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Versicherung Versicherung: Damit im Schadensfall auch Geld fließt

Von Bärbel Böttcher 19.06.2017, 11:00
Ein Brand ist der Albtraum schlechthin. Wie in anderen Schadensfällen steht die Frage - zahlt die Versicherung?
Ein Brand ist der Albtraum schlechthin. Wie in anderen Schadensfällen steht die Frage - zahlt die Versicherung?  Illustration : Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Ganz gleich ob ein Brand dem Haus zugesetzt hat, ein riesiger Wasserschaden entstanden ist oder Diebe in die Wohnung eingedrungen sind - der Schreck ist groß. Und nach der ersten Aufregung geht es dann um die Frage: Zahlt die Versicherung?

„Im überwiegenden Teil aller Fälle verläuft die Regulierung des Schadens weitgehend reibungslos“, sagt Versicherungsberater Sören Behrens. Aber natürlich gebe es auch immer wieder Problemfälle. „Wenn es zum Streit mit der Versicherung kommt“, so seine Erfahrung, „dann liegt das oft daran, dass die Betroffenen die falschen vertraglichen Vereinbarungen haben.“ Der Versicherer habe eine Leistung versprochen, aber der Schadensfall passe nicht in diese Schablone. Er empfiehlt deshalb, vor Vertragsabschluss das individuelle Risiko umfassend zu analysieren, um dann auf dem Versicherungsmarkt nach dem richtigen Anbieter zu suchen. Hier können unter anderem Vergleichsportale im Internet helfen. Behrens verweist darauf, dass die Preise für Verträge bei adäquaten Versicherungsbedingungen sehr weit differieren.

Damit die Versicherung zahlt, muss schon bei Abschluss der Verträge einiges beachtet werden

Für besonders wichtig hält er es, auf verschiedene Klauseln im Versicherungsvertrag zu achten. Er nennt zum Beispiel die sogenannte Repräsentantenklausel in der Haftpflicht- und Sachversicherung. Ursprünglich für Unternehmen gedacht, gibt es diese seit kurzem auch für Privathaushalte. „Mit ihr wird sichergestellt, dass grob fahrlässiges Verhalten, das zu einem Schaden führt, nur dann den Verlust des Versicherungsschutzes nach sich zieht, wenn der Versicherungsnehmer - also der vertraglich bestimmte Repräsentant - selbst dafür verantwortlich ist“, erklärt er. Anders ausgedrückt: Hat der Besuch oder ein Familienmitglied das Haus durch grobe Fahrlässigkeit in Brand gesteckt, greift der Versicherungsschutz trotzdem. „Im Ernstfall kann das den Unterschied zwischen allem oder nichts ausmachen“, betont Behrens.

Wichtig sei auch eine sogenannte Unterversicherungsverzichtserklärung des Versicherers. Das heißt, dass trotz gegebenenfalls vorliegender Unterversicherung im Schadensfall die im Versicherungsvertrag vereinbarte Summe ausgezahlt wird.

Für ratsam hält der Experte es außerdem, in einen Versicherungsvertrag für Wohngebäude, Hausrat oder Kraftfahrzeuge ein Sachverständigenverfahren einzuschließen. Das heißt, dass ab einer bestimmten Schadenshöhe ein unabhängiger Gutachter eingeschaltet werden kann - auf Kosten der Versicherung. Dies erweise sich als nützlich, wenn es über die Entschädigungshöhe zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer unterschiedliche Ansichten gibt. Der Versicherungsberater erzählt von einem Fall aus seiner langjährigen Praxis: Nach einem größeren Leitungswasserschaden habe der Regulierungsbeauftragte eines Versicherers durch einen (seinen) Sachverständigen eine Schadenshöhe von 20.000 Euro festgestellt. „Er wollte diese Summe in einem Schadenfeststellungsvertrag festschreiben. Doch nach einem Sachverständigenverfahren stellte der von mir eingeschaltete Sachverständige fest, dass der Schaden mehr als 100.000 Euro betrug. In dieser Höhe wurde letztendlich auch entschädigt“, fügt er hinzu.

„Wichtig ist es zudem, dass derjenige, der einen Versicherungsvertrag abschließen möchte, alle ihm gestellten Fragen wahrheitsgemäß beantwortet“, unterstreicht Behrens. Werde er beispielsweise zu Vorschäden am Haus gefragt, so sei es dringend angeraten, diese nicht zu verschweigen. Vorvertragliche Anzeigepflicht heißt dafür das Fachwort. „Aufgrund der lückenlosen Arbeit der Informationssysteme der Versicherungen, wird eine Verletzung dieser Anzeigepflicht oft schnell erkannt und gibt somit dem Versicherer die Möglichkeit, die Leistung vollständig zu versagen“, betont er.

Wie verhält sich der Versicherte im Schadensfall richtig?

Die richtige Darstellung in der Schadensmeldung ist dann auch das A und O im Schadensfall. „Abgesehen davon, dass ein Schaden unverzüglich - in der Regel innerhalb von zwei bis drei Arbeitstagen- gemeldet werden muss, sollte der Betroffene genau überlegen, was er dem Versicherer mitteilt“, sagt Behrens. Denn das sei letztlich Grundlage für die Schadensbearbeitung.

Oftmals würden vom Geschädigten subjektiv Dinge beschrieben, die so, wie sie sich auf den ersten Blick darstellen, gar nicht gewesen sind. Wie kam der Dieb ins Haus? Wie ist der Unfall passiert? Wo ist Wasser ausgetreten und aus welchem Grund? Da könne der Geschädigte - auch unbewusst - falsch liegen. Die folgende Aussage sei oftmals am dichtesten an der Wahrheit: Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Wer jedoch bei der Unwahrheit ertappt wird, der verliere seinen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag. „Die Versicherer haben nämlich alle Zeit und auch die finanziellen Ressourcen, die bewusst unwahren Angaben nachzuweisen“, sagt Behrens.

Ein Fehler sei es auch, Belege zu manipulieren, weil der Versicherer - etwa nach einem Einbruch - einen Nachweis für den eingetretenen Schaden verlangt. Es sei seit vielen Jahren höchst richterlich entschieden, dass Anschaffungsbelege nicht aufbewahrt werden müssten, sagt der Versicherungsberater. Dennoch sei das Beweisproblem gerade im Bereich der Einbruch-/Diebstahlversicherung ein Problemfeld. „Besonders wenn es um höhere Summen geht, muss der Versicherungsnehmer nicht nur den Nachweis erbringen, dass sich der entwendete Gegenstand in seinem Besitz befand, sondern auch, dass er sich am Tage des Schadens am Versicherungsort befunden hat“, sagt Sören Behrens. Dieser Beweis sei nur sehr schwer zu führen. Daher empfehle es sich, von wertvollem Besitz eine Mappe/Datei mit Fotos und Beschreibungen anzulegen und diese außerhalb der Wohnung, bei Verwandten oder zum Beispiel in einem Schließfach aufzubewahren. Das gelte nicht nur für wertvolle Gemälde, sondern auch für die Werkstattecke im Keller, wo unter anderem die relativ teure Bohrmaschine liegt.

Beweise zu sichern, das steht auch bei Sachschäden an erster Stelle. „Das heißt, Fotos, Fotos, Fotos - aus allen Himmelsrichtungen“, sagt Behrens. Dann könne auch eine Notreparatur eingeleitet werden, so dass der Versicherer immer noch die Möglichkeit habe, den Schaden selbst in Augenschein zu nehmen. „Ist der Schaden sehr hoch und das Haus beispielsweise nicht mehr bewohnbar, dann sollte der Geschädigte darauf dringen, dass sich der Versicherer schnell der Sache annimmt“, sagt der Berater. Komme es dann zum Zusammentreffen mit einem Beauftragten des Versicherers, sei unbedingt davon abzuraten, sofort einen Entschädigungsfeststellungs- oder Schadensfeststellungsvertrag zu unterschreiben. Brand- oder ausgedehnte Leitungswasserschäden abschließend zu beurteilen, sei schwer möglich. Das könnten nur Sachverständige - oft auch erst nach langwierigen Untersuchungen. Hier sei es angeraten, sich einen Versicherungsberater oder Fachanwalt an die Seite zu holen.

Wer die Versicherung zu oft bemüht, der muss damit rechnen, dass ihm der Vertrag gekündigt wird, „Es ist äußerst schwierig, dann einen neuen Versicherungsvertrag abschließen zu können“, sagt Behrens. Der Betreffende gelte als sogenannter Sanierungsfall. Und als solcher bekäme er oft nur einen Vertrag mit hoher Selbstbeteiligung im Schadensfall oder eingeschränktem Gefahrenkatalog. „In der Regel jedoch ist er für fünf Jahre ohne Versicherungsschutz“, fügt der Berater hinzu. Nach fünf Jahren werde oft nicht mehr nach Vorschäden gefragt.

Wer Ärger also Ärger vermeiden will, für den sollte gelten: Nicht nur vor, sondern auch nach dem Schaden klug zu handeln.

Keine Provision:

Bundesweit  gibt es etwa 80 Versicherungsberater. In Sachsen-Anhalt ist Sören Behrens der Einzige. Versicherungsberater darf sich nur nennen, wer eine Zulassung nach Paragraf 34e Absatz 1 der Gewerbeordnung hat. Diese Zulassung berechtigt dazu, einen     Kunden im Versicherungsrecht außergerichtlich   zu vertreten. Oft  erfolgt  eine Beratung vor  Vertragsabschluss.

Versicherungsberatung ist unabhängig. Es besteht kein finanzielles Interesse, eine Versicherung zu verkaufen oder zu vermitteln. Die Vergütung erfolgt auf Honorarbasis.

Versicherungsberater  sind keine Versicherungsvertreter oder -makler. Sie dürfen  keine vertragliche Verbindung zu einem Versicherungsunternehmen oder -vermittler eingehen. Auch die Annahme von Provisionen oder Courtagen ist ihnen gesetzlich untersagt. Dies soll sicherstellen, dass keine verkaufsorientierte Beratung stattfindet.