Experten sehen makrobiotische Küche kritisch
Hamburg/Bonn/dpa. - Viel Gemüse und Reis, dafür wenig Süßigkeiten und Alkohol: Die makrobiotische Küche ist in den vergangenen Jahren auch in Deutschland immer beliebter geworden.
Sie basiert auf fernöstlicher Philosophie. Danach enthält jedes Lebensmittel Energie, die durch das Essen in den Körper gelangt und dort entweder zu Unruhe oder innerem Gleichgewicht führt. Doch bei Wissenschaftlern ist die Makrobiotik heftig umstritten: Sie fürchten massive Mangelernährung.
«Bei der makrobiotischen Küche geht es darum, den Ausgleich von Energie im Körper zu schaffen», erklärt Marion Menger, die in Hamburg makrobiotische Kochkurse leitet. Dabei stehen Yin und Yang im Mittelpunkt: Lebensmittel können demnach energiezerstreuend (Yin) oder -zusammenziehend (Yang) wirken.
«Eier und rotes Fleisch beispielsweise werden als starke Yang-Vertreter gesehen - Alkohol, Drogen, Medikamente und weißer Zucker dagegen als starke Yin-Vertreter», sagt Menger. «Wenn man diese Dinge isst, sucht der Körper nach einem ebenfalls extremen Ausgleich, was zum Beispiel in einem großen Appetit auf Süßes oder aber auch Stimmungsschwankungen resultieren kann.» Diese Lebensmittel sollten daher möglichst selten gegessen werden.
Für andere Vertreter der Makrobiotik sind Eier, Fleisch und Zucker sogar gänzlich tabu. Sie berufen sich auf den Japaner Georges Ohsawa. Er soll Fleisch, Milchprodukte und Nachtschattengewächse wie Kartoffeln und Tomaten komplett gemieden haben. Gemäß dieser strengen Lehre darf man vor allem Reis, Algen, Nüsse und einheimisches Obst essen. Auch sollen die Anhänger nur trinken, wenn sie tatsächlich Durst haben. Der übrige Flüssigkeitsbedarf werde durch die Ernährung gedeckt, vor allem durch die zahlreichen Suppen.
Diese Ernährungsweise wird von zahlreichen Wissenschaftlern heftig kritisiert. «Dieses ursprüngliche und radikale Ernährungskonzept ist als Dauerkost ungeeignet», urteilt DGE-Sprecherin Antje Gahl. «Das muss man sehr, sehr kritisch sehen, da viel zu wenig Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden.» Die geringe Flüssigkeitszufuhr im Zusammenhang mit der von Ohsawa empfohlenen großen Menge Kochsalz könne außerdem zu erheblichen Kreislaufproblemen führen.
Bei Kindern könnte diese strenge Kost Studien zufolge zu einem verlangsamten Wachstum, Störungen in der Grobmotorik sowie einer verzögerten Sprachentwicklung führen. Sogar die gefährliche Knochenerkrankung Rachitis kann demnach bei Kindern durch die mangelnde Vitamin-Versorgung bei einer reinen makrobiotischen Ernährung hervorgerufen werden.
Der Koch Klaus-Wilfried Meyer bezeichnet die makrobiotische Küche daher insgesamt als «einseitig» und «teilweise ziemlich gefährlich». «Auch die modernere Version nach Michio Kushi ist zu energie- und kalziumarm und kann zu Osteoporose führen», sagt Meyer, der im städtischen Klinikum Bielefeld als Ernährungsberater tätig ist.
«Man muss die fehlenden Nährstoffe aus Milch- und Fleischprodukte ergänzen, weil diese Ernährungsform sonst längerfristig zu Problemen führen kann», warnt Meyer. Nur wer sich ausreichend informiert habe und sich gut mit den zahlreichen ernährungswissenschaftlichen Aspekten auskennt könne die makrobiotische Küche zumindest für eine gewisse Zeit probieren. «Sonst sollte man die Finger davon lassen.»
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: www.dge.de
Makrobiotik für alle e.V.: www.sturmruhe.de