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«Discgolf»: Das Runde muss ins Runde

Von Janis Brinkmann 13.05.2009, 10:46

Lünen/dpa. - Hartl nimmt Maß. Er schätzt die Distanz, spürt den leichten Westwind und atmet langsam ein. Dann schnellt sein rechtes Handgelenk vor, und die kleine, knallrote Scheibe fliegt in weitem Bogen auf den runden Fangkorb zu.

Es klirrt leise, als die Ketten den Flug der Frisbeescheibe abrupt beenden. Hartl ballt die Faust. Abseits des Grüns heißt er Hartmut Wahrmann, doch hier im westfälischen Lünen ist er Hartl, der Ex-Weltmeister. «Discgolf» ist seine Leidenschaft. Was in den USA schon über zehn Millionen Menschen begeistert, könnte sich in diesem Sommer auch in Deutschland durchsetzen, glaubt er: «Discgolf hat das Potenzial zum Volkssport», schwärmt Hartl, «es ist familienfreundlich, günstig und vor allem schnell zu lernen.»

Die Regeln sind einfach: Wie beim klassischen Golf müssen die Spieler einen Parcours mit 18 Bahnen meistern. Von einem festen Startpunkt aus schlagen die Discgolfer jedoch keinen Ball in ein Loch, sondern werfen eine Frisbee-Scheibe in einen Fangkorb aus Metallketten. Wer mit den wenigsten Würfen ins Ziel trifft, gewinnt. «Das Spiel ist leicht zu lernen, doch schwierig zu perfektionieren», sagt Hartl, der 1997 bei der Discgolfing-WM in Helsinki Weltmeister wurde. Seitdem leistet er in Deutschland Pionierarbeit, möchte seinen Sport populärer machen.

Aktuell wird die Zahl der Turnierspieler bundesweit auf knapp 400 geschätzt. Viele von ihnen messen sich jährlich bei den acht Turnieren der «German-Tour» der deutschen Discgolf-Liga. «Es gibt aber auch ein enormes Potenzial an Freizeitspielern», sagt Jörg Benner vom Deutschen Frisbeesport-Verband. Er vermutet, «dass über 1000 Menschen in Deutschland schon einmal Discgolf gespielt haben». Als Hochburgen für Discgolfer gelten Hessen und der Raum Berlin-Potsdam.

Im westfälischen Lünen hat der gebürtige Bayer Hartmut «Hartl» Wahrmann zusammen mit seinem Partner Michael Stiller ein Discgolfing- Areal eröffnet - eine von rund 20 festen Anlagen in Deutschland. Im Lünener Seepark kommen Discgolfer aus der ganzen Region zusammen. Der Parcours ist in eine Parkanlage integriert und wird von zahlreichen Besuchern genutzt: «Viele Passanten wundern sich zunächst über die Fangkörbe und fragen danach. Nach einer kurzen Erklärung wollen viele selber werfen», erzählt Hartl, der auf diese Weise schon einige Parkbesucher zu Discgolfern gemacht hat.

So wie Kevin Osbeck und Sven Rippel. Die beiden 14-Jährigen haben vor zwei Jahren ihre ersten Scheiben gekauft. Seitdem bleibt der Fußball im Schrank. Bis zu sechs Mal in der Woche trainieren die Freunde. Die Frisbees gibt es im Internet, eine Einsteigerscheibe kostet sechs, das teuerste Modell 20 Euro.

«Ein erfolgreicher Spieler braucht eine gute Hand-Augen- Koordination», sagt Hartl: «Die Scheiben erreichen bis zu 100 Kilometer in der Stunde. Hält man die Hand nur etwas anders, bekommt der Wurf eine komplett andere Wurfbahn.» In seiner über 30-jährigen Discgolf-Karriere hat Hartl einige verrückte Würfe erlebt: Bei einem Turnier in den USA spielte er einen Parcours in der Nähe eines Zoos. «Meine Scheibe kam vom Kurs ab und flog in das Freigehege. Ein Affe schnappte sich die Frisbee und wollte sie nicht mehr rausrücken.»

Weitere Infos: www.discgolf.de