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Was bei Insektenstichen hilft Hilfe, die Mücken kommen!

Mücken, Bienen, Wespen - Ihre Stiche sind lästig oder schmerzhaft. Welche Hausmittel Linderung schaffen: Spucke ist gut, Zwiebeln sind es nicht.

Von Ricarda Dieckmann 23.07.2024, 20:00
Vorsicht, Wespe auf dem Marmeladenbrot! Ein Stich in den Mund kann lebensbedrohliche Schwellungen auslösen.
Vorsicht, Wespe auf dem Marmeladenbrot! Ein Stich in den Mund kann lebensbedrohliche Schwellungen auslösen. Foto: DPA

Ein Sommertag könnte so schön sein, wenn die stechenden Insekten nicht wären. Ein Allergologe erklärt, was bei Insektenstichen in unserer Haut passiert, was die typischen Hausmittel gemeinsam haben und ab wann eine Schwellung untypisch groß ist. Wie reagiert unser Körper auf Insektenstiche? Mücken wollen an unser Blut, weil sie sich davon ernähren. Und um das möglichst gut abzapfen zu können, haben sie ihre Tricks: „Sie geben ihren Speichel in die Stichstelle. Der enthält Substanzen, die verhindern, dass an dieser Stelle das Blut gerinnt“, sagt Professor Thilo Jakob, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums Gießen.

Warum der Stich juckt

Dass uns ein Mückenstich lästig wird, liegt an Eiweißen des Insektenspeichels. Sie sind unserem Körper fremd, wodurch unsere Mastzellen aktiviert werden. „Die sitzen in der Haut und gehören zu ihrem Abwehrsystem“, erklärt Jakob. In der Folge werden bestimmte Botenstoffe in der Haut freigesetzt. Sie haben zur Folge, dass die Stichstelle juckt und sich die Gefäße weiten – die Stelle schwillt an.

Und bei Bienen- oder Wespenstichen?Diese Insekten wollen nicht an unser Blut, sondern sich und ihr Leben verteidigen. „Sie injizieren also ein Gift in die Haut. Das Ziel ist: Wer auch immer sie attackiert, soll sie in Ruhe lassen“, beschreibt Jakob. Weil das Gift ebenfalls eine Fremdsubstanz ist, kommt es auch in diesem Fall zu einer Immunreaktion. Es meldet sich stechender Schmerz, die Hautstelle rötet sich, schwillt an und juckt.

Wie versorge ich einen Wespen- oder Bienenstich richtig?Da steckt noch ein Stachel in der Haut? Das spricht dafür, dass eine Biene die Übeltäterin ist. Die Stiftung Gesundheitswissen rät, den Stachel nach einem Stich so schnell wie möglich zu entfernen. Hilfe findet man dabei im Portemonnaie: Mit dem Rand einer Plastikkarte lässt sich der Stachel vorsichtig abschaben.

Finger weg vom Stich

Dabei ist aber eine Sache tabu: die Stichstelle mit den Fingern zusammendrücken. Dadurch übt man nämlich Druck auf den Stachel aus und presst noch mehr Gift in die Haut. Und dann gilt: kühlen, kühlen, kühlen. Das hilft dabei, die Ausbreitung des Gifts zu verlangsamen. Sinnvoll ist zudem, die Stichstelle zu desinfizieren.

Ein Sonderfall: Hat die Biene oder Wespe im Mund zugestochen, ist das stets ein Fall für den Notruf 112. Schwellen Schleimhäute oder Zunge stark an, droht nämlich lebensbedrohliche Atemnot. Bis Hilfe eintrifft, ist auch hier Kühlen essenziell – zum Beispiel, indem man Eiswürfel lutscht und einen kühlen Umschlag um den Hals platziert.

Lindert Spucke die Beschwerden nach Insektenstichen?Ja, aber nicht, weil darin magische Substanzen stecken. „Spucke ist nichts anderes als eine Flüssigkeit, die man immer dabei hat - und die den Stich kühlt“, sagt Jakob. Denn liegt Feuchtigkeit auf der Haut, reicht schon ein leichter Luftzug, um ihr Wärme zu entziehen – so funktioniert der Kühleffekt.

Gemüse auf die Haut

Und der hemmt die Entzündung, die hinter jedem Insektenstich steckt und dessen lästige Beschwerden verursacht. Dem Mediziner zufolge ist dieser Kühleffekt auch das, was die zahlreichen Hausmittel gegen Stiche eint: Gurkenscheiben, Weißkohlblätter, Quark oder Zwiebel. Bei der Zwiebel mahnt der Mediziner allerdings zur Vorsicht. Denn in ihr steckt viel Säure, wodurch Verätzungen der Haut möglich sind. „Wir haben schon Patienten gesehen, die sich Zwiebelscheiben mit einem dicken Verband auf die Haut gemacht und das für 24 Stunden drauf gelassen haben“, erzählt Jakob. Das ist zu viel des Guten.

Was hilft darüber hinaus noch? Ist ein Mückenstich noch recht frisch, kann auch Hitze den Juckreiz lindern. Genauer gesagt: Spezielle Stifte – Stichheiler genannt – die auf die betroffene Stelle gedrückt werden und dabei Temperaturen von 50 Grad und mehr abgeben. „Dadurch sollen die Eiweiße, die über den Speichel der Mücke in die Haut gekommen sind, inaktiviert werden“, erklärt Jakob.

Noch ein Effekt der Stichheiler: Der von der Hitze ausgelöste Schmerz überlagert den Juckreiz. Denn beides wird über dieselben Nervenfasern übermittelt.

Linderung kann darüber hinaus ein Antihistaminikum zum Auftragen auf die Haut bringen. Antihistaminika sind eine Wirkstoffgruppe, die vorrangig bei Allergien zum Einsatz kommt. „Ich empfehle da Gele, denn die kühlen zusätzlich auch noch“, sagt Jakob, der auch Vorstandsmitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft ist.Kratzen ist nicht gut, klar. Aber wieso? Damit kaufe man sich möglicherweise eine Hautinfektion ein, warnt der Mediziner. „Wenn die Haut aufgekratzt ist, können sich dort Bakterien ansiedeln und vermehren – dann kann der Stich nicht ordentlich abheilen.“ Wer vermutet, dass so eine Hautinfektion vorliegt, sollte sich in einer Apotheke beraten lassen, dort gibt es frei verkäufliche antiseptische Cremes. Wenn es nicht besser wird, ist ein Besuch in der Hausarztpraxis sinnvoll.

Vorsicht bei Wundrose

Ärztliche Abklärung ist ebenfalls wichtig, wenn sich um den Stich herum eine flächige Rötung ausbreitet, die immer größer wird und etwa von Fieber und Schüttelfrost begleitet wird. Dann liegt unter Umständen eine sogenannte Wundrose vor. Sie wird von Bakterien ausgelöst – genauer gesagt: Streptokokken. „Die Wundrose ist allerdings selten. Aber wenn sie auftritt, muss sie ärztlich behandelt werden“, sagt Jakob. Warum schwellen Stiche manchmal stark an? Das Ausmaß der Schwellung hängt manchmal schlichtweg von der Beschaffenheit des Gewebes ab. Typisches Beispiel: „Wenn Sie einen Mückenstich am Auge haben, kann das ganze Auge zuschwellen“, erklärt Jakob. Auch Mückenstiche an den Beinen schwellen oft stark an. Das liegt daran, dass in den Beinen ein gewisser Wasserdruck gegeben ist.

Überaus starke Reaktion

Und dann gibt es noch überschießende Stichreaktionen, die hinter starken Schwellungen stecken können. „Es gibt Menschen, die sehr stark auf Stiche reagieren“, sagt Jakob. Das gilt vor allem für Wespen- und Bienenstiche. Als normal gilt in der Medizin bei diesen Stichen eine Schwellung bis zu einem Durchmesser von zehn Zentimetern. „Wenn jemand an der Hand gestochen wurde und die Schwellung bis zum Ellenbogen hoch geht, dann sprechen wir also von einer überschießenden Stichreaktion“, sagt Jakob.

Bei Mückenstichen kann es auch zu solchen Reaktionen kommen, einen klaren Größen-Richtwert gibt es hier aber nicht. Spätestens, wenn ein Stich handtellergroß wird, sollte der Betroffene die Reaktion ärztlich abklären lassen.

Ist so eine überschießende Stichreaktion eine Allergie? Eine echte Insektengiftallergie grenzt Jakob von so einer überschießenden Stichreaktion ab. Denn: Charakteristisch für eine Insektengiftallergie ist, dass Symptome unabhängig von der Stichstelle auftreten. Mediziner nennen das systemische Reaktion.

„Wenn jemand in den Fuß gestochen wurde und auf einmal die Kopfhaut juckt, sich Atemnot zeigt und Schwindel auftritt, dann ist das ein klares Zeichen, dass das ganze System reagiert“, nennt Jakob ein Beispiel.

Wann Lebensgefahr besteht

Solche Ereignisse müssten unbedingt ärztlich abgeklärt werden, empfiehlt der Mediziner. Denn sie können sich zu einem potenziell lebensbedrohlichen allergischen Schock – einer Anaphylaxie – entwickeln. Die gute Nachricht: Es gibt mit der sogenannten spezifischen Immuntherapie eine Behandlung, bei der der Körper in kleinen Schritten an das Insektengift gewöhnt wird. So tritt bei einem erneuten Stich keine allergische Reaktion mehr auf.

Sehr selten können solche systemischen Reaktionen auch nach Mückenstichen auftreten. Hier gilt Jakob zufolge das gleiche Prinzip. Wer zehn bis 30 Minuten nach dem Stich Symptome wie eine Nesselsucht, Schwindel, Atemnot oder Engegefühl im Hals erlebt, hat womöglich eine Allergie auf Substanzen, die die Mücke in den Körper gebracht hat. Auch in dieser Situation gilt: auf jeden Fall ärztlich abklären lassen.