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Beziehungen Beziehungen: Ohne persönliche Treffen halten Freundschaften nicht

Von Eva Neumann 07.09.2011, 06:08
Nichts geht über den Kaffeeklatsch zu zweit: Auch wenn die Freundin mehrere Stunden entfernt wohnt, sollten ein bis zwei Treffen pro Jahr drin sein. (FOTO: DIAGENTUR/DPA/TMN)
Nichts geht über den Kaffeeklatsch zu zweit: Auch wenn die Freundin mehrere Stunden entfernt wohnt, sollten ein bis zwei Treffen pro Jahr drin sein. (FOTO: DIAGENTUR/DPA/TMN) dpa-tmn

Berlin/Eichstätt/dpa. - Neun Jahre lang drücken sie gemeinsamdie Schulbank, sind nahezu unzertrennlich. Dann geht der eine insAusland, der andere studiert in Deutschland. Es folgen beruflicheTätigkeiten in unterschiedlichen Städten, Familiengründungen,Trennungen. Über solche Zeiträume und Veränderungen verlieren sichmanche Freunde aus den Augen. Diejenigen, die ihre Freundschaftlebendig halten wollen, müssen Energie, Gefühle und Zeit investieren.

«Man kann drei Freundschafts-Kategorien benennen, die schonAristoteles unterschieden hat», erklärt der Berliner PsychotherapeutWolfgang Krüger. Bei Lust-Freundschaften stehe das gemeinsameFreizeit-Erleben im Vordergrund. Vitamin-B-Freundschaften seienZweckgemeinschaften. Diese beiden Kategorien spielten nur inbestimmten Lebensphasen eine Rolle und vergingen dann. «Anders istdas bei Herzensfreundschaften mit Tiefgang. Wenn sie aktiv gepflegtwerden, halten sie viele Jahre lang.»

Freunde aus dieser Kategorie lassen sich oft an einer Handabzählen. «Wenn in Umfragen nach besten Freunden gefragt wird, lautetdie Antwort null oder eins. Fragt man nach engen Freunden, werdenmaximal fünf genannt», berichtet Horst Heidbrink, Sozialpsychologe ander Fernuniversität Hagen.

Sympathie, gemeinsame Interessen und Werte sind die Basis solcherFreundschaften. «Enge Freundschaften sind für unsere emotionaleStabilität, für unsere innere Sicherheit unglaublich wichtig», sagtPsychotherapeut Krüger. Die Betroffenen wissen: Sie können sich immerfelsenfest aufeinander verlassen, sind nie wirklich allein.

«Die wichtigste Voraussetzung für den Erhalt einer solchenFreundschaft ist die regelmäßige Kommunikation», sagt Peter Wendl,Therapeut und Kommunikationstrainer an der Katholischen UniversitätEichstätt. Über soziale Netzwerke oder eine eigene Homepage könnenFreunde beispielsweise immer mit Fotos, Urlaubsberichten undJahreszusammenfassungen versorgt werden.

Doch einseitige Informationen reichen auf die Dauer nicht.«Darüber hinaus ist der direkte Kontakt, der Austausch notwendig»,sagt Heidbrink. Die einfachste Form des direkten Dialogs ist dasTelefonat. So kann man sich über aktuelle wichtige Erlebnisseaustauschen und ein Gefühl von Nähe schaffen, sowie Gemeinsamkeitenbestärken.

Keine Form der Kommunikation auf Distanz kann jedoch persönlicheTreffen und gemeinsame Erlebnisse ersetzen. «Es sollte möglich sein,sich zweimal im Jahr zu sehen», formuliert Krüger deshalb alsFaustregel.

Direkte Begegnungen sind dann besonders wichtig, wenn sich imLeben des einen oder anderen wesentliche Veränderungen ergeben haben.Nur wer das neue Wohnumfeld oder den neuen Partner des Freundeskennt, kann an dieser Facette seines Lebens teilhaben.

Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis nicht immerzu leisten. «Vor allem durch veränderte familiäre Situationen wie dieGeburt von Kindern ändern sich Interessen, aber auch die Zeit, dieman zur Verfügung hat, um eine Freundschaft zu pflegen», sagtHeidbrink.

Solche Entwicklungen sind nach Heidbrinks Einschätzung diehäufigsten Gründe dafür, dass Freundschaften auseinandergehen,einschlafen oder lockerer werden. «Häufig erkennt man das langenicht. Bei einem Wiedersehen nach längerer Zeit stellt man dann fest:Uns verbindet nichts mehr.»