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Chef ist ein Narzisst Chef ist ein Narzisst: Wie man mit Blendern im Job umgeht

Von Gesa Schölgens 02.03.2015, 13:27
Die perfekte Fassade aus Erfolg, Leistung, Status und Macht: Narzisstische Menschen können andere mitreißen, aber auch emotional vernichten.
Die perfekte Fassade aus Erfolg, Leistung, Status und Macht: Narzisstische Menschen können andere mitreißen, aber auch emotional vernichten. imago stock&people Lizenz

Als „Karstadt-Retter“ wurde Nicolas Berggruen anfangs gefeiert. Der Investor blendete alle mit seinem Charisma – doch nichts von dem, was Berggruen versprach, hielt er ein. Zuerst verkauften seine Manager die Filetstücke und schließlich auch noch den Rest von Karstadt. Kein Cent Eigenkapital wurde investiert, stattdessen presste Berggruen Millionen aus dem Unternehmen heraus, wie Medien berichteten.

Blender wie Berggruen finden sich in allen Bereichen der Arbeitswelt, in hohen wie niedrigen Positionen – und mit ihnen auszukommen ist schwierig, weiß Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki. In ihrem neuen Buch Blender im Job: Vom klugen Umgang mit narzisstischen Chefs, Kollegen und Mitarbeitern (Scorpio Verlag) gibt sie Tipps, wie eine Zusammenarbeit trotzdem gelingen kann.

Im ersten Teil des Buches erklärt Wardetzki den Begriff und erläutert, wie sich ein normaler Narzissmus von einem krankhaften und negativen unterscheidet. Außerdem beschreibt die Therapeutin unsere narzisstische Gesellschaft: „Wir lassen uns blenden von Aktienkursen und beruhigenden Aussagen der Staatschefs. Wir wiegen uns in einer Sicherheit, die keine wirkliche ist. Wir glauben, alles erreichen zu können, wenn wir nur wollen und uns genug anstrengen.“

Doch hinter der optimierten Fassade bröckelt es: „Reichtum, Luxus und Statussymbole erkaufen wir uns auf Kosten der weniger Wohlhabenden und Armen und durch die Ausbeutung der Welt.“ Das sei ein zentraler narzisstischer Mechanismus: „Hauptsache, der äußere Schein glänzt, wie es innen aussieht, geht keinen etwas an.“ Am Arbeitsplatz seieht das nicht anders aus – darauf geht die Autorin im zweiten Teil ein.

Mein Chef ist ein Narzisst – was nun?

Therapeutin Wardetzki warnt vor einem allzu charismatischen Vorgesetzten oder Kollegen: Er könnte sich als narzisstisch entpuppen, mit allen Vor- und Nachteilen. „Seien Sie im Umgang mit ihm besonnen, denn seine Idealisierung kann schnell in Entwertung kippen.“ Hier ein paar ihrer zahlreichen Tipps für den Umgang mit einem narzisstischen Chef, die natürlich immer auch vom jeweiligen Typ abhängen:

Wie gehe ich mit einem narzisstischen Kollegen um? Bin ich selbst ein Narzisst? Auch darauf hat der Ratgeber Antworten. Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite.

Was tun Sie, wenn Sie einen narzisstischen Kollegen haben? Autorin Bärbel Wardetzki hat ein paar Tipps für betroffene Mitarbeiter parat. Dazu zählt zum Beispiel, die Arbeitsbereiche klar abzustecken: „Lassen Sie sich Ihre Arbeit und Ihren Erfolg nicht aus der Hand nehmen“, empfiehlt die Expertin. „Drängelt er sich immer vor, dann lassen Sie ihm den Vortritt in Bereichen, die Ihnen selbst nicht so wichtig sind, und signalisieren ihm: 'Auf diesem Gebiet sind Sie ja der Spezialist. Das andere Thema gehört in meinen Bereich und deshalb werde ich es in der Versammlung vortragen. Ich bitte Sie, sich dann zurückzuhalten.'“

Mit einem sachlich-distanzierten Umgang und wohl dosiertem Lob könnten Mitarbeiter einen Narzissten sogar als Unterstützer gewinnen. Ist der Kollege besonders angriffslustig, rät die Autorin, eine Attacke zurückzuspiegeln. Ein Beispiel aus dem Buch:

Narzisst: „So kann das ja nichts werden, bei dem Chaos auf dem Schreibtisch!“ Sie: „Das klingt, als hätten Sie damit Erfahrung.“ Oder augenzwinkernd: „Ja, das Chaos brauche ich für meine Kreativität.“ Auf diese Weise schlagen Mitarbeiter drei Fliegen mit einer Klappe: Sie geben ihm Recht, steigen nicht in den Kampf ein und betonen eine Ihrer Stärken.

Wie narzisstisch bin ich?

Fest steht nach der Ratgeber-Lektüre: Jeder von uns hat mehr oder weniger narzisstische Anteile. „Ihre erkennen Sie daran, wie viel Aufmerksamkeit, Lob, Anerkennung und Applaus Sie brauchen, um sich einigermaßen wohl zu fühlen“, weiß Wardetzki. Sie reagieren sofort, weil der Chef mit dem Kollegen länger redet und ihm sehr zugewandt ist? Ihnen reicht eine positive Rückmeldung nicht aus, um sicher zu sein, gute Arbeit geleistet zu haben, sondern Sie möchten es von jedem hören? Dann haben Sie offenbar ein sehr großes narzisstisches Bedürfnis.

Fazit: Bärbel Wardetzki zeigt mit dem Ratgeber erneut, dass sie über eine hohe Fachkompetenz in Sachen „Psychologie am Arbeitsplatz“ verfügt. Das Buch ist auch für Laien verständlich geschrieben, klar strukturiert und gibt wie versprochen viele praktische Tipps für den Umgang mit Narzissten – aber es enthält auch Ratschläge auch zur kritischen Selbstanalyse. Zum noch besseren Verständnis der Thematik hätten vielleicht ein paar mehr Grafiken dem Ratgeber gut getan.

Bärbel Wardetzki, geboren 1952, ist Diplom-Psychologin und Dr. phil.. Sie lebt in München und ist dort als Psychotherapeutin, Supervisorin und Coach tätig.
Bärbel Wardetzki, geboren 1952, ist Diplom-Psychologin und Dr. phil.. Sie lebt in München und ist dort als Psychotherapeutin, Supervisorin und Coach tätig.
© Maik Kern Lizenz
Das Buch soll zum Nachdenken über uns und unsere Gesellschaft anregen – und darüber hinaus konkrete Hilfe für die Zusammenarbeit mit narzisstischen Menschen bieten.
Das Buch soll zum Nachdenken über uns und unsere Gesellschaft anregen – und darüber hinaus konkrete Hilfe für die Zusammenarbeit mit narzisstischen Menschen bieten.
Scorpio Verlag Lizenz