Von Abo bis Sperre Von Abo bis Sperre: Zwölf wichtige Urteile rund ums Handy

Handy-Vertragskunden sollten vor Ablauf der Mindestlaufzeit gründlich prüfen, ob sich eine Verlängerung lohnt. Denn oft können sie bessere Konditionen erhalten. Darauf weist die Verbraucherzentrale Niedersachsen hin. Insbesondere Kunden, die vom Mobilfunkanbieter auch ein Smartphone bekommen haben, sollten in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) schauen.
Je nach Vertrag kann es vorkommen, dass nach Ablauf der zweijährigen Mindestvertragslaufzeit trotzdem weiter die gleiche Monatsgebühr fällig wird, obwohl das Handy abbezahlt ist, erklärt Brigitte Ahrens von der Verbraucherzentrale. „Hier lohnt es sich, die AGB genau zu lesen.“
Doch das ist nicht alles, worauf Handynutzer achten sollten. Wie haben die wichtigsten Urteile für Sie im Überblick:
1. Rutscht ein Prepaid-Guthabenkonto ins Minus, müssen Kunden unter Umständen zahlen.
Die Klausel in den AGB eines Mobilfunkanbieters, wonach das Prepaid-Guthabenkonto ins Minus rutschen kann und ein negativer Saldo vom Kunden unverzüglich auszugleichen ist, ist unter bestimmten Umständen zulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az.: I ZR 33/14).
Eine Nachzahlungspflicht kommt demnach für Roaming-Verbindungen, bei Verbindungen zu Premiumdiensten sowie über das Sprach- oder Datennetz in Anspruch genommenen Mehrwertdiensten in Betracht – und zwar dann, wenn der Verbraucher auf diese Rechtslage im Vertrag klar und unmissverständlich hingewiesen wurde. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte gegen zwei Mobilfunkanbieter geklagt.
Bei Prepaid-Tarifen zahlen Kunden Geld auf ein Guthabenkonto ein. Sobald das aufgebraucht ist, kann man bis zum erneuten Aufladen normalerweise nicht telefonieren oder simsen. „Kleinere Anbieter ohne eigenes Mobilfunknetz erhalten die Daten der Netzbetreiber aber oft zu spät“, sagte ein Sprecher der Verbraucherzentrale. So könne es zu einem Minusstand kommen.
2. Handynutzer dürfen nicht zur Kasse gebeten werden, wenn sie eine Zeit lang nicht telefonieren oder SMS verschicken.
So urteilte das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht. Eine „Nichtnutzergebühr“ benachteilige Kunden unangemessen: Für die Gebühr gebe es keine Gegenleistung. Außerdem verhalte sich der Kunde vertragstreu – dem Unternehmen entstehe kein Schaden. Auch eine „Pfandgebühr“ für zu spät zurückgeschickte, verbrauchte SIM-Karten ist unzulässig (Az.: 2 U 12/11). Es handele sich hierbei um einen pauschalen Schadensersatz, der den zu erwartenden Schaden aller Voraussicht nach übersteige.
3. Eine Rechnung allein ist kein Beweis: Mobilfunkanbieter müssen Datenverbindungen im Einzelnen belegen.
Eine Handy-Rechnung über die Nutzung von Internet über das Handy ist nicht berechtigt, wenn lediglich die Angabe der Zeiträume der Datenverbindungen erfolgt. Ein Provider hatte seinem Kunden rund 1800 Euro für die Daten-Nutzung in Rechnung gestellt, inklusive Kosten für vorzeitige Kündigung, Schadenersatz und Mahngebühren. Doch das Landgericht Arnsberg entschied zugunsten des Handynutzers (Az.: 3 S 155/10). Nur 3,83 Euro für nachgewiesene Telefonate und SMS wurden dem Anbieter zugesprochen.
Aus Versehen ins Internet oder teure Gespräche vom Diensthandy: Mehr Urteile gibt es auf der nächsten Seite.
4. Eltern von Minderjährigen tragen nicht immer alle Kosten, wenn die Kinder mit dem Mobiltelefon Mist bauen.
Wenn der Minderjährige ein teures Klingelton-Abo abonniert, kommt es auf den Fall an. Wird die Rechnung monatelang bezahlt, könnte der Anbieter davon ausgehen, dass die Eltern das Abo billigen. Deshalb haben sie keinen Anspruch auf eine Rückzahlung. So urteilte das Amtsgericht Berlin-Mitte (Az.: 15 C 423/08).
Allerdings hatte der Vater in dem Fall die hohe Rechnung frühzeitig bemerkt, Widerspruch eingelegt und glaubhaft klar gemacht, dass er seiner Tochter das Abo nicht erlaubt habe. Er musste nicht zahlen: Der Klingelton-Anbieter dürfe nicht annehmen, der Vater dulde das Handeln seiner Tochter, so die Amtsrichter.
5. Wer versehentlich mit dem Handy ins Internet geht, muss nicht immer zahlen.
Wenn sich ein Handy vom Besitzer unbemerkt ins Internet einwählt, kann das sehr teuer werden. Laut einem Urteil des Amtsgerichts Hamburg musste ein Kunde die Rechnung von 1200 Euro nicht zahlen. Denn der Provider hatte ihn nicht ausreichend darüber informiert, dass es eine GPRS-Funktion gibt (Az.: 14 C 16/11). Die Richter befanden, dass Käufer und Anbieter keine vertragliche Regelung über die Nutzung eines solchen Tarifs geschlossen hätten.
6. Automatisch aufladen: Prepaid-Nutzer müssen auf die Gefahr hoher Kosten hingewiesen werden.
Viele Kunden nutzen die Funktion, ihre Prepaid-Karte automatisch aufzuladen. Allerdings müssen sie dabei auf die Gefahr hoher Kosten hingewiesen werden. Zudem muss der Zeitpunkt der automatischen Aufladung per E-Mail oder via SMS bekannt gegeben werden. So lautet ein Urteil des Kammergerichts Berlin (Az.: 22 U 207/11). In dem Fall sollte ein Handynutzer angefallene Telefongebühren in Höhe von rund 14.700 Euro zahlen – er wehrte sich erfolgreich.
7. Ständige und teure Privatgespräche mit dem Diensthandy können zur Kündigung führen.
In nur vier Monaten hatte der Außendienstmitarbeiter einer Bank für rund 1700 Euro privat mit dem Diensthandy telefoniert. Gegen die Kündigung ohne Abmahnung wehrte sich der Mann: Privatgespräche vom Dienstanschluss seien nicht untersagt, auch Kollegen würden privat telefonieren. Das Landesarbeitsgericht Hessen wies seine Klage ab: Die Bank habe private Gespräche nur im geringen Umfang dulden wollen. Der Mitarbeiter habe vertragswidrig gehandelt. (Az.: 5 Sa 1299/04).
Telefonierende Diebe und Smartphone-Nutzung im Auto: Mehr Urteile gibt es auf der nächsten Seite.
8. Wenn Handy-Diebe telefonieren, zahlt nicht immer der bestohlene Besitzer.
Alptraumhafte Telefonrechnung: Rund 7600 Euro hatte der iPhone-Dieb vertelefoniert. Ein zusätzlicher Schreck für die Telekom-Kundin, das teure Handy war ihr direkt nach dem Kauf samt SIM-Karte und Vertragsunterlagen gestohlen worden. Zahlen muss sie den Betrag aber nicht, urteilte das Landgericht Berlin (Az.: 9 O 177/12). Denn es sei unklar, wie die SIM-Karte aktiviert wurde – und auch der Einzelverbindungsnachweis der Telekom blieb unplausibel.
9. Mobilfunkanbieter dürfen nicht ohne Vorwarnung den Netzzugang sperren, wenn Kunden mit Gebühren im Rückstand sind.
Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Vielmehr müsse der Kunde rechtzeitig informiert werden (Az.: III ZR 157/10). Und noch ein Fall: Ein anderer Anbieter hatte in seine AGBs geschrieben, dass er den Anschluss auf Kundenkosten sperren darf, wenn dieser ihm mindestens 15,50 Euro schuldet. Der BGH erklärte die Klausel für unwirksam. Im Mobilfunk gelten nun die gleichen Mindest-Schulden wie beim Festnetz: 75 Euro (Az.: III ZR 35/10).
10. und 11. Ein Handy darf im Auto nicht benutzt werden – man darf es nur in die Hand nehmen, um es von einem Platz auf einen anderen zu legen.
Wer mit dem Gerät in der Hand telefoniert oder dessen Navi-Funktion bedient, verstößt gegen die Straßenverkehrsordnung. Auch darf der Autofahrer kein Gespräch wegdrücken. Das Oberlandesgericht Köln hat dies Anfang 2012 klargestellt (Az.: III-1 RBs 39/12). Wenn Sie keine Freisprechanlage haben: Lassen Sie es besser klingeln!
Das Handyverbot am Steuer gilt übrigens nicht nur fürs Telefonieren, sondern auch für das Navi. So lautet ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az.: III-5 RBs 11/13). Ein 29-Jähriger hatte sich 40 Euro Bußgeld eingehandelt, weil er während der Fahrt ein Handy in der Hand gehalten und etwas eingetippt hatte.
12. Für private Telefonate während der Arbeitszeit gilt nicht immer der gesetzliche Unfallschutz.
Das hat das hessische Landessozialgericht in Darmstadt entschieden. Mit dem Urteil wiesen die Richter die Klage eines Lagerarbeiters aus Wiesbaden gegen seine Berufsgenossenschaft ab (Az.: L 3 U 33/11). Der Mann hatte nach Angaben des Gerichts an einer Laderampe zwei bis drei Minuten lang über Handy mit seiner Frau telefoniert.
Auf dem Weg zurück an seinen Arbeitsplatz in einer Halle blieb der 45-Jährige an einem Winkel an der Rampe hängen. Den dabei erlittenen Kreuzbandriss wollte er als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Die Berufsgenossenschaft lehnte das ab und bekam nun auch in zweiter Instanz recht. (gs/dpa)

