"Festival der Liebe" "Festival der Liebe": Schlager-Phänomen Dieter Thomas Kuhn auf Tour

Halle (Saale)/MZ - „Ein Festival der Liebe“ verspricht die singende Föhnwelle für die neue Saison. Am Sonnabend um 20 Uhr präsentiert er Songs wie „Anita“ oder „Michaelahaha“ im Alten Schlachthof Dresden. Am 24. März um 20 Uhr bringt Dieter Thomas Kuhn (49) das Steintor in Halle zum Kochen. Und am 31. Mai feiert er mit dem Publikum auf der Parkbühne Leipzig. Sylvia Pommert hat mit Dieter Thomas Kuhn gesprochen.
Sie gelten als Phänomen. Wie wird man sowas?
Kuhn: Das kann ich leider am allerwenigsten beantworten.
Aber Sie haben doch hart daran gearbeitet.
Kuhn: Irgendwie schon. Nur ob es allein an der Arbeit liegt ... So ein Phänomen wird schließlich gemacht. Das Phänomen an sich kann gar nichts dafür. Doch egal, ich bin sehr glücklich, dass es so weit gekommen ist. Und dass das Phänomen bis heute besteht und nicht beizeiten als Naturkatastrophe endete.
Was Sie da auf der Bühne machen, gilt als Kult. Geht so etwas „nur“ mit Schlagern?
Kuhn: Wir haben’s einfach mal mit Schlagern probiert. Ich habe allerdings nicht feststellen können, dass es etwas Ähnliches in einer anderen Musiksparte gibt. Wir können hier wohl von einer Einzigartigkeit sprechen. Da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal.
Und welche Eigenschaften muss so ein Schlager haben, damit er für Sie bühnentauglich wird?
Kuhn: Anfangs pickten wir Titel heraus, die ich kannte. Nicht, dass ich sie alle geliebt hätte. Dann aber stellte ich fest, dass es Titel gab, die ich schon als Kind mehr als andere registriert hatte. Sie waren mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich schenkte ihnen damals mehr Aufmerksamkeit, als ich es mir im Nachhinein gewünscht hätte. Es kam also gar nicht darauf an, dass der Titel besonders witzig oder gut war. Er musste einfach Popsong-Qualitäten haben. Dann taugte er auch für unsere Shows. Natürlich haben wir auch Schlager im Repertoire, die völlig bekloppt sind, von der ganzen Machart her, ob das „Michaela“ ist oder „Anita“. Aber das waren eben Hits, das waren dann wohl die Phänomene der 70er Jahre.
Haben Sie beim „Festival der Liebe“ neue Titel ins Programm genommen?
Kuhn: Ach, wir experimentieren immer viel, auch mit Sachen von unserer letzten Platte. Aber wir sind uns bewusst, was wir unseren Fans schuldig sind, nämlich die alten Hits zu spielen. Mit denen hat man uns schließlich kennen und lieben gelernt. Also variieren wir ein bisschen, bringen zum Beispiel Songs mit, die wir lange nicht gespielt haben. Ja, und auch ein paar neue Sachen sind dabei. Aber wir wollen niemanden überfordern.
Es heißt, Sie bringen sogar Leute in Ekstase, die mit Schlager gar nichts am Hut haben. Zu denen gehöre ich dann. Wie stellen Sie es an, mich zu überzeugen?
Kuhn: Mit Worten und im Vorfeld? So geht das nicht. Kommen Sie in mein Konzert, schauen Sie es sich an, seien Sie dabei.
Aber Sie gehen doch irgendwie gezielt vor?
Kuhn: Nein, mit Kalkül.
Oder so. Sie gehen raus und wissen, wie Sie es anstellen müssen, damit die Leute alle ausflippen.
Kuhn: Na ja, ich mach’s ja jetzt schon eine Weile. Aber als es losging, damals vor 22 Jahren, war ich auch ganz schön überrascht, dass die Leute so austickten. Am Anfang habe ich noch nach einem Grund gesucht. Erst dachte ich, ich wäre ein Sex-Objekt. Also, ausgeschlossen ist das jetzt nicht. Und vielleicht ist das ja auch tatsächlich so - bis heute.
Oh Gott, ja. Sie hätten vielleicht mal Ihre Fans fragen sollen. Da gibt es doch so hartnäckige, die überall hin mitreisen. Die müssten doch wissen, warum.
Kuhn: Brauche ich nicht. Es gibt sogar soziologische Abhandlungen über die Dieter-Thomas-Kuhn-Geschichte, die es bis zur Doktorarbeit geschafft haben. Da könnte ich nachlesen. Aber ich will die Hintergründe gar nicht wissen. Weil: Wenn man selber da drin steckt, ist es besser, man weiß nicht zu viel. Aber so viel vielleicht: Nur mit Humor und dem nötigen Abstand zum Schlager funktioniert die Sache. Und die macht uns viel mehr Spaß, als unsere eigenen Songs zu schreiben. Wenn wir Kontakt zu den Fans haben, sagen die immer das gleiche: Es ist einfach nur geil – eh!
Na toll! Haben Sie eigentlich Lieblingsschlager?
Kuhn: Favoriten, ja. „Es war Sommer“ war schon damals eine Geschichte, die mich als vorpubertärer Junge zutiefst berührt hat. Ein 16-Jähriger, der von einer fast doppelt so alten Frau verführt wird ... Ich wünschte damals, es würde mir auch passieren.
Das hat wahrscheinlich nur Peter Maffay erlebt.
Kuhn: Leider. Bei mir hat es sich ein bisschen verschoben. Doppelt so alt war sie auch nicht, aber es hat gereicht, um süchtig zu werden.
Haben Sie auch Fans unter den Originalinterpreten? Oder überwiegen die, die Ihnen gern mal die Meinung sagen würden?
Kuhn: Am Anfang war es überwiegend lustig, die Originale zu treffen. Bata Illic oder Michael Holm fanden es klasse, was wir da machten. Schließlich brachte es auch ihnen eine gewisse Aufmerksamkeit. Doch ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass jeder Originalsänger unsere Interpretationen mag. Manche sehen sich schon ein bisschen veräppelt. Doch ich betone immer wieder: Verarschen wollen wir niemanden. Wir haben die Musik benutzt, um unsere eigene Kindheit aufzuarbeiten.
Und dabei übertreffen Sie die Originale an Wucht und Wirkung, heißt es. Trotzdem eine Superwerbung für manch betagten Schlagersänger.
Kuhn: Das sehe ich auch so. Nach wie vor haben die Originale ihre Fans, und es gibt Kuhn-Fans.
Sie hören natürlich am liebsten Ihre eigenen Titel – und was noch?
Kuhn: Am liebsten Folk. Die letzte Medina-Platte finde ich auch schön. Ich höre sie immer im Auto. Oder John Mayer. Der amerikanische Folk-Rock-Sänger ist mein Favorit im Augenblick. Auch alte Sachen mag ich, Pink Floyd zum Beispiel.
… und die aktuelle Schlagerszene?
Kuhn: Eher nicht. Ich bin schon im Bilde über den großen Erfolg, den Helene Fischer feiert. Aber wir haben keine großen Berührungspunkte. Wenn man davon absieht, dass Helene Fischer ein DTK-Medley in ihrer Show macht.
Was?
Kuhn: Ja, sie singt die alten Schlager in unseren Versionen.
Das ist schlau.
Kuhn: Finde ich auch.
Trotzdem fliegen bei ihr keine BHs auf die Bühne. Bei Ihnen schon. Die Anzahl soll regional unterschiedlich sein. Wo fliegen denn die meisten?
Kuhn: Wahrscheinlich im Raum Stuttgart, unserer Heimat. Aber wir werden Halle austesten. Da haben wir in unseren Anfangszeiten gespielt. Ich bin gespannt, wie hoch die Wurf-Frequenz im Steintor jetzt ist.
Was geschieht mit den BHs?
Kuhn: Wir lagern sie erstmal ein. Vor ein paar Jahren haben wir einen Vorhang daraus nähen lassen. Der sah toll aus. Auch für die aktuellen Wurfgeschosse wird sich eine Bestimmung finden.
Man nennt Sie auch die singende Föhnwelle. Erkennt man sie ohne eigentlich?
Kuhn: Nur das geschulte Fan-Auge. Sonst kaum jemand, zum Glück.
Und wer föhnt Sie?
Kuhn: Das macht Howie, mein Gitarrist. Das Föhnen hat er sich autodidaktisch beigebracht. Wir machen immer alles selbst.