„Redet über Geld!“ Taschengeld clever nutzen: Wie Eltern ihren Töchtern helfen, Träume zu verwirklichen
Vor allem Töchter sollten wissen, was man wo verdient. Denn das hat Auswirkungen auf ihr ganzes Leben, erklärt Finanzexpertin Claudia Müller. Was Eltern wissen sollten.
Dass wir für das Alter vorsorgen sollten und für die Ausbildung der Kinder gleich mit, wissen viele Eltern. Sie haben auch schon einmal von ETF-Sparplänen gehört. Aber, dass sie es sind, die ihren Kindern Wissen über Geld vermitteln sollten, ist vielen nicht klar. In ihrem Buch „Über Geld spricht man doch!“ erklären Claudia Müller und Isabel Sorg, wie das gehen kann.
Familiennewsletter "Eltern-Ecke": Kostenfrei anmelden und mit etwas Glück am 17. Oktober das Buch "Über Geld spricht man doch!" gewinnen!
Lena Högemann hat mit Claudia Müller, Geschäftsführerin des Female Finance Forums, über Taschengeld, Berufswünsche und was das alles mit Gleichberechtigung zu tun hat, gesprochen.
Frau Müller, wenn es um Geld geht, geht es oft auch um Glaubenssätze. Welche sollten wir nicht an Kinder weitergeben?
Claudia Müller: Es gibt die Klassiker wie „Über Geld spricht man nicht“ oder auch „Geld verdirbt den Charakter“. Diese Geld-Glaubenssätze sind sehr offensichtlich und daher sind sie auch leichter aufzulösen, einfach weil sie nicht stimmen.
Aber wenn Eltern mithilfe von Geld Druck ausüben, sitzt das bei Kindern tief. Das sehen wir in familiären Kontexten häufig. Zum Beispiel, wenn ein Kind nur Geld bekommt, wenn auf dem Zeugnis gute Noten stehen.
Lesen Sie auch das: Ab wann, wie viel, wie oft? Tipps für Eltern rund ums Taschengeld
Damit vermitteln wir den Kindern, dass sie nur mit Noten etwas wert wären. Das wollen wir natürlich nicht. Und im Großen gibt es diesen Druck, etwa wenn Eltern sagen: Wir zahlen dir nur die Ausbildung, wenn du studierst, was wir wollen. Das hilft alles nicht.
Geld spielt eine große Rolle in unserem Alltag mit Kindern. Als Elternteil will ich etwa nicht täglich Eis kaufen, weil es ungesund und teuer ist. Wie kann ich das meinem Kind erklären?
Claudia Müller: Es kommt darauf an, wie alt das Kind ist. Wenn das Kind schon Taschengeld bekommt, könnte man fragen: Wie lange müsstest du denn sparen, um das Eis zu kaufen? So können Kinder lernen, das ins Verhältnis zu setzen und zu verstehen, was wie viel Wert ist.
Lesen Sie auch das: Warum Eltern ihrem Kind nicht immer Geld zustecken sollen
Es ist gut, wenn Eltern nicht sagen: Das können wir uns nicht leisten. Aber sie können ja sagen: Wir haben noch leckeres Eis zuhause, das essen wir erst einmal. Sie können auch sagen: Es gibt einen Tag in der Woche, an dem kaufen wir das Eis in der Eisdiele. Das ist dann etwas Besonderes.
Apropos Taschengeld: Was gibt es da für Eltern zu bedenken?
Claudia Müller: Das Deutsche Jugendinstitut gibt dazu Empfehlungen heraus. Ab dem Schuleintritt ist Taschengeld sinnvoll, weil dann das Kind den Gegenwert des Geldes und die Zeiträume versteht.
Es wird empfohlen, das Geld wöchentlich auszuzahlen, solange die Kinder noch in der Grundschule sind. Danach kann man auf ein monatliches Auszahlen umsteigen.
Wenn Eltern mithilfe von Geld Druck ausüben, sitzt das bei Kindern tief
Claudia Müller, Finanzexpertin
Die Höhe des Taschengeldes ist schwierig, das Jugendinstitut müsste seine Zahlen mal wieder aktualisieren. Sechsjährigen wird ein Taschengeld von 1,50 Euro die Woche empfohlen. Davon kann sich das Kind nicht einmal eine Kugel Eis kaufen.
Lesen Sie auch das: Sparschwein oder Girokonto: Wie lernen Kinder den Umgang mit Geld
Was ich am wichtigsten finde, ist, dass Taschengeld bedingungslos ist. Es gibt keine Vorgaben, wofür das Kind das ausgeben soll, und es wird auch nicht gekürzt.
Sie kritisieren, dass es in Deutschland kein Schulfach Finanzen gibt. In anderen Ländern wird der Wissensstand sogar in der Pisa-Studie bewertet. Warum liegen wir so weit zurück?
Claudia Müller: Wir reden in Deutschland viel zu wenig über Geld. Geld gilt als absolut private Angelegenheit. In den USA wird beispielsweise viel mehr über Geld geredet und auch viel positiver. Wenn dort eine Person ein hohes Gehalt erreicht, sagt man: Hey cool, wie hast du das geschafft? In Deutschland sagt man sich: So viel Geld braucht man doch gar nicht. Und weil wir das Geld als Privatsache ansehen, wurde lange Zeit gesagt, dass das auch nicht in die Schulen gehört.
Warum braucht es finanzielle Bildung für Kinder, und was verstehen Sie darunter?
Claudia Müller: Das fängt damit an, dass Kinder sich ausrechnen können, was sie sich von ihrem Taschengeld leisten können. Sie können sich fragen: Wie spare ich auf den Führerschein? Wenn das Kind noch drei Jahre hat bis zum Führerschein und merkt, dass es monatlich eine hohe Summe sparen müsste, die es gar nicht hat, kann es sich überlegen: Vielleicht suche ich mir für den Sommer einen Job oder frage mal Oma, was das für ein Konto ist, das sie für mich angelegt hat.
Wenn man bei den 15- bis 18-Jährigen den Zinseszinsrechner anschmeißt, wird es spannend. Da sehen die Jugendlichen, dass sie über die Jahrzehnte tatsächlich eine Million ansparen können.
Was gehört für Sie noch dazu?
Claudia Müller: Auf jeden Fall der Berufswunsch. Wenn ich den Kindern den Brutto-Netto-Rechner zeige und sie recherchieren, was sie in welchem Beruf verdienen werden, ist das sehr wichtig für ihr Leben. Ein Beispiel: Ein Mädchen wünscht sich ein Haus im Grünen mit Pony im Garten und will Rettungsschwimmerin werden.
Bei der Recherche erkennt sie: Okay, das Haus mit Pony im Garten kann ich mir vielleicht als Ärztin leisten, als Rettungsschwimmerin nicht. Jetzt kann das Mädchen überlegen, ob sie vier Tage die Woche Ärztin ist und Rettungsschwimmerin in ihrer Freizeit oder ob ihr der Job so wichtig ist, dass sie auf das Haus mit Pony verzichtet. Das sind wichtige Erkenntnisse.
Sie kritisieren, dass Banken der finanziellen Bildung in die Quere kommen. Können Sie das Problem erklären?
Claudia Müller: Vom Prinzip her ist es so, dass die Bankberaterin keine Bankberaterin ist, sondern eine Bankverkäuferin. Sie verdient ihr Geld genauso wie die Autoverkäuferin: mit dem Verkauf. Der Unterschied ist aber, dass wenn Sie ins Autohaus gehen, wissen Sie, dass Ihnen ein Auto verkauft wird. Da erwarten Sie nicht, dass man Sie berät, ob ein Fahrrad oder die öffentlichen Verkehrsmittel besser für Sie wären. Sie wissen auch, dass Ihnen ein Auto dieser Marke verkauft wird und keine Alternative.
Sie haben sich vorher informiert, über die Marke, das Modell, haben mit Freunden gesprochen und Zeitschriften gelesen, und Sie gehen im besten Fall zu mehreren Autohäusern. Bei der Bank gehen viele Menschen davon aus, dass man sie dort neutral berät. Das ist nicht der Fall. Die Bankberaterin wird Ihnen das hauseigene Produkt verkaufen, für das sie eine Provision bekommt – und Ihnen keinen ETF-Sparplan empfehlen, der im Zweifelsfall sinnvoller und kostengünstiger für Sie wäre.
Beim Geld herrschen oft alte Rollenklischees vor. Warum ist das schwierig für Kinder?
Claudia Müller: Wir sehen, dass Väter mit Söhnen mehr über Geld reden als mit Töchtern und Mütter oft gar nicht über Geld reden. Das muss sich ändern, wenn wir wollen, dass die nächste Generation gleichberechtigt aufwächst. Geld bedeutet Macht in dem Sinne, dass ich, wenn ich finanziell unabhängig bin, ganz andere Entscheidungen treffen kann.
34 Prozent aller Paare bleiben zusammen, weil einer von beiden – meist die Partnerin – es sich nicht leisten kann, sich zu trennen. Der beste Weg zu eigenem Geld ist die eigene Arbeit, also bezahlte Erwerbsarbeit. Das sollten wir vor allem unseren Töchtern mitgeben.
Was ist Ihre wichtigste Botschaft an Eltern, wenn es um ihre Kinder und Geld geht?
Redet über Geld und habt keine Angst vor dem Thema. Es ist völlig okay, wenn ihr nicht alles wisst. Macht euch mit euren Kindern zusammen auf die Reise. Das Wichtigste ist, dass die Kinder merken, dass es Spaß macht, sich um Geld zu kümmern. Mit Geld können wir unser Leben so gestalten, wie wir es möchten.