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Gespräche statt Anwaltspost: Mediation bei Scheidungen

Von Carina Frey 05.05.2010, 07:11

Münster/dpa. - So schön und ausgelassen die Hochzeit ist, so schmutzig wird oft die Trennung. Die Noch-Eheleute schreien sich an und drohen, die Kinder wegzunehmen oder das Konto leerzuräumen. Es folgt ein Rosenkrieg. Das will die Mediation verhindern.

Dabei setzen sich die Eheleute zusammen und versuchen, mit Hilfe eines unabhängigen Dritten Regelungen zu treffen, mit denen alle leben können. Kuschelig geht es dabei aber noch lange nicht zu.

«Das Ziel der Mediation ist eine eigenverantwortliche Lösung», erklärt Heiner Krabbe von der Mediationswerkstatt Münster. Es entscheidet also kein Richter über Umgangsregeln und Unterhalt, sondern die Ex-Partner. «Wir gehen nicht ausschließlich von den Regelungen aus, die das Gesetz vorsieht, zum Beispiel, dass der Vater das Kind jedes zweite Wochenende sieht», sagt Sabine Zurmühl von der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) in Berlin. Denkbar seien auch andere Vereinbarungen.

Doch der Weg zu einer Einigung ist steinig. Schließlich sind Trennungen meist mit Verletzungen und Wut verbunden. Ein sachliches Gespräch zu führen, scheint da unmöglich. «Der Mediator versucht, aus Kampfthemen Sachthemen zu machen», beschreibt Krabbe seine Arbeit. Mediation sei keine «sanfte Scheidung», sondern eine sehr anstrengende Sache: «Hier wird auch geschrien und getobt.»

Der Mediator muss zunächst versuchen, die verschiedenen Positionen zu klären. Denn die sind häufig gar nicht so klar. Die Parteien «wissen oft selbst nicht, was sie wollen», sagt Arthur Trossen vom Verband integrierte Mediation in Altenkirchen in Rheinland-Pfalz. Der Mediator fängt daher laut Zurmühl oft mit der Frage an: «Was brennt Ihnen am meisten unter den Nägeln?» Fällt dann ein Schlagwort wie «Wohnsituation», hilft der Mediator, die damit verbundenen Unterthemen herauszuarbeiten: Wann kann die gemeinsame Wohnung gekündigt werden? Was bedeutet das für die Kinder?

Nicht immer sind beide Partner gleich redegewandt. Damit einer den anderen nicht überrumpelt, steuert der Mediator das Gespräch. Dabei versuche er, die Parteien so zu führen, dass sie das ganze Bild sehen, nicht nur ihren Standpunkt, erklärt Trossen. Das bedeute nicht, die Position des anderen richtig zu finden, sondern zu akzeptieren, das er eine eigene hat. Auf dieser Basis gilt es, Lösungen zu finden, mit der beide leben können. Manchmal entstünden Regelungen, die zunächst nur 14 Tage gelten. «Dann kann man gucken, ob die sich bewähren», sagt Zurmühl.

Die Mediation umfasst bei Scheidungen in der Regel zwischen 5 und 15 Sitzungen. Eine Stunde kann laut Trossen zwischen 30 und 500 Euro kosten, üblich seien 80 bis 90 Euro. Am Ende soll ein Vertrag stehen, der alle wichtige Fragen regelt. Eine rechtliche Beratung geben Mediatoren nicht. Deshalb rät Zurmühl, den Vertrag mit dem Anwalt durchzusprechen. Manche Regelungen bedürften einer notariellen Beglaubigung. Und die Eheleute müssen vor Gericht, um sich scheiden zu lassen. Der Vertrag wird dem Richter als Vereinbarung vorgelegt. «Er prüft dann, ob er den guten Sitten entspricht», erklärt Krabbe.

Literatur: Christoph C. Paul, Sabine Zurmühl, Mediation - was ist das?: Ein Leitfaden für die Familienmediation. Kurze Fragen und Antworten, Shaker Verlag, ISBN-13: 978-3-832-26847-3, 7,50 Euro; Christoph Strecker, Versöhnliche Scheidung: Trennung, Scheidung und deren Folgen einvernehmlich regeln, Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN-13: 978-3-423-50700-4, 13,90 Euro

Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familen-Mediation: www.bafm-mediation.de

Verband integrierte Mediation: www.in-mediation.eu

Mediationswerkstatt Münster: www.mediationswerkstatt-muenster.de

Die Berufsbezeichnung «Mediator» ist nicht geschützt. Die meisten Mediatoren haben eine juristische oder psychosoziale Ausbildung - etwa zum Anwalt oder Psychotherapeuten - und schließen eine Weiterbildung zum Mediator an. Sie ist unterschiedlich lang: Bei der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation dauert sie zwei Jahre, beim Verband integrierte Mediation 200 Stunden. Wie viel die Mediatoren dann für ihre Arbeit nehmen, hänge oft von ihrem Ursprungsberuf ab, sagt der Mediator Arthur Trossen. Eine Stunde könne zwischen 30 und 500 Euro kosten, üblich seien 80 bis 90 Euro.