Früchte Früchte: Fremde Naschereien

Bonn/dpa. - Etliche der Genüsse sind erst in jüngerer Zeit in Vergessenheitgeraten. Die Kornelkirsche (Cornus mas) zum Beispiel schätzten schon die alten Griechen - wie sich der Legende über Philemon und Baucis entnehmen lässt. «Herbstliche Kornelkirschen, eingemacht in klarem, dicklichem Saft» servierten die beiden Alten den Göttern Zeus und Hermes, die auf die Erde gekommen waren, um die Menschen zu prüfen.
In Südosteuropa gehören Kornelkirschen, bei uns auch Herlitze oder Dürlitze genannt, bis heute zum begehrten Gartenobst. Aus Sorten wie 'Jolico', 'Titus' oder der großblütigen und großfrüchtigen 'Kasanlak' entstehen Marmelade, Gelee, Wein oder Likör. Manche Menschen essen die knallroten, kirschgroßen und länglichen, aber sehr sauren Früchte sogar roh. Wer sie dennoch probieren will: Hier zu Lande wachsen die Sträucher oft in Gärten und Parks.
Die Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) färbt sich imHerbst glühend kupferrot. Schon ein wenig früher beginnt die Zeit süßer Nascherei: Blauschwarz sollten die Beeren sein, dann schmecken sie am besten. Aber oft sind die Vögel schneller. Die starkwüchsige Sorte 'Ballerina' liefert besonders große, süße Früchte. Die Beeren anderer Felsenbirnen wie Amelanchier arborea schmecken eher fade.
Auch die Früchte einiger Sorten der Essbaren Vogelbeeere (Sorbusaucuparia) sind in der Tat genießbar. Während die Art selbst reich an Bitterstoffen ist, kann etwa von 'Edulis' genascht werden: Die rohen Früchte schmecken süß-säuerlich. Süße Früchte liefert 'Rosina'. Dritte im Bunde ist die Mehlbeere (Sorbus aria). Man findet sie oft als kleinen Straßenbaum. An den ungefiederten, unten silbergrau bereiften Blättern lässt sie sich erkennen. Auch ihre roten Beeren dürfen roh gegessen werden, schmecken aber mehlig.
Viel Platz im Garten braucht die Mispel (Mespilus germanicus) mit dem dunkelgrünen Laub und den weißen Schalenblüten im Frühjahr. So lange nur der saure Holzapfel bekannt war, waren ihre Früchte ein wichtiges Herbst- und Winterobst. Bis heute gilt: den ersten Frost abwarten, dann wird das Fleisch süß, lässt sich weich kochen und zu Mus und Kompott - am besten mit Sahne verfeinert - verarbeiten.
Vitaminreich und Fieber senkend sind die Blüten und die Früchtedes Holunder (Sambucus nigra). In die Hausapotheke gehören sie seit jeher. Kenner schätzen aber auch Sirup, Wein und Sekt aus den Blüten oder Saft, Gelee und Marmelade aus den Früchten. Roh sollte man die Fliederbeeren - so heißen sie in Norddeutschland - allerdings nicht verzehren: Ihr Inhaltsstoff Sambunigrin muss beim Kochen zerstört werden, sonst kommt es zu Benommenheit und Atemnot.
Wer dem Holunder als Gartengehölz skeptisch gegenüber steht, magsich durch Sorten mit großen weißen Dolden und reichem Fruchtansatz wie 'Haschberg' und 'Sampo' überzeugen lassen. Auch 'Black Beauty', die vor rot-schwarzem Laub rosafarbene Blütendolden trägt, ist ein attraktives Gewächs.
Irritationen, ob sie essbar sind oder nicht, rufen immer wiederdie Kirschpflaumen hervor. Oft liegen ihre Früchte unbeachtet unter den rotlaubigen Blutpflaumen-Bäumchen (Prunus cerasifera 'Nigra'). Dabei schmecken die kleinen Pflaumen gut. Sie halten sich allerdings nicht lange und reifen unregelmäßig, deshalb ziehen professionelle Obstanbauer sie nicht in Betracht. Aber wer im Garten nur ab und zu naschen möchte, für den ist die ungleichmäßige Reife möglicherweise sogar spannend.
Ein Hauch von Exotik umgibt die Klettergurke (Akebia quinata). Sie ist ein Schlinger, mit dem sich zum Beispiel Pergolen, Gartenlauben oder Sichtschutzwände einhüllen lassen. Die handförmig geteilten Blätter wirken apart, im Mai duften die bräunlich-violetten Blüten süß. Aus ihnen schwellen bis zum Spätsommer helllilafarbene «Gurken». Reicht die Sommerwärme aus, um sie reifen zu lassen, lässt sich süßes, gallertartiges Fruchtfleisch aus den Schalen schlürfen.
Wem das alles nicht ausreicht, der kann seinen Wagemut an Sanddorn und Apfelbeere (Aronia), Mahonie, Hagebutte, Berberitze oder Ölweide ausprobieren. Diese Gewächse reifen oft mehr oder weniger unbemerkt als Hecken oder im Beet heran und ermöglichen ebenfalls ungewohnte Geschmackserfahrungen.