Depressionen und sogar Selbstmordgedanken können die Folgen sein.
Immer mehr Menschen begeben sich deshalb in professionelle Hände. Der zweithäufigste Anlass für einen Klinikaufenthalt waren 2013 psychische Störungen durch Alkohol mit 338.204 Fällen.
Alkohol in der Schwangerschaft wird unterschätzt
Was viele Frauen unterschätzen: Alkoholkonsum in der Schwangerschaft ist kein Kavaliersdelikt. Eine repräsentative Studie im Auftrag der Fachstelle für Suchtprävention Berlin zeigt, dass nur 56 Prozent der Teilnehmer bei der Frage „Wie kann sich Alkoholkonsum in der Schwangerschaft schlimmstenfalls auf das werdende Kind auswirken?“ wussten, dass Alkoholkonsum in der Schwangerschaft zu lebenslangen schweren Behinderungen führen kann.
Die Folge: Allein in Deutschland kommen jährlich etwa 10.000 Babys mit alkoholbedingten Schädigungen auf die Welt.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Woran erkenne ich, dass ich zu viel trinke?
Woran erkenne ich, dass ich zu viel trinke?
Gegen ein Gläschen Wein am Abend ist doch nichts einzuwenden, oder? Sicher nicht. Doch die Experten von „Alkohol? Kenn dein Limit“ betonen: Die Empfindlichkeit ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und ein absolut sicherer, allgemeingültiger Grenzwert kann deshalb nicht genannt werden. Dennoch lassen sich für gesunde Erwachsene zumindest Grenzwerte nennen, innerhalb derer das Risiko gesundheitlicher Schäden gering ist. Diese Grenzwerte liegen für Frauen bei zwölf Gramm und für Männer bei 24 Gramm reinen Alkohol täglich.
Genauer ausgedrückt: Frauen sollten höchstens ein Standardglas Alkohol pro Tag trinken und an mindestens zwei Tagen pro Woche auf Alkoholkonsum verzichten. Männer sollten den Alkoholgenuss auf maximal zwei Standardgläser pro Tag beschränken und ebenfalls an mindestens zwei Tagen pro Woche ganz verzichten.
Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung fasst zusammen: „Es sterben jedes Jahr über 70.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Tausende werden mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert. Darunter sehr viele Erwachsene, die eigentlich Vorbild sein sollten.“ Dabei könne Aufklärung gar nicht früh genug anfangen. Dr. Volker Leienbach, Verbandsdirektor der Privaten Krankenversicherungen (PKV): „Gerade bei Kindern und Jugendlichen kann durch gute Präventionsarbeit viel erreicht werden: Trinkgewohnheiten bilden sich früh heraus. Lernen Jugendliche einen verantwortlichen Umgang mit Alkohol, hilft ihnen das daher im ganzen weiteren Leben.“

