Köder im Internet Köder im Internet: Abo-Fallen im Netz noch nicht komplett gebannt

Halle (Saale)/DMN. - Millionen Internetnutzer sind schon einmal in eine Abo-Falle getappt. Als Köder werden häufig „Gratis“-Leistungen wie SMS-Versand, IQ-Tests oder Software eingesetzt. Auch Warenproben oder ein angeblicher Fabrikeinkauf verlocken zum Anklicken. Die Interessenten werden meist aufgefordert, ihre persönlichen Daten wie Name, Anschrift, Geburtsdatum und E-Mail anzugeben.
In diesen Fällen heißt es, sehr aufmerksam zu sein. „Verbraucher sollten die Seite immer bis zum Ende lesen und auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) achten“, empfiehlt Rechtsanwalt Dr. Holger Grünewald von Roland Rechtsschutz. Denn sonst landen sie schnell in einem ungewollten Vertrag - und werden mit Zahlungsaufforderungen bombardiert.
Schlupfloch Business-Plattform
Zwar hat der Gesetzgeber durch die „Button-Lösung“ das Risiko solcher Abo-Fallen gemindert: Seit dem 1. August 2012 müssen Verbraucher vor einem Kauf durch einen Button darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine Leistung kostenpflichtig ist. Allerdings umgehen Betrüger das Gesetz mit Business-Portalen. Der Vertrag wird dabei vordergründig zwischen Geschäftsleuten geschlossen. „Durch das Anklicken eines Angebots erklärt der Verbraucher dann, dass er Unternehmer sei. Für Geschäfte zwischen zwei Unternehmern gilt die Button-Lösung nämlich nicht“, erklärt Grünewald.
Ob Spiele, Klingeltöne oder Wallpaper - viele Handy-Extras werden fast nur im Abo verkauft. Nach dem Vertragsschluss werden die Gebühren regelmäßig über die Handyrechnung abgebucht. Häufig ist dem Nutzer nicht einmal genau bekannt, bei welchem Anbieter er das Abo abgeschlossen hat. Geschweige denn, wie und wo er es wieder kündigen kann.
Chats, Flirtlines, Klingeltöne - die so genannten Premium-Nachrichtendienste zielen auf einsame und leichtgläubige Menschen ab. Unlautere Werbung für die teuren Kurznummern kann aber jeden treffen. Wer sie bekommt, muss den Inhaber der Nummer ermitteln, zum Beispiel über die Online-Suchfunktion von T-Mobile. Hat man den Anbieter, sollte man dort die Herausgabe der ladungsfähigen Geschäftsanschrift fordern und sich beschweren. Wenden Sie sich bei Rufnummern-Missbrauch auch an die Bundesnetzagentur.
Sind Sie in die Falle getappt, speichern Sie die Werbe-SMS ab, nehmen Sie sich einen Anwalt und erstatten Sie Strafanzeige. Informieren Sie auch die Wettbewerbszentrale und Ihren Handy-Provider über den Fall. Hier können Sie auch den strittigen Gebühren unter Angabe des Aktenzeichens der Strafanzeige widersprechen. Wenn man nicht über den Preis informiert bzw. über den Vertragsinhalt getäuscht wurde, ist der Vertrag anfechtbar. Gleiches gilt, wenn das Angebot ohne Zustimmung oder gegen Ihren Willen von Ihrem minderjährigen Kind in Anspruch genommen wurde.
Auch Smartphone-Nutzer müssen bei möglichen Abo-Fallen wachsam sein. Laden sie kostenlose Apps herunter, tappen sie womöglich in eine Abo-Falle. „Meistens geschieht das durch den Klick auf ein Werbebanner, das aufgeht, wenn die App geöffnet wird und weder Laufzeit noch Preis des Abos anzeigt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Holger Grünewald. Hierbei komme zwar kein wirksamer Vertrag zustande, dennoch werden fiktive Abo-Kosten abgerechnet.
„Betroffene sollten die Kosten beim Mobilfunkanbieter melden und das Geld zurückfordern“, rät Rechtsanwalt Grünewald. Auch kann eine Sperre dieses ungewünschten Abo-Dienstes beantragt werden. Den unstrittigen Teil der Rechnung sollten die Kunden allerdings bezahlen, damit der Anschluss nicht gesperrt wird. Schon vorbeugend sollten Smartphone-Nutzer die Abrechnung von Drittanbietern über die Handyrechnung sperren lassen. Diesen Service müssen Mobilfunkanbieter kostenfrei anbieten.
Besonders heikel: In diesem Fall gilt auch kein 14-tägiges Widerrufsrecht, das die User schützt. Wer als Business- oder Privatkunde auf einem geschäftlichen Portal in die Falle getappt ist, sollte schnell einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale informieren und sich dort Rat holen. Kann der Kunde nachweisen, dass er kein Unternehmer ist, muss er vermutlich nicht zahlen. So hat etwa das Landgericht Bochum zugunsten des geneppten Klägers entschieden (Az. 47 C 59/12). Auch Gewerbetreibende, die sich für rein private Käufe angemeldet haben, können ohne Zahlung davon kommen.
Anfechten und nicht zahlen
Verbraucher, die auf ein Abo hereingefallen sind, haben schnell unerwünschte Rechnungen im Briefkasten. Verbraucherschützer empfehlen, dem Vertrag und der Forderung zu widersprechen und nicht zu zahlen. „Wer den Betrag begleicht, erkennt die Zahlungsaufforderung als begründet an“, sagt auch Rechtsexperte Grünewald. Das gilt auch bei Rechnungen von Inkasso-Unternehmen und Anschreiben von Rechtsanwälten. „Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen“, rät die Verbraucherzentrale Hamburg. Selbst dann nicht, wenn die unliebsame Post über einen langen Zeitraum eintrudelt. Mit einem Musterbrief kann man auf die Drohgebärden reagieren - den Widerruf schickt man am besten per Einschreiben.
In der Regel sind Betroffene auf der sicheren Seite, wenn der Vertrag ohne ihr Wissen abgeschlossen wurde. Ein entgeltlicher Vertrag kommt nämlich nicht zustande, solange einem der Preis nicht klar und deutlich angezeigt worden ist. Versteckte Preisklauseln in den AGB sind unwirksam und müssen daher vom Verbraucher nicht gezahlt werden.
Keine Furcht vor Schufa-Einträgen
Handeln sollten Betroffene, wenn ein echter Mahnbescheid im gelben Umschlag vom Amtsgericht gekommen ist. Ein Mahnbescheid bedeutet aber auch nur, dass der Anbieter zum Gericht gegangen ist und ein juristisches Musterformular ausgefüllt hat. „Das Gericht hat nicht geprüft, ob die Forderung zu Recht besteht“, entwarnen die Experten von Computerbetrug.de. Auch dem Mahnbescheid kann man binnen 14 Tagen einfach widersprechen, wenn die Forderung nicht zu Recht besteht. Erst wenn der Schuldner Einspruch einlegt - was Abzocker-Firmen so gut wie nie tun - wird die Sache gerichtlich verfolgt.
Oft drohen die Gauner auch mit einer Meldung bei der Schufa, wenn nicht gezahlt wird. Verbraucherschützer raten auch hier zu Gelassenheit: Strittige und falsche Forderungen dürfen bei der Schufa nämlich nicht eingetragen werden. Dennoch sollten sich Betroffene gegen die Zahlungsaufforderungen von Abo-Abzockern und Inkassounternehmen wehren. „Die lästige Post ungelesen wegzuwerfen, ist nicht zu empfehlen. Besser, man bewahrt sie auf und holt rechtlichen Rat ein“, erläutert Rechtsanwalt Grünewald.
Abo-Fallen-Betreiber können bei den Verbraucherzentralen der jeweiligen Bundesländer gemeldet werden. Die Verbraucherzentrale Hamburg stellt zudem Internetseiten vor, die negativ aufgefallen sind.
