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Erbansprüche Erbansprüche: Was gibt es beim Pflichteil zu beachten?

04.06.2019, 21:31
Der Letzte Wille kann auch handschriftlich festgehalten werden. Dabei müssen jedoch verschiedene Formvorschriften eingehalten werden.
Der Letzte Wille kann auch handschriftlich festgehalten werden. Dabei müssen jedoch verschiedene Formvorschriften eingehalten werden. imago

Halle - Der letzte Wille sollte gut überlegt sein. Fachanwälte erklären, wer überhaupt als Erbe infrage kommt und wie sich auch unverheiratete Partner gegenseitig absichern können:

Berliner Testament und Pflichtteil

Undine R., Halle: Mein Mann ist gestorben. Es gibt ein Berliner Testament, in dem wir uns wechselseitig als Erben eingesetzt haben und unsere zwei Kinder dann als Schlusserben, wenn wir beide tot sind. Können sie jetzt schon ihren Pflichtteil einfordern?

Ja, Ihre Kinder haben nach dem Tod ihres Vaters Anspruch auf ihren Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Nachlasses Ihres Mannes zum Todeszeitpunkt. Läge also kein Testament vor, würden Sie als Ehefrau die Hälfte und die zwei Kinder jeweils ein Viertel erben. Die Hälfte davon beträgt ein Achtel. Erheben Ihre Kinder Anspruch darauf, müssen Sie als Alleinerbin dies als Geldzahlung leisten.

Marie B., Naumburg: Mein Mann und ich haben ein handschriftliches Berliner Testament. Brauchen unsere Erben im Fall der Fälle einen Erbschein?

Wenn Sie kein Grundstück zu vererben haben, brauchen Ihre Erben keinen Erbschein zu beantragen. Sie reichen das handschriftliche Testament beim Nachlassgericht ein. Dieses eröffnet das Testament und schickt es den Beteiligten zu.

Jörg P., Eisleben: Wie lange habe ich das Recht, meinen Pflichtteil zu verlangen?

Ab Kenntnis des Testaments haben Sie drei Jahre lang Zeit, Ihren Pflichtteil geltend zu machen. Die Pflichtteilverjährungsfrist beträgt 30 Jahre, wenn Sie keine Kenntnis von der eingetretenen Pflichtteilsmöglichkeit hatten.

Lore B., Laucha: Wir sind vier Geschwister - wir zwei aus erster Ehe, die beiden anderen aus zweiter Ehe. Unser Vater ist im Juni 2016 gestorben. Laut Testament erben nur die beiden Geschwister aus zweiter Ehe. Wir sind dort nicht genannt. Zum Erbe gehört auch ein Grundstück mit Haus. Meine Schwester und ich wollen einen Pflichtteil geltend machen. Wie hoch wäre er und wie sollten wir vorgehen?

Da Sie und Ihre Schwester im Testament nicht benannt sind, sind Sie faktisch enterbt, können aber jeweils Ihren Pflichtteil beanspruchen. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbes und ist abhängig von der Höhe des Nachlasses. Bei Ihnen gestaltet es sich so: Würde die gesetzliche Erbfolge gelten, erbt die Ehefrau zur Hälfte und die vier Kinder zu je einem Achtel.

Da der Pflichtteil per Definition die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs beträgt, stehen Ihnen und Ihrer Schwester also je ein Sechzehntel des Vermögens Ihres Vaters am Todestag zu. Um herauszufinden, um welchen Betrag es sich handelt, müssen Sie das Nachlassverzeichnis einfordern. Da der Pflichtteil ab Kenntnis des Testaments innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden muss, sollten Sie sich sputen und schnell einen Fachanwalt für Erbrecht zurate ziehen.

Uta B., Sangerhausen: Unser Sohn ist vor vielen Jahren gestorben. Seine Tochter, also unsere Enkelin, hat damals ihren Pflichtteil verlangt. Vor neun Jahren ist nun mein Mann gestorben. Wir haben auch noch eine Tochter. Ich möchte ihr eine ähnliche Vorgehensweise ersparen und mit der Enkelin einen Pflichtteilverzicht abschließen für den Fall meines Todes. Was halten Sie davon?

Es ist anzunehmen, dass Ihre Enkelin dem Pflichtteilverzichtsvertrag zustimmt, wenn Sie ihr eine Abfindung zahlen. Der Vorteil eines solchen Vertrages: Sie sind dann in der Gestaltung Ihres Testaments völlig frei. Und Ihre Tochter braucht später keinerlei Befürchtungen zu haben, da die Enkelin keine Ansprüche geltend machen kann. Ein Pflichtteilverzichtsvertrag muss notariell beurkundet werden.

Tatjana O., Köthen: Mein Mann ist schon länger tot, es gibt zwei gemeinsame Kinder. Nun ist seine Mutter gestorben, die neben meinem Mann noch eine Tochter hatte. Wer erbt jetzt? Ein Testament liegt nicht vor.

Da es kein Testament gibt, greift die gesetzliche Erbfolge. Das bedeutet, die zwei Kinder Ihrer Schwiegermutter hätten je zur Hälfte geerbt. Da Ihr Mann vorverstorben ist, erben an seiner Stelle Ihre beiden Kinder. An Ihre beiden Kinder geht also ein Viertel des Nachlasses.

Regeln fürs Einsetzen eines Alleinerben

Katrin P., Burgenlandkreis: Ich bin verwitwet. Wenn ich sterbe, ist meine Tochter also Alleinerbin. Sie hat keine Kinder. Ich möchte gern regeln, dass alles, was sie bis zu ihrem Tod nicht ausgegeben hat, einem guten Zweck zugute kommt. Wir stelle ich das an?

Grundsätzlich gilt: Sie können mit einem Testament nur über Ihren eigenen Nachlass verfügen, nicht aber über den Ihrer Tochter. Was diese später mit ihrem Vermögen anstellt, ist allein ihre Entscheidung. Einige Gestaltungsmöglichkeiten gibt es jedoch. Sie können Ihre Tochter als Vorerbin und eine konkret zu benennende gemeinnützige Organisation als Nacherben einsetzen. Da diese Testamentsgestaltung nicht unkomplex ist, sollten Sie sich fachkundig beraten lassen.

Frank G., Wittenberg: Ich bin seit acht Jahren geschieden, aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Nun bin ich neu liiert. Wir haben ein Grundstück mit Haus. In meinem Testament habe ich meine neue Lebenspartnerin als Alleinerbin eingesetzt. Welchen Anspruch haben meine Kinder noch, wenn ich sterbe?

Da Sie Ihre Freundin als Alleinerbin in einem Testament benannt haben, bleibt Ihren Kindern der Pflichtteilsanspruch. Das bedeutet, beiden steht im Fall Ihres Todes ein Viertel Ihres Nachlasses zu. Dieser ist in Geld zu erfüllen. In dem Fall hätten Ihre Kinder zunächst gegenüber Ihrer Partnerin einen Auskunftsanspruch über den Wert Ihres Grundstückes plus Haus.

Im Zweifel würde ein Gutachter das Haus zu Ihrem Todeszeitpunkt bewerten müssen. Beachten Sie jedoch weiterhin: Da Sie nicht verheiratet sind, werden im Fall Ihres Todes erbschaftsteuerliche Fragen wichtig. Der Freibetrag für Ihre Partnerin beträgt gerade einmal 20.000 Euro. Da anzunehmen ist, dass Ihr Eigentum mehr wert ist, muss Ihre Partnerin also mit erheblichen Steuerzahlungen rechnen. Ehepartner dagegen können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben.

Erna W., Burgenlandkreis: Ich bin 73 Jahre alt und schon seit sehr langer Zeit geschieden. Im Jahr 1995 habe ich allein ein Haus gebaut und es 2006 an meine einzige Tochter überschrieben, sie selbst hat keine Kinder. Wenn meiner Tochter etwas passiert, ist es richtig, dass mein Ex-Mann dann noch Ansprüche hat? Das möchten wir unbedingt verhindern.

Wenn Ihre Tochter kein Testament verfasst, greift die gesetzliche Erbfolge. Das bedeutet, Sie und Ihr Ex-Mann als der leibliche Vater erben je zur Hälfte. Zudem sind Eltern grundsätzlich pflichtteilsberechtigt. Also selbst wenn Ihre Tochter Sie als Alleinerbin in ihrem Testament benennen sollte, kann Ihr Ex-Mann seinen Pflichtteil einfordern, und zwar innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Todes.

Sie sollten sich zur Gestaltung des Testaments Ihrer Tochter fachkundig beraten lassen. Denkbar ist, dass Ihre Tochter Sie als Alleinerbin einsetzt und für den Fall, dass Sie vor ihrer Tochter sterben, einen Ersatzerben benennt.

Wird das Testament bei Scheidung unwirksam?

Norbert V., Zeitz: Meine Frau und ich wollen uns scheiden lassen. Wir haben vor Jahren ein gemeinsames Testament verfasst. Was passiert nun damit?

Das gemeinsame Testament wird automatisch unwirksam, sobald die Scheidung offiziell vollzogen ist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn in dem Testament etwas anderes geregelt wurde.

Erbe bereits vor Todesfall auszahlen lassen?

Ines H., Naumburg: Kann man sich ein Erbe auch

vorzeitig auszahlen lassen?

Nein. Wie sollte denn die Höhe des Nachlasses ermittelt werden? Salopp gesagt: Wenn am Ende nichts mehr da ist, kann auch nichts vererbt werden.

Kornelia Noack und Dorothea Reinert notierten Fragen und Antworten. (mz)