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Blühendes Brauchtum Blühendes Brauchtum: Barbarazweige sollen Zukunft voraussagen

29.11.2001, 08:53
blühender Kirschzweig
blühender Kirschzweig Marion Nickig

Bonn/gms. - Uralt ist der Brauch, an diesem Tag Zweige zu schneiden.Aber der Zauber, das Schwellen und Aufbrechen der Knospen in dendunkelsten Tages des Jahres zu beobachten, wirkt noch immer.

Den Überlieferungen zufolge ist der Tag der Heiligen Barbara einLostag, also ein magisches Datum, an dem die Weichen für das künftigeSchicksal gestellt werden. Weckt man die Aufmerksamkeit böser Geisternicht, lässt sich die Zukunft ein bisschen beeinflussen - oderzumindest kann der Schleier darüber ein wenig gelüftet werden. DieObstbäume spielen am 4. Dezember eine besondere Rolle. Denn währenddie Menschen sich in die Häuser zurückziehen, Vieh und Ernte sicherin Stall und Scheune verwahrt sind, müssen sie Schnee und Frostdraußen überstehen. Vor allem aber sind sie den bösen Geisternausgesetzt, die in den dunklen Nächten ihr Unwesen treiben.

Diese Dämonen hemmen das Strömen der Säfte unter der Rinde. AlsSchutz vor den Geistern wurden in vielen Regionen am Barbaratag dieStämme mit Stroh umwickelt. Der Erfolg bestärkte die Menschen inihrem Tun: Nicht umwickelte Stämme litten viel häufiger unterFrostrissen. Heute ist bekannt, dass die extremen Temperaturwechselin den Vorfrühlingstagen, wenn die Sonne schon viel Kraft hat, dieNächte aber noch sehr kalt sind, die Risse verursachen. Kalken istder inzwischen gebräuchliche Schutz davor. Aber nach wie vor werdenStämme empfindlicher Bäume auch mit Strohmatten umwickelt.

Um die Bäume nicht völlig der Kälte zu überlassen, wurden immerauch ein paar Obstbaumzweige geschnitten und mit ins Haus genommen.So wurde das in ihnen steckende Leben durch die Wintertage in dasneue Jahr hinübergerettet. Besonders magische Kraft besaßen natürlichZweige, die sich pünktlich zum Weihnachtsfest mit Blüten schmückten.Sie galten als Zeichen für gutes Gelingen im kommenden Jahr. Manblieb von Krankheiten verschont, Acker und Vieh gediehen, und alleArbeit war gesegnet.

Bald schon kamen Tricks auf, um dem Schicksal ein wenignachzuhelfen. Ein warmer Platz am Ofen tat den Barbarazweigen gut. InGedanken wurden sie mit den sehnlichsten Wünschen beladen, so wie diePflückerin der Kirschzweige in dem eingangs zitierten Gedicht desLyrikers Martin Greif aus dem 19. Jahrhundert. Dass jemand sie freienmöge, wünscht sie sich von den drei Zweigen, dass er jung sei unddass er Geldes genug habe. Aber nur zwei der Wünsche erfüllen sich,denn «Weihnachten vor der Mette zwei Stöcklein nur blühen zur Frist,ich weiß einen armen Gesellen, den nähm' ich wie er ist.»

Grundsätzlich stehen die Chancen, dass die Barbarazweigeaufblühen, nicht schlecht. Zum einen hält die mächtige Barbara alseine der 14 Nothelfer ihre Hand schützend über die Knospen. Zumanderen hat der November in der Regel bereits ein paar kräftigeFrosttage gebracht. Sie lösen den Kältereiz aus, der die innere Uhrder Bäume auf Blühbereitschaft umstellt. Nun warten sie geduldig aufandauernde Wärme, die ihnen signalisiert, dass der Winter vorbei ist.Im Garten passiert das natürlich noch lange nicht. Aber in der warmenWohnung reichen die 20 Tage zwischen Barbaratag und Weihnachtengerade aus.

Werden die Zweige darüber hinaus noch gut angeschnitten, inlauwarmes Wasser gestellt und an einen wohltemperierten Platzgebracht, so kommt das Signal sicher an, dass es nun doch schon«Frühjahr» wird. Die Knospen beginnen zu schwellen und entfaltenpünktlich zum Fest die zarten Blütenblätter.