Vermögen, Pflegegeld, Erbschaften Regeln bei Hartz IV-Bezug: Experten erklären, welche Finanzen ich offen legen muss und wo es Grenzen gibt

Halle (Saale) - Freibeträge für Vermögen, Pflegegeld für die Betreuung eines Familienangehörigen oder eine Erbschaft - Experten haben Auskunft gegeben, was einem Bezieher von Hartz IV zusteht:
Auswirkung von Pflegegeld und Rentenpunkten
Frage von André H. aus Quedlinburg: Meine Frau bezieht Arbeitslosengeld II (Alg II). Gemeinsam mit ihrer Schwester pflegt sie ihre Mutter. Wie verhält es sich mit dem Pflegegeld, das sie von der Pflegekasse bekommt? Wirkt es sich auf den Hartz-IV-Bezug aus?
Expertenantwort: Nein, das Geld, das Ihre Frau von der Pflegekasse für die Pflege ihrer Mutter erhält, wird nicht auf ihren Alg-II-Bezug angerechnet. Sie bekommt die Leistung in bisheriger Höhe weiter. Pflegegeld gilt als privilegiertes Einkommen und wird nach Sozialgesetzbuch (SGB) II, Paragraf 11a, Absatz 3 nicht auf den Regelbedarf angerechnet. Wichtig ist, dass Ihre Frau dem Jobcenter beziehungsweise ihrer Vermittlerin mitteilt, ab wann Sie die Pflege übernimmt und somit nicht mehr für die Vermittlung in eine Vollzeitbeschäftigung in Betracht kommt.
Jutta P., Bernburg fragte: Für die Pflege meiner Mutter erhalte ich Pflegegeld. Es wird nicht auf meinen Alg-II-Bezug angerechnet. Wie verhält es sich, wenn ich das Pflegegeld an meine bei uns wohnende 14-jährige Tochter weitergebe? Geht das zu ihren Lasten?
Expertenantwort: Nein, Sie allein entscheiden, wie Sie das erhaltene Pflegegeld einsetzen. Sie können sich beispielsweise etwas dafür kaufen oder es Ihrer Tochter geben. Über die Pflegekasse erhaltenes Pflegegeld gilt als privilegiertes Einkommen. Es wird generell nicht auf Regelbedarfe angerechnet, auch nicht auf den Ihrer Tochter.
Daniela M., Mansfelder Land: Meine Tante hat Pflegegrad zwei. Ich pflege sie, erhalte aber kein Pflegegeld. Für die Pflegezeit werden mir von der Pflegekasse Rentenpunkte gut geschrieben. Muss ich diese beim Jobcenter angeben?
Expertenantwort: Da Sie ausschließlich Hartz-IV-Leistungen vom Jobcenter bekommen, brauchen Sie das nicht zu melden. Rentenpunkte sind für den Alg-II-Bezug nicht relevant.
Wie groß darf eine Wohnung sein?
Anja K. aus dem Saalekreis fragt: Ich möchte von Angersdorf nach Halle ziehen. Bis zu welcher Höhe wird die Miete vom Jobcenter übernommen? Wie verhält es sich mit der Wohnungsgröße? Ich bin alleinstehend.
Expertenantwort: Grundsätzlich gelten für die Bewilligung der Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) sogenannte Angemessenheitsgrenzen. Diese variieren von Stadt zu Stadt und in den Landkreisen. Die angemessene Wohnungsgröße für eine Person in Halle beträgt 50 Quadratmeter. Vom Jobcenter getragen werden in Halle eine angemessene Kaltmiete bis maximal 255,50 Euro, Betriebskosten bis 63,50 Euro und Heizkosten bis 91,50 Euro. Die Bruttokaltmiete sollte also maximal 319 Euro betragen, die maximale Warmmiete 410,50 Euro.
Tatjana L., Burgenlandkreismöchte wissen: Ich beziehe Hartz IV und möchte aus meiner Einraum- in eine Zweiraumwohnung ziehen. Die Miete würde von 210 auf 330 Euro steigen. Das Jobcenter hat den Antrag auf Umzug mehrmals abgelehnt. Was ist, wenn ich die Kostendifferenz selbst aufbringe? Kann man mir dem Umzug wirklich verbieten?
Expertenantwort: Grundsätzlich liegt die Entscheidung eines Umzugs bei Ihnen. Auch das Jobcenter kann Ihnen dies nicht verbieten. Allerdings gelten für die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung die entsprechenden Angemessenheitsgrenzen Ihrer Gemeinde. Darüber muss das Jobcenter Sie auch aufklären. Bitten Sie also darum, dass Sie Einblick bekommen in die für Ihren Ort geltenden Tabellen mit den angemessenen Wohnungsgrößen und Miethöhen. Ist eine Wohnung zu teuer, gilt in der Regel: Das Jobcenter übernimmt die Kosten im Rahmen der Angemessenheitsgrenze und Sie als Leistungsbezieher zahlen die Differenz selbst. Da Ihr Antrag bereits mehrfach abgelehnt wurde, sollten Sie einen Überprüfungsantrag nach Paragraf 44 SGB X stellen. Als nächster Schritt bleibt Ihnen nur ein Widerspruchsverfahren und gegebenenfalls anschließend eine Klage vor dem Sozialgericht.
Regeln für Vermögen, Erbschaft und Versicherung
Karin M., Zeitz fragt: Wie viel Vermögen darf man haben, damit es bei einem Hartz-IV-Bezug unangetastet bleibt?
Expertenantwort: Alle vor dem 1. Januar 1958 Geborenen haben einen Vermögensfreibetrag von 150 Euro pro vollendetem Lebensjahr, allerdings nur bis maximal 9.750 Euro. Außerdem gibt es einen einmaligen Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 Euro. Lebensversicherungen sind von der Verwertung ausgeschlossen, wenn darin der Verwertungsausschluss bis zum Eintritt in die Altersrente vertraglich vereinbart wurde. Zusätzlich ist das geförderte Vermögen in der Riesterrente geschützt. Die Freibeträge gelten in einer Bedarfsgemeinschaft (Ehepaar) jeweils für beide Partner.
Gerd H. aus Wittenberg möchte wissen: Stimmt es, dass bei Hartz IV für einzelne Jahrgänge unterschiedliche Vermögensfreibeträge gelten?
Expertenantwort: Ja, bei den Vermögensfreibeträgen gelten je nach Geburtsjahrgang unterschiedliche Obergrenzen. Generell gilt eine Vermögensfreigrenze von 150 Euro pro Lebensjahr pro Person der Bedarfsgemeinschaft. Alles weitere muss individuell berechnet werden.
Frage von Verena D. aus Eisleben: Ich bin 63 Jahre alt und erhalte seit eineinhalb Jahren Alg II. Aus einer Erbschaft bekomme ich jetzt eine größere Geldsumme. Fällt sie in meinen Vermögensfreibetrag?
Expertenantwort: Nein. Der Ihnen aus der Erbschaft zufließende Betrag zählt als Einkommen und wird auf Ihren Leistungsbezug angerechnet. Als Vermögen gilt nur das, was bei Antragstellung auf Alg II als Geldwert vorhanden war. Beträge, die während des Alg-II-Bezuges zufließen, gelten immer als anrechenbares Einkommen.
Lore W. aus Anhalt-Bitterfeld fragt: Ich bin 63 Jahre alt und beziehe ab nächstem Monat Alg II. In dem darauffolgenden Monat bekomme ich meine Lebensversicherung von rund 6.000 Euro ausgezahlt. Muss ich befürchten, dass diese mir als Einkommen auf meinen Leistungsbezug angerechnet wird?
Expertenantwort: All das, was vor Ihrer Antragstellung auf Hartz IV vorhanden war, gilt als Vermögen. Insofern wird auch die Auszahlung aus Ihrer Lebensversicherung Ihrem Vermögen zugerechnet, nicht dem Einkommen. Wenn Sie damit Ihre Vermögensfreigrenze nicht überschreiten, erfolgt keine Anrechnung. Da Sie 1956 geboren wurden, beträgt Ihr Vermögensfreibetrag maximal 9 750 Euro. Liegen keine weiteren Vermögenswerte vor, bleiben Sie mit den 6 000 Euro im Freigrenzbetrag.
Sabine G. aus Mansfeld-Südharz fragt: Ich bin Mitte 30 und in Hartz IV gerutscht. Nun verlangt das Jobcenter, dass ich meine Berufsunfähigkeitsversicherung kündige, mit der Begründung, ich würde ja nicht mehr arbeiten. Allerdings spare ich mit der Versicherung auch Geld an, das mir - wenn kein Versicherungsfall eintritt - mit 60 Jahren ausgezahlt wird. Was soll ich tun?
Expertenantwort: Nach Ihrer Schilderung handelt es sich bei dem Sparvertrag um eine Art Altersvorsorge. Wenn dieser so gestaltet ist, dass er einen Verwertungsausschluss vor dem Eintritt in die Altersrente einschließt, ist er geschützt. Enthält Ihr Vertrag keinen Verwertungsausschluss, gilt das Geld jedoch tatsächlich als verwertbares Vermögen und eine Kündigung von Ihnen zu verlangen, wäre rechtens. Wichtig: Ein Verwertungsausschluss in der Altersvorsorge kann auch nachträglich noch vereinbart werden. Die Jobcenter sind sogar dazu angehalten, die Antragsteller zu diesem Thema zu beraten.
Heiner T. aus dem Burgenlandkreis möchte wissen: Inwieweit würde eine Erbschaft von 20.000 Euro auf meinen Alg-II-Bezug angerechnet?
Expertenantwort: Bei laufendem Alg-II-Bezug zählt die Erbschaft in dem Monat des Zuflusses als Einkommen und muss auf den Bedarf angerechnet werden. Damit fallen Sie ab diesem Monat aus dem Bezug des Alg II heraus, da Ihr Einkommen höher ist als Ihr monatlicher Bedarf. Nach Paragraf 11 Absatz 3 SGB II ist deshalb das Erbe, sprich die einmalige Einnahme, auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit dem entsprechenden Teilbetrag von 3 333 Euro
(20.000 geteilt durch sechs) zu berücksichtigen. Da das Einkommen damit in dieser Zeit den monatlichen Bedarf übersteigt, haben Sie keinen Anspruch auf Alg II. Sofern Sie nach Ablauf des halben Jahres erneut einen Antrag auf Alg II stellen, wird das noch vorhandene Geld jetzt als Vermögen berücksichtigt. Für Vermögenswerte gelten Freibeträge, so dass Sie gegebenenfalls erneut Anspruch auf Alg II haben könnten. Beachten Sie: In den Monaten, in denen Sie kein Alg II beziehen, müssen Sie sich freiwillig krankenversichern, wenn eine Familienversicherung nicht möglich ist.
Frage von Manuela R. aus dem Saalekreis: Bei laufendem Alg-II-Bezug wird doch ein Erbe als Einkommen auf sechs Monate aufgeteilt. Was passiert danach? Erhalte ich wieder Alg II, auch wenn noch ein höherer Restbetrag vorhanden ist?
Expertenantwort: Das Restvermögen aus der Erbschaft gilt nach Ablauf der sechs Monate nicht mehr als Einkommen. Es wird bei einem erneuten Antrag auf Alg II Ihrem Vermögen zugerechnet. Sollte ein Betrag über Ihrer individuellen Vermögensfreigrenze noch vorhanden sein, würde ermittelt werden, wie lange dieser Betrag zur Deckung Ihres Lebensunterhaltes ausreichen würde. Für diesen Zeitraum würde eine Ablehnung des Antrags erfolgen. Für die Zeit danach bestünde wieder Anspruch auf Alg-II-Leistungen, soweit die weiteren Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Gegebenenfalls sollten Sie prüfen, inwieweit der Restbetrag auch als besonders geschützte Altersvorsorge angelegt werden könnte.
Befristete Zahlung ist auch möglich?
Katarina L. aus Dessau-Roßlau fragte: Bisher wurde mir mein Alg-II-Bescheid immer für ein Jahr ausgestellt. Diesmal wurde mir die Leistung nur für ein halbes Jahr bewilligt. Ist das rechtens?
Expertenantwort: Ist eine Leistungsbewilligung nur vorläufig erfolgt, gilt sie grundsätzlich auch nur für den angegebenen Zeitraum. In der Regel allerdings werden die Leistungen für Hartz IV für ein Jahr bewilligt. Es ist aber auch möglich, von diesem Zeitraum abzuweichen. Insofern sollten Sie einen Weiterbewilligungsantrag stellen. Meist schicken die Jobcenter entsprechende Formulare rechtzeitig vor Ablauf der Befristung zu.
(Kornelia Noack und Dorothea Reinert notierten Fragen und Antworten.)