FKK im Buchladen: Die nackte DDR liegt im Trend
Pasewalk/Berlin/dpa. - Nackte Tatsache oder doch bloß Illusion: Viele DDR-Bürger fühlten sich wenigstens im Urlaub an einem der zahlreichen FKK-Strände von der Ostsee bis zum Thüringer Wald ganz frei.
Das frühere Paradies der ostdeutschen Nacktbader wird jetzt in dem Buch «Sommer Sonne Nackedeis - FKK in der DDR» aus dem Berliner Eulenspiegel Verlag vorgestellt. Etliche Anhänger der Freikörperkultur haben sich nicht gescheut, für die Veröffentlichung ihre privaten Fotoarchive zu öffnen.
Auf Erinnerung und die Begeisterung ostdeutscher Nudisten setzt nun auch ein Buchhändler aus Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern. Er will das Buch ausgerechnet am 1. April einer nackten Leserschaft präsentieren und damit zum Trendsetter werden. Noch nirgendwo in Deutschland habe es eine Buchlesung mit nackten Zuhörern gegeben, sagt Buchhändler Helmut Maaß. Das sei kein Aprilscherz, versichert der 53-Jährige ebenso wie der Eulenspiegel-Verlag. «Das ist doch eine schöne Werbung für unser Buch», sagte eine Sprecherin freudig.
Die Lesung in der kleinen Buchhandlung ist längst ausverkauft. Die nackte DDR scheint jedenfalls im Trend zu liegen - im Juli soll auch ein erster FKK-Flug unbekleidete Urlauber an die Ostsee bringen. Auch in dem Buch schwingt Stolz über den gar nicht prüden Osten mit, worüber viele Westdeutsche nur staunen dürften. Der frühere Reporter des DDR-Fernsehens Hans-Joachim Wolle, der Reportagen an FKK-Stränden drehte, schreibt in seinem Beitrag, mit der Wende hörte der Spaß am Strand auf. Viele neue Urlauber hätten die Nase gerümpft über die Freizügigkeit der Ostdeutschen. Heute gibt es längst nicht mehr so viele Plätze für nackte Anbeter von Sonne, Wind und Wellen.
Zumindest in textiler Hinsicht wird in dem Werk, das Autor Thomas Kupfermann zusammengestellt hat, unbeschwerte Freizeit von DDR-Bürgern gezeigt. Nicht nur am Strand, sondern auch beim Kochen, Treffen mit Campingnachbarn, Grillen oder bei freiwilligen Arbeitseinsätzen fielen im Urlaub die Hüllen. 80 Prozent der DDR- Familien hatten nach Angaben des Verlages FKK-Erfahrung. Zehn Prozent der Ostseestrände erkämpften sich die Adams und Evas samt ihren Kindern in der DDR. Die größten Strände hatten sie in Prerow auf dem Darß, in Dranske auf Rügen und in Ückeritz auf Usedom.
Buchhändler Maaß will zu seiner Nackt-Lesung die Schaufenster seines Ladens verhüllen. Die Gäste sollten wegen der niedrigen Temperaturen aber nicht «textilfrei» anreisen, empfiehlt er. Sie könnten sich in dem Geschäft entkleiden. «Unsere Heizung ist völlig ausreichend dimensioniert», sagt Maaß, der selbst ganz ohne alles die Zuhörer begrüßen wird. Die nackte Frau vom Titelbild werde nun Jahrzehnte später das Buch vorstellen.
Neben den zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos ist auch Geschichtliches zu erfahren. Die erste FKK-Vereinigung wurde demnach 1906 in Berlin gegründet. Die neue Mode breitete sich langsam aus. Ihre größte Verbreitung fand die «Nacktkultur» dann in der DDR. Doch 1954 gab es erstmal ein Nacktbadeverbot - der Chef der Volkspolizei sah das Nacktbaden als eine Schmähung der Sitten. Doch nach einer aufgeregten Debatte wurde 1956 die «Anordnung zur Regelung des Freibadewesens» erlassen. Im Jahr 1982 gab es dann 40 ausgewiesene Nacktstrände zwischen Kap Arkona und Fichtelberg.
Bücher-Maaß in Pasewalk: www.buecher-maass.de
Eulenspiegel-Verlagsgruppe: www.eulenspiegel-verlag.de