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Damit kein Fremder entscheidet

12.08.2012, 16:27

Halle (Saale)/MZ. - Was ist der Sinn einer Vorsorgevollmacht?

Im Rahmen einer Vorsorgevollmacht können Sie eine oder mehrere Personen bevollmächtigen, Ihre Angelegenheiten für den Fall zu regeln, dass Sie geschäftsunfähig geworden sind, also Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Der Bevollmächtigte ist dann gemäß Vorsorgevollmacht berechtigt, in Ihrem Sinn zu regeln: Ihre vermögensrechtlichen, rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten. Als Bevollmächtigte werden meist der Ehepartner, Kinder oder eine andere Vertrauensperson eingesetzt.

Christin F., Merseburg:

Können Sie mir an Beispielen erklären, was eine Vorsorgevollmacht alles abdeckt?

Die Vermögens- und rechtliche Vorsorge erlauben dem Bevollmächtigten Rechtsgeschäfte mit anderen, beispielsweise mit Behörden und Banken. So kann zum Beispiel eine Mietwohnung gekündigt werden, wenn ein Wiedereinzug ausgeschlossen erscheint, Verhandlungen mit der Krankenkasse und der Rentenstelle geführt oder ein Handyvertrag gekündigt werden. Bei der Personensorge wird dem Bevollmächtigten gestattet, Auskünfte beim Arzt einzuholen oder die Behandlungsmethoden abzusprechen, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Die Bevollmächtigung bedeutet aber nicht, dass man im Fall der Fälle persönliche Pflegeleistungen erbringen muss.

Eva T., Bernburg:

Wozu brauche ich eine Patientenverfügung, wenn mit der Vorsorgevollmacht bereits über Behandlungsmethoden im Fall der Geschäftsunfähigkeit entschieden werden darf?

Es handelt sich hier um zwei verschiedene Regelungsbereiche. Mit der Vorsorgevollmacht soll die gerichtliche Betreuung verhindert werden, indem ein Bevollmächtigter und dessen Kompetenzen benannt werden. Die Patientenverfügung ist Ihre ganz persönliche Willensäußerung, wie im Fall eines lebensbedrohlichen Zustandes die ärztliche Behandlung aussehen soll, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr selbst äußern können. Viele Menschen regeln auf diesem Weg, dass beispielsweise lebenserhaltende Maßnahmen nicht mehr durchgeführt werden sollen.

Charlott S., Halle:

Ist eine Vorsorgevollmacht nicht insofern überflüssig, als mein Mann oder mein Sohn für mich entscheiden können, wenn ich nicht mehr dazu in der Lage bin?

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Angenommen jemand wird infolge eines Unfalls geschäftsunfähig und es liegt keine Vorsorgevollmacht vor, würde das Betreuungsgericht einen amtlich bestellten Betreuer bestellen. Nur er dürfte Ihre Angelegenheiten regeln. Der Ehepartner oder die Kinder wären nicht befugt, für Sie zu entscheiden. Daher empfehlen sich sowohl Vorsorgevollmacht als auch Patientenverfügung, um notfalls auch Einsicht in Krankenakten nehmen zu können und über Behandlungsmethoden zu entscheiden.

Tina D., Halle:

Muss eine Vorsorgevollmacht unbedingt notariell beglaubigt werden?

Nein. Die Vorsorgevollmacht kann selbst handschriftlich oder per Computer erstellt werden. Wichtig ist, dass sie handschriftlich vom Vollmachtgeber unterschrieben und mit Ort und Datum versehen ist. Empfehlenswert ist eine notarielle Beglaubigung allerdings besonders dann, wenn die Vorsorgevollmacht auch Grundstücks- und Geldangelegenheiten und die Verfügung über Wohneigentum beinhalten soll. Diese bedürfen ohnehin der notariellen Beurkundung. Ohne sie hätte der Bevollmächtigte zwar eine Vorsorgevollmacht. Er dürfte aber im Fall der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers keine Grundstücksangelegenheiten regeln.

Elke P., Halle:

Ich bin alleinstehend, habe keine Kinder und wüsste niemanden, den ich für den Fall der Fälle als Bevollmächtigten in einer Vorsorgevollmacht benennen könnte. Sollte ich mir einen gesetzlichen Betreuer suchen? Obwohl über 70 Jahre alt, geht es mir noch gut.

Wenn Sie keine Vertrauensperson haben, die Sie als Bevollmächtigten in eine Vorsorgevollmacht einsetzen können, sollten Sie gar nichts unternehmen. Tritt tatsächlich der Fall ein, dass Sie geschäftsunfähig werden, ernennt das Betreuungsgericht automatisch einen amtlich bestellten Betreuer, der Ihre Angelegenheiten regelt. Über den ordnungsgemäßen Verlauf muss der amtlich bestellte Betreuer dem Betreuungsgericht mindestens einmal im Jahr Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen.

Monika N., Wittenberg:

Kann mein Sohn mit meiner privatschriftlichen Vollmacht auch über mein Konto verfügen, falls ich dies selbst nicht tun kann?

Ja, aber nur, wenn Sie Ihrer Bank eine Kontovollmacht für Ihren Sohn erteilt haben. Ansonsten verlangen Banken und Sparkassen für Bankverfügungen immer eine notarielle Vollmacht. Die selbst erstellte Vollmacht wird in Bezug auf Geldgeschäfte von den Banken in der Regel nicht akzeptiert.

Günter K., Halle:

Kann ich eine Patientenverfügung über den Hausarzt oder das Sozialamt anfertigen?

Da es bei einer Patientenverfügung um medizinische Dinge geht, sollten Sie den Hausarzt zurate ziehen. Ansonsten können Sie eine Patientenverfügung mit Hilfe eines Notars anfertigen, Formvorschläge von der Verbraucherzentrale benutzen oder aus dem Internet herunterladen.

Jürgen R., Wittenberg:

Muss eine Patientenverfügung auch vom Hausarzt unterschrieben sein?

Das ist nicht vorgeschrieben. Es kann aber empfehlenswert sein, um Ihre Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Niederlegens der Patientenverfügung zu dokumentieren.

Klara Z., Halle:

Ich bin Rentnerin und will eine Patientenverfügung für meinen einzigen Sohn schreiben. Er will davon aber nichts wissen und später keine Entscheidung treffen.

Reden Sie noch einmal mit Ihrem Sohn. Eine Patientenverfügung nimmt Ihrem Sohn ja gerade schwerwiegende Entscheidungen ab, wenn Sie persönlich Ihren Willen wegen Krankheit nicht mehr äußern können. In der Verfügung legen Sie fest, wie zum Beispiel bei lebenserhaltenden Maßnahmen bei Ihnen vorgegangen werden soll, und Ihr Sohn setzt lediglich beim Arzt Ihre Willensäußerung durch.

Gisela T., Quedlinburg:

Was bedeutet die Formulierung, dass die Vollmacht auch über den Tod hinaus gelten soll?

Soll die Vollmacht über den Tod hinaus gelten, muss dies ausdrücklich in der Vollmacht vermerkt werden. Der Bevollmächtigte kann dann nach Ihrem Ableben alle erforderlichen Formalitäten, sprich Nachlassabwicklungen wie Verhandlung mit dem Bestattungsinstitut, Bezahlung der Beerdigungskosten, Kündigung der Wohnung erledigen. Ohne diese Bevollmächtigung dürfte er nach Ihrem Tod nicht mehr tätig werden. Achtung: Der Bevollmächtigte ist nicht automatisch der Erbe. Ist Ihr Bevollmächtigter nicht Ihr Erbe, ist er nach Ihrem Tod Ihren Erben gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Erben können Ihre Vollmacht auch widerrufen.

Nicole S., Merseburg:

Ich bin 33 und lebe mit meinem Freund zusammen. Wenn mir etwas passiert, dürfen dann meine Eltern oder mein Freund für mich Sachen regeln?

Nicht unbedingt. Die Fürsorgepflicht von Eltern erlischt, sobald das Kind volljährig ist. Danach haben die Eltern nicht automatisch das Recht, Angelegenheiten des Kindes zu regeln, wenn dies zum Beispiel nach einem Unfall nicht mehr in der Lage dazu ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich auch für junge Leute bereits, Vorsorge zu treffen und Eltern oder auch Lebenspartnern Vollmachten zu erteilen. Sonst kann Ihnen, wenn Sie nicht mehr geschäftsfähig sind, jederzeit ein gesetzlicher Betreuer zugeteilt werden.

Petra H., Saalekreis:

Was ist eine Generalvollmacht?

Eine Generalvollmacht regelt die Vertretung in allen Angelegenheiten und in jeder Lebenslage. Das Besondere daran ist, dass der Bevollmächtigte auch schon zu Lebzeiten handeln kann, ohne dass der Vollmachtgeber geschäftsunfähig ist. Sie deckt jedoch nicht die medizinische Willensäußerung ab. Daher ist zusätzlich eine Patientenverfügung erforderlich.

Joachim H., Anhalt-Dessau:

Welchen Vorteil bringt mir eine notarielle Vollmacht?

Zum einen prüft der Notar Ihre Geschäftsfähigkeit und dokumentiert dies auch. Zum anderen bestehen über die Identität des Unterzeichners dann keine Zweifel. Aber vor allem bespricht und erläutert der Notar mit Ihnen alle inhaltlich relevanten Fragen. Im Ergebnis erhalten Sie eine nicht anfechtbare Urkunde. Sie erhalten von der Urkunde mehrere Duplikate. Sollte ein Exemplar verloren gehen, kann der Notar jederzeit eine neue Ausfertigung erstellen. Eine eigene handschriftliche Vollmacht entfaltet ihre Wirkung dagegen nur im Original. Sollte diese abhandenkommen und der Vollmachtgeber ist nicht mehr geschäftsfähig, muss das Gericht eine Betreuung anordnen. Zudem ist eine notarielle Vollmacht für Grundstücksgeschäfte und Kontenverfügungen ratsam.

Undine F., Harzkreis:

Gibt es Vordrucke oder Muster für Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung? Wo bekomme ich sie?

Im Internet sind Vordrucke und Muster abrufbar, etwa auf der Seite des Bundesjustizministeriums (www.bmj.de ). Es gibt sie auch bei der Verbraucherzentrale und in Buchläden. Ebenso verfügen viele Hausärzte über Vordrucke für Patientenverfügungen, manchmal auch Krankenkassen.

Fragen und Antworten notierten Dorothea Reinert und Kornelia Noack.