Vorsicht bei Wildwechsel Vorsicht bei Wildwechsel: Die Versicherung zahlt nicht immer bei einem Wildunfall
Etwa alle zwei Minuten bauen Autofahrer in Deutschland rein rechnerisch einen Unfall mit einem Wildtier. Das geht aus der Schadensbilanz des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Danach gab es 2015 rund 263 000 Kollisionen mit Rehen, Wildschweinen und anderen Wildtieren. Das waren rund zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Durchschnitt zahlten die Versicherer pro Fall 2485 Euro. Insgesamt stieg der Schaden im Vergleich zu 2014 um mehr als 14 Prozent auf rund 653 Millionen Euro. Vorsicht bei Wildwechsel sei das ganze Jahr geboten, nicht nur im Frühling und Herbst, teilte der Verband weiter mit.
Optimales Verhalten bei Wildwechsel
Abblenden, abbremsen, hupen - so reagieren Autofahrer im Optimalfall, wenn Wildtiere auf der Straße aufkreuzen. Wer die Tiere mit der Hupe von der Fahrbahn verscheucht hat, fährt am besten langsam weiter und bleibt bremsbereit. Es könnten noch Nachzügler auf die Straße laufen. Wenn sich die Kollision mit einem Wildtier nicht mehr vermeiden lässt, rät der ADAC: Lenkrad gut festhalten und mit maximaler Kraft aufs Bremspedal treten. Wer ausweicht, droht von der Straße abzukommen oder in den Gegenverkehr zu geraten.
Vor allem entlang von Wald- und Feldrändern sollten Autofahrer dann besonders vorsichtig fahren. Der ADAC weist darauf hin, dass dies nicht nur für Straßen gilt, wo das Verkehrsschild „Wildwechsel“ auf die potenzielle Gefahr hinweist. Allerdings ist hier das Risiko besonders hoch. Grundsätzlich muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Wildwechsel gerechnet werden. Viele Tiere, zum Beispiel Rehe, sind jedoch vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung besonders aktiv.
Wann zahlt die Versicherung?
Die Hauptzeit für Wildunfälle liegt abends zwischen 17 und 0 Uhr und morgens zwischen 5 und 8 Uhr. Bianca Boss, Sprecherin des Bundes der Versicherten (BdV): „Besonders im ländlichen Raum kann es durch Wildwechsel zu unangenehmen Begegnungen mit Rehen und Wildschweinen kommen. Bei einem Wildunfall zahlt die Teilkaskoversicherung.“
Weichen Autofahrer großen Tieren aus, muss die Versicherung auch zahlen, weil damit möglicherweise ein erheblicher Personen- oder Sachschaden vermieden werden kann. Allerdings muss der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer des Pkw beweisen, dass das Ausweichmanöver wegen eines Tieres und nicht aufgrund eines Fahrfehlers notwendig war – gut, wenn ein Mitfahrer anwesend ist.
Mittlerweile bieten viele Versicherer eine Erweiterung ihrer Verträge an. Über die Wildschadenklausel sind dann auch Schäden, die durch Kollision mit Tieren jeder Art versichert, also auch mit Kühen, Schafen oder Hunden.
Wann muss die Versicherung nicht zahlen?
Der Anspruch auf Versicherungsschutz erlischt, wenn der Fahrer zu schnell unterwegs war und der Unfall bei ordnungsgemäßer Fahrweise hätte vermieden werden können oder wenn er grob fahrlässig gehandelt hat, so die Rechtsexperten weiter. Die Beweislast hierfür liege aber beim Versicherer.
Wer kleineren Wildtieren wie zum Beispiel einem Dachs ausweicht und dabei verunglückt, hat ebenfalls keinen Anspruch auf Schadenersatz: Einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zufolge ist ein Ausweichmanöver in diesem Fall nicht angemessen, da bei einer Kollision kein großer Schaden am Auto zu erwarten sei (Az.: 15 U 256/92).
Laut der Rechtsanwaltskammer Koblenz sind Probleme bei der Schadensregulierung nach Wildunfällen keine Seltenheit. Denn der Geschädigte müsse beweisen, dass der Unfallschaden durch einen Zusammenstoß mit Haarwild entstanden ist oder nach einem Ausweichmanöver, weil ein größeres Wildtier auf der Straße stand.
Die Spuren nicht beseitigen, bevor die Versicherung den Schaden begutachten
Nach Wildunfällen sollten Autofahrer das Warnblinklicht einschalten, eine Warnweste anziehen und die Unfallstelle mit einem Warndreieck sichern. Der ADAC empfiehlt in jedem Fall die Polizei oder den Jäger zu informieren. Sie kommen zur Unfallstelle und stellen eine Wildunfallbescheinigung aus und erlösen gegebenenfalls ein verletztes Tier von seinem Leid. In vielen Bundesländern besteht sogar eine Meldepflicht.
Bei Wildunfällen sollte sich der Mensch unbedingt vom verletzten Tier fernhalten. Der Anblick des Menschen versetzt die Tiere zusätzlich in Panik. Außerdem besteht eine Verletzungsgefahr für den Menschen; beispielsweise durch das Schlagen der Tiere mit den Läufen.
Beseitigen Sie Blut- und Haarspuren am Fahrzeug nicht, bevor die Versicherung den Schaden begutachtet hat. So können Sie beweisen, dass tatsächlich mit einem Haarwild zusammengestoßen sind. Können Sie den Nachweis nicht erbringen, wird die Versicherung voraussichtlich nicht zahlen. (dpa/dmn)
Was bei einem Wildunfall zu tun ist in der Übersicht
Steht plötzlich ein Tier auf der Fahrbahn, heißt es abbremsen, abblenden und hupen. Ist ein Zusammenstoß unvermeidlich, bleibt nur noch: Lenkrad festhalten und Vollbremsung
Besonders bei Fahrten durch den Wald ist in der Dämmerung mit Wildwechsel zu rechnen. Nicht nur auf mit Warnschildern gekennzeichneten Straßenabschnitten gilt: Geschwindigkeit reduzieren und den Waldrand im Blick behalten. Wie stark die Geschwindigkeit Einfluss darauf hat, ob man rechtzeitig bremsen kann, zeigt diese Grafik.
Fernlicht anschalten: das Wild kann so früher entdeckt werden.
Tauchen Wildtiere am Straßenrand auf, sofort das Tempo reduzieren, denn eines kommt meist nicht allein.
Unkontrollierte Ausweichmanöver sollte man vermeiden, da sie nicht selten an einem Baum enden.
Nach einem Wildunfall muss die Warnblinkanlage einschaltet, das Warndreieck aufgestellt und die Polizei verständigt werden. Wie stark sich schon bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h das Aufprallgewicht eines Wildtieres erhöht, zeigt diese Grafik.
Die Polizei informiert den Revierinhaber, der das Tier von der Straße nimmt und eine Unfallbescheinigung für die Schadenregulierung mit der Kaskoversicherung ausstellt. Wild selbst mitzunehmen ist strafbar und wird als Wilderei mit Geld- oder Haftstrafe bis hin zur Beschlagnahme des Fahrzeugs geahndet.