Die irische Küche ist besser als ihr Ruf
Hamburg/Bonn/dpa. - Irland ist berühmt für seine grüne Landschaft, seine urigen Pubs und seine freundlichen Menschen. Auch wenn das irische Guinness-Bier auf der ganzen Welt Beachtung findet: Umso zurückhaltender sind viele in ihrem Urteil über die irische Küche.
Dabei ist sie besser als ihr Ruf. Irland galt bis vor wenigen Jahren nicht als Reiseziel für Gourmets. Den Iren sei nachgesagt worden, an kulinarischen Finessen nur mäßig interessiert gewesen zu sein, schreibt Jürgen Schneider in seinem Buch «Irisch kochen». Die irische Küche sei stets eine Bauernküche gewesen. «Jahrhundertelang galt es zuvörderst, hungrige Mägen zu stopfen, wozu Getreidebrei und Eintöpfe oder einfach nur Kartoffeln dienten.»
Erst in den vergangenen Jahrzehnten seien die Iren sich der Qualität und den Möglichkeiten, die ihre Küche biete, bewusstgeworden. Dies zeige sich vor allem im sogenannten «Country Cooking», das von regionalen Rezepten und Zutaten lebe und sich schnellen Veränderungen verweigere. «Country Cooking mit hochwertigen regionalen Zutaten erfreut sich seit zwei Jahrzehnten steigender Beliebtheit und sorgte für eine kulinarische Revolution auf der Grünen Insel», so Schneider.
Aidan O'Hanlon vom Pub «The Irish Rover» in Hamburg ist von der Qualität irischer Nahrungsmittel überzeugt. «Die Natur und das günstige Klima Irlands wirken sich sehr positiv etwa auf das dort grasende Vieh aus», sagt der gebürtige Ire. So schmecke irisches Rind- oder Schaffleisch unvergleichlich gut. Auch aus diesem Grund verwendet er für die Speisen in seinem Pub fast ausschließlich aus Irland importierte Zutaten.
Im 19. Jahrhundert waren Kartoffeln das Grundnahrungsmittel auf der grünen Insel. Auch heute noch kommen sie in fast jedem Gericht vor. «Früher kochte man in Irland immer mit mehligen Kartoffeln, ihr ganz eigener Geschmack gab den irischen Gerichten erst den typischen Geschmack», sagt Patricia Wimberger von der Deutsch-Irischen Gesellschaft in Bonn. Diese Kartoffeln haben aber einen Nachteil: Sie verderben viel schneller als festkochende Varianten. «Deshalb ist man in den vergangenen Jahren auch in Irland dazu übergegangen, fast nur noch feste Kartoffeln zu essen.» Die größere Haltbarkeit gehe aber auf Kosten des typischen Geschmacks.
Irische Küche ist nichts für Kalorienzähler: Die Gerichte sind meist deftig und sehr sättigend. Die aus Dublin stammende Wimberger erinnert sich gern an ein Gericht, das dort früher immer zu Halloween aufgetischt wurde: Colcannon wird aus Kartoffeln, Wirsing, Milch und Zwiebeln hergestellt. «Zuerst werden die Erdäpfel und der Wirsing separat gekocht, dann brät man die Zwiebeln an und gibt die restlichen Zutaten hinzu», erläutert sie. Anschließend wird alles zu einem sehr schmackhaften Brei gestampft.
Für das wohl bekannteste irische Gericht, das Irish Stew, ist eine gewisse Expertise in der Küche vonnöten. «Stew kann sehr schmackhaft, aber auch grauenhaft sein», sagt Wimberger. Die Zutaten für diesen Eintopf sind Lamm- oder Hammelfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln, Brühe und Möhren. Um den richtigen Geschmack zu kreieren, seien vor allem die verwendeten Gewürze ausschlaggebend. «In ein Irish Stew gehören Knoblauch, Petersilie, Minze, Salz und Pfeffer - hat der Eintopf einen schlechten Geschmack, wurden einfach die falschen Gewürze verwendet.»
Nicht nur in der Küche, sondern auch in der Backstube haben die Iren ihre eigenen Rezepte. Zum Frühstück wird oft Soda Bread gereicht, ein besonders lockeres Brot. Um den einzigartigen Geschmack und die Konsistenz des Brotes zu erzielen, wird Hefe durch Backpulver ersetzt. «Soda Bread gibt es in verschiedenen Sorten: Besonders die Vollkornvariante Brown Bread wird in Pubs oft zu Suppen angeboten», sagt Wimberger.
Auch für den süßen Geschmack hält die irische Küche etwas bereit: Am Nachmittag reichen Iren sehr häufig Scones. Das sind kleine, etwas unförmige süße Brötchen. Aidan O'Hanlon hat sein eigenes Rezept für dieses Gebäck: «Scones macht man mit Mehl, Butter oder Sahne, Milch und Rosinen.» Daraus werden dann mit Hilfe einer Form runde Bällchen geformt und im Ofen gebacken. Zu den fertigen Scones passt entweder Erdbeer- oder Himbeermarmelade - und natürlich darf die Tasse Tee dazu nicht fehlen.
Literatur: Jürgen Schneider, Irisch kochen. Gerichte und ihre Geschichte, Die Werkstatt, ISBN-13: 978-3-895-33249-4, 16,90 Euro; Darina Allen, Irish Traditional Cooking: Over 300 Recipes from Ireland's Heritage, Kyle Cathie, ISBN-13: 978-1-904-92011-3, etwa 15 Euro; Mary Kinsella, The Irish Country Kitchen, Appletree Pr, ISBN-13: 978-0-862-81757-2, etwa 12 Euro