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Beziehungsprobleme Beziehungsprobleme: «Du nörgelst immer nur an mir rum!»

Von Eva Neumann 03.08.2005, 08:24
Meckern gehört zum Alltag: Auch Popstar Sarah Connor gerät sich gelegentlich mit ihrem Partner Marc Terenzi in die Haare - wenn Frauen ständig nörgeln, kann das allerdings auf tiefergehende Probleme hindeuten. (Foto: dpa)
Meckern gehört zum Alltag: Auch Popstar Sarah Connor gerät sich gelegentlich mit ihrem Partner Marc Terenzi in die Haare - wenn Frauen ständig nörgeln, kann das allerdings auf tiefergehende Probleme hindeuten. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Berlin/Köln/dpa. - «Manchmal macht es tatsächlich den Eindruck, dass Frauen mehrnörgeln als Männer», sagt Prof. Anna Auckenthaler, Leiterin desArbeitsbereiches Klinische Psychologie und Psychotherapie an derFreien Universität Berlin. «Dabei ist allerdings viel der Tatsachegeschuldet, dass wir bei Frauen etwas als Nörgeln bezeichnen, was wirbei Männern nicht als Nörgeln, sondern als Kritik bezeichnen würden.»

Hinzu kommen unterschiedliche Vorstellungen von einerPaarbeziehung. «Frauen neigen eher dazu, eine Beziehung als Aufgabezu betrachten. Sie fühlen sich dafür zuständig, an der Beziehung zuarbeiten», erläutert die Paartherapeutin. Dazu gehöre es aus Sichtder Frauen auch anzusprechen, was in der Beziehung missfällt. Männerhingegen sähen eine Beziehung eher als gegebene Basis. «Positivformuliert heißt das: Diese Männer sind nicht so überkritisch. Odernegativ formuliert: Manches ist ihnen egal», sagt Auckenthaler.

Geht es in der von der Frau formulierten Kritik tatsächlich um dieSache, kann diese geklärt werden - wenn der Partner darauf eingeht.Das wird er jedoch häufig nicht tun, weil er das Nörgeln als gegensich gerichtet empfindet. «Männer bringen ihre Unzufriedenheit vorallem durch Schweigen zum Ausdruck», betont Prof. Friedebert Kröger,stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft fürSystemische Therapie und Familientherapie (DGSF) in Köln. DasSchweigen provoziere, dass die Frau ihre Kritik wiederholt und derTonfall schnell noch vorwurfsvoller wird.

«Mehr als dreimal dieselbe Sache anzusprechen, ist völligüberflüssig», warnt Gerhild von Müller, Vorsitzende der LandesgruppeNordrhein-Westfalen im Berufsverband Deutscher Psychologinnen undPsychologen in Köln. Dann gerate die Frau in Gefahr, mit Sätzen wie«Du nörgelst immer nur an mir rum» abgetan zu werden. Stattdessenmüsse der Versuch unternommen werden, ein Gespräch zu führen -unabhängig von der Situation, in der man sich geärgert hat.

Ein solches Gespräch sollte höchstens eine Stunde dauern. Indemdie Frau von sich und ihren Emotionen spricht, nimmt sie dem Partnerdas Gefühl, auf der Anklagebank zu sitzen. «Wenn auch ein ernsthaftesGespräch nicht fruchtet, ist die Alternative, etwas zu tun, was denanderen verblüfft und so neue Zugänge ermöglicht», sagt von Müller.

Selbst wenn es beiden Partnern gelungen ist, einen konkretenSachverhalt zu klären, kann es passieren, dass sich das Szenario eineWoche später wiederholt. Diesmal geht es nicht um die Spülmaschine,sondern darum, dass der Mann im falschen Geschäft einkaufen war.«Wenn Nörgeln ein ständig wieder kehrendes Verhaltensmuster ist, danngeht es meist nicht mehr um den konkreten Inhalt», erläutert Kröger.Eine alltägliche Kleinigkeit sei nur der Aufhänger. Tatsächlichtransportiere sie eine viel größere Unzufriedenheit der Frau.

Diesen Hintergrund gilt es zu finden. Häufig ist er der nörgelndenFrau selbst nicht bewusst. Der Inhalt ihres Meckerns kann, muss abernicht Hinweise auf die Ursache ihrer Unzufriedenheit liefern. «Wenneine Frau im Haushalt an ihrem Mann rumnörgelt, so kann das einSignal sein, dass sie mit der Rollenaufteilung in der BeziehungProbleme hat», analysiert Prof. Gerhardt Amendt, Leiter des Institutsfür Geschlechter- und Generationenforschung der Universität Bremen.«Sie ist zwar beruflich aktiv, braucht deshalb die Mitarbeit desMannes im Haushalt, doch sie möchte weiterhin das Sagen haben.»

Nörgeln kann auch einer Nähe-und-Distanz-Störung entspringen.«Nähe löst Ängste - etwa vor Demütigung und Zurückweisung - aus, dieaber nicht mehr gefühlt werden, sondern alle möglichenRationalisierungen erfahren», erklärt die Psychotherapeutin vonMüller. Nörgeln kann die Funktion haben, Distanz zu schaffen.

Wird die Ursache des Motzens nicht gefunden, dann etabliert essich als Verhaltensmuster und wird zum Problem für die Beziehung.Lange währende Nörgelbeziehungen sind mit der Wahrscheinlichkeitbelastet, dass Aggression oder gar Gewalt ausbricht, warnt Amendt.«Oder der Mann zieht sich völlig in sich zurück und schaltet aufDurchzug, was auch immer die Frau sagt.» In jedem Fall ist dieBeziehung auf dieser Grundlage massiv gestört.

Um ein verfestigtes Verhaltensmuster zu durchbrechen, muss dasPaar sich anstrengen. Der erste Schritt hierzu kann sein, dass beideeine gewisse Selbstdistanz suchen. «Ein Paar kann zum Beispiel ganzeinfache Signale ausmachen, durch die der Mann seiner Partnerin zuverstehen gibt: Jetzt empfinde ich dein Nörgeln als unberechtigt»,schlägt von Müller vor. Gemeinsam könne dann sortiert werden, wassachliche, vielleicht berechtigte Kritik ist.