Edelpunk und Supermini Edelpunk und Supermini: Das modische Comeback vergangener Jahrzehnte

Berlin/Hamburg/dpa. - Schmale Hosen und kastige Jacken wie in den achtziger Jahren, korrekte Kostüme und Etuikleider à la Sechziger und kräftiger Tweed im Stil der Herrenmode der dreißiger Jahre: Die Mode nimmt im kommenden Winter vor allem die Frauen mit auf eine Zeitreise durch vergangene Jahrzehnte. Vom Rockerstil über Barbarella bis zur Diva im Pelz - stilistisch ist fast alles möglich. Der Glamour kehrt zurück mit Materialien wie Samt, Spitze und Pelz. Und dezente Naturtöne werden ergänzt durch grafische Schwarz-Weiß-Muster und Knallfarben.
«Mode steht immer in einem gesellschaftlichen Kontext. Wir haben die schlechten Meldungen einfach satt», erklärt Elke Giese, Trendexpertin des Deutschen Modeinstituts (DMI) in Berlin. Entsprechend luxuriös sind die favorisierten Materialien der Designer, entsprechend optimistisch häufig die Farben. «An ein kräftiges Rot glaube ich unbedingt - wir haben ein Bedürfnis nach solchen Farben», sagt Giese. Knallrot würde zwischen den zahlreichen Naturfarben und dunklen Tönen ein optimistisches Signal senden.
So finden sich beispielsweise in den neuen Kollektion von Jil Sander, Louis Vuitton und René Lezard rote Röcke in unterschiedlichen Varianten von knielang bis knapp den Po bedeckend. Bei Gucci schmiegt sich ein Abendkleid in Miederoptik feuerrot an den Körper, während Boss Frauen in einen schmalen Mantel aus rotem Samt hüllt.
Nicht zuletzt angesichts weiterer Knallfarben wie Neongelb, Orange oder Hellgrün ist eines nicht zu übersehen: Die achtziger Jahre kehren unaufhaltsam zurück. «Das wird richtig heftig», sagt Susan Wolf von Hennes & Mauritz in Hamburg mit Blick auf die kommenden Saison. Neben Oversized-Pullovern und pinkfarbenen Plastikohrringen gibt es auch wieder Röhrenhosen mit schwarz-weißen Blockstreifen.
Eines der «Muss-Teile» für Modemutige ist die Lederjacke im Biker-Stil, die sich in fast allen neuen Kollektion findet. «Alles, was mit Metall zusammenhängt ist wichtig», sagt Elke Giese. Dazu zählten Ketten und Nieten, aber auch mit Reißverschlüssen werde fantasievoll umgegangen. So interpretiert zum Beispiel Karl Lagerfeld den Punk-Rock-Look unter anderem mit an Nietenarmbänder erinnernden Armreifen, mit schwarzen Kappen und Lederstulpen für die Beine.
Im Zusammenhang mit dem Achtziger-Revival entdeckten viele Designer aber auch ihre Leidenschaft für Gestricktes wieder. Grobe Maschen aus feiner Wolle gehören zu den Lieblingen der Saison. «Lange Strickmäntel als Alternative zur Jacke», nennt Ute Lentfer vom Otto-Versand in Hamburg einen der modischen Favoriten. Aber auch dicke Rollkragenpullover und Strickjacken mit Zipper liegen im Trend, so etwa bei Cerruti Jeans.
«Ein Grobstrickpulli zu einem femininen Rock, ein schmaler Strickpullunder verbunden mit einem breiten, bodenlangen Schal», sieht Alexandra Boes von René Lezard in Schwarzach (Bayern) als typische Kombinationen für die neue Strickmode.
Weitere wichtige Materialien sind im kommenden Winter Samt, Satin und Spitze, vor allem aber Tweed. Der robuste Stoff wird vor allem für Mäntel verarbeitet, aber auch für Kostüme und Hosen - mal grob oder künstlich auf alt getrimmt, mal eher fein wie bei Chanel.
Seine Fortsetzung findet der im vergangenen Jahr gestartete Kord-Boom, sowohl bei Frauen wie auch bei Männern. «Kord findet sich in allen Variationen von breit bis ganz dünn», sagt Moritz von Bülow, Modeexperte und Initiator der Herrenmodemesse «Munich Fashion Fair» in München. Neu seien für den Winter Baumwolle und gewaschene Baumwolle auch für Anzüge.
In punkto Schnitt würden bei den Herren speziell die Anzüge körpernäher ausfallen. Bei den Hosen hat von Bülow eine etwas tiefere Leibhöhe beobachtet, die Fußweite sei dagegen großzügiger bemessen: «Das entspricht dem Trend, Anzüge auch mit Sneakers tragen zu können.» Noch wesentlich stärker werde die Figur in der Damenmode betont, besonders was Röcke und Hosen angeht. «Die Hosen werden generell schmaler», sagt von Bülow. Die Leggings, von vielen gefürchteter und jetzt auf den Laufstegen wieder aufgetauchter Modeklassiker der Achtziger, sieht er dennoch «eher als ein Experiment verschiedener Designer an».
Nach Ansicht von Elke Giese werden die enganliegenden Beinkleider vor allem im jungen Bereich in Verbindung mit den neuen Superminis als «Untendrunter» auftauchen. Ähnliches gilt für die superkurzen Minis. «Die ganz kurzen Röcke oder auch Kleider werden über eine Hose gezogen», erklärt Ute Lentfer. Damit seien sie dann auch wintertauglich.
Die Designer der Luxus-Labels sehen den Supermini dagegen gänzlich puristisch, egal wie viel Grad unter Null das Thermometer anzeigt. Kaum breiter als ein Gürtel sind etwa die Mini-Faltenröcke im College-Stil, die Gabriele Strehle für Strenesse oder die US-Amerikanerin Donna Karan entworfen haben. Größtes Zugeständnis an die kalte Jahreszeit sind allenfalls Kniestrümpfe.
«Beine, Beine, nichts als Beine» soll auch Giorgio Armani angesichts seiner Emporio Armani Damenkollektion geäußert haben. Leicht ausgestellt, gerafft und wellenförmig gestaltet der italienische Designer seine Kurzröcke. Immerhin dürfen bei ihm die Superminis mit blickdichten Strumpfhosen kombiniert werden, andere wie Cerruti oder Chanel bevorzugen Stulpenstiefel, die am oder kurz über dem Knie enden.
Wie die Minis erleben auch typische Muster der sechziger Jahre im kommenden Winter ein Comeback. Im Stil der Op-Art werden Schwarz und Weiß in verschiedensten Variationen zusammengefügt - von Schachbrettmustern über psychedelische Wellenlinien bis hin zu Blüten- und Lochmustern.
In der Herrenmode finden sich laut Moritz von Bülow Muster vor allem bei den Hemden. «Favoriten bleiben ganz klar Streifen», so der Fachmann. Diese dürften dabei durchaus psychedelisch wie in den sechziger und den siebziger Jahren anmuten und in Kombination mit großen Krägen für Aufsehen sorgen. «Mit so einem neuen Hemd lässt sich auch der Anzug vom vergangenen Jahr aufpeppen», rät von Bülow.

