Tabuthema Einkommen Tabuthema Einkommen: Darf man mit Kollegen über das Gehalt sprechen?

Über das Gehalt spricht man nicht. An diesen Grundsatz halten sich die meisten Mitarbeiter. Doch dabei ist es – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – nach dem Arbeitsrecht durchaus zulässig, mit den Kollegen über das Gehalt zu sprechen. Das gilt sogar, wenn dies eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag verbietet.
Geheimhaltungsklauseln im Arbeitsvertrag
In vielen Arbeitsverträgen sind Regelungen enthalten, die den Arbeitnehmer zur Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen verpflichten. Allerdings sind diese Klauseln in vielen Fällen, was das Gehalt angeht, oft unwirksam. Entscheidend ist, ob durch die Weitergabe von Gehaltsinformationen die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird.
Ausnahmsweise Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis
Das Gehalt kann also unter bestimmten Umständen ein Geschäftsgeheimnis sein, für das die Stillschweigepflicht gilt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung von Gehaltsdaten durch den Betriebsrat eines Unternehmens für unzulässig erachtet. Denn im konkreten Fall konnte der Arbeitgeber vor Gericht nachweisen, dass seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wird.
Entscheidend war, dass die Gehaltsdaten in dem Fall in die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Unternehmens einflossen und daher in Hinblick auf Umsätze und Gewinnmöglichkeiten ein Geschäftsgeheimnis darstellten, für das die Verschwiegenheitspflicht gilt (Az.: 6 ABR 46/84).
Gehaltsgespräch als Informationsgrundlage
Auf den einzelnen Arbeitnehmer lassen sich diese Grundsätze – ausgenommen vielleicht von besonders hochbezahlten Führungskräften – jedoch nicht übertragen. Denn selbst wenn im Arbeitsvertrag eine Klausel das Stillschweigen über das Gehalt anordnet, besteht meist diesbezüglich keine Pflicht zur Geheimhaltung. Schließlich gilt im Arbeitsleben der Grundsatz der Gleichbehandlung. Oft lässt sich nur mit einem Plausch unter Kollegen herausfinden, ob man auch angemessen bezahlt wird.
Benachteiligung durch Arbeitsvertragsklauseln
Kann ein Beschäftigter also nur über ein kollegiales Gehaltsgespräch herausfinden, ob bei ihm Gleichbehandlung gewahrt ist, sind entsprechende Klauseln im Arbeitsvertrag in aller Regel unwirksam. Denn sie benachteiligen den Arbeitnehmer gemäß § 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unangemessen. Und an eine unwirksame Klausel muss man sich nicht halten.
Zudem verstößt diese auch meist gegen die Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Das hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Mecklenburg-Vorpommern bestätigt (Az.: 2 Sa 237/09).
Rechtliches für Gehaltsverhandlungen
Nach dem Gehaltsvergleich kann man sich entscheiden, ob man in Gehaltsverhandlungen geht. Übrigens: Auch wenn im Unternehmen ein Tarifvertrag gilt, kann man durchaus einen Versuch beim Chef wagen. In vielen Tarifverträgen sind Ausnahmen für besondere Leistungen enthalten. Grundsätzlich gilt: Auf ein Gehaltsgespräch mit dem Chef sollte man sich stets gut vorbereiten und mit Argumenten überzeugen.
Wenn einem der Job lieb ist, gilt es dabei stets freundlich und empathisch zu reagieren. Schlimmstenfalls erhält man eine Absage. Dann kann man immer noch nach einer gewissen Zeit einen erneuten Versuch starten. Hat man Erfolg und bekommt ein Plus zugesagt, sollte man sich dies schriftlich bestätigen lassen.
Gastautorin Esther Wellhöfer ist Redakteurin bei anwalt.de.

