Beugt bösen Überraschungen vor: PC-Programm simuliert Frisur
Saarbrücken/dpa. - Der Pony zu kurz, die Strähnen viel zu hell oder die Dauerwelle einfach unpassend: Wer sich vom Friseur nicht immer denselben Einheitsschnitt verpassen lassen will, kann mitunter böse Überraschungen erleben. Doch damit könnte bald Schluss sein.
Der Saarbrücker Informatikstudenten Oliver Demetz hat ein Software-Modul entwickelt, mit dessen Hilfe ein Computerprogramm hunderte unterschiedlicher Frisuren in Sekundenschnelle «haargenau» simulieren kann.
«In 20 Jahren hat jeder Friseur so etwas», glaubt der 24-Jährige. Schließlich sei es doch «die Grundangst jeder Frau, sich ihre schönen langen Haare abschneiden zu lassen, ohne zu wissen, wie sie danach aussieht». PC-Programme zur Frisurensimulation gab es schon seit Jahren, allerdings ohne automatische Gesichtserkennung. Zu teuer, zu unpraktikabel, zu aufwendig, klagten die Friseure und ließen lieber die Finger davon. Die Kunden, berichtet der saarländische Friseur-Innungsmeister Horst Ruffing, hätten deshalb gesagt: «Beraten Sie mich lieber, Sie können das besser.»
Dank Demetz' mathematischem Verfahren, das dem Modul zugrunde liegt, ist der Computer nun in der Lage, das digitale Bild eines Kunden zu «verstehen» und Frisuren blitzschnell in der exakten Größe an die richtige Stelle zu setzen. Daran haperte es bislang: Der Bediener musste mit viel technischem Fingerspitzengefühl das Gesicht erst an die Frisur anpassen - und das gelang oft mehr schlecht als recht. Die automatische Gesichtserkennung sei einzigartig, sagt Demetz. «Die hat sonst niemand.»
Das Software-Modul hat er mit einem PC-Programm seines Vaters kombiniert, der seit 20 Jahren Systeme zur Frisurenberatung entwickelt. 350 Frisuren sind in der Datenbank des Programms gespeichert - davon 60 Männerschnitte. Jede von ihnen kann per Mausklick zusätzlich nach Belieben gefärbt und geschnitten werden. «Viele Leute denken, das ist eine Spielerei», sagt Demetz und widerspricht: Über mehrere Jahren hinweg hätten Entwickler daran gearbeitet, die Frisuren für die Datenbank des Programms freizustellen. Und noch einmal sechs Monate vergingen für die Entwicklung des Moduls.
Doch längst nicht alle Friseure reißen sich um die digitale Hilfe: Jeder Schnitt sei «ein Unikat» und daher nicht nach Schablone anzufertigen, sagt beispielsweise der Friseurmeister Wolfgang Hümbert aus Schwalbach. Sein Kollege Ruffing ergänzt, ein Programm, das ihm einen bestimmten Schnitt vorgebe, schränke seine Kreativität ein. Demetz hält dagegen, Friseure könnten jetzt genauso arbeiten wie Architekten oder Künstler: «Die fertigen auch zunächst mal Pläne an.»
Außerdem erleichtere die Simulation die Entscheidung eines Kunden zugunsten einer neuen Frisur. «Wie will der Friseur seine Kreativität an einem Kunden beweisen, der einfach nicht den Mut zu einer Veränderung hat?», fragt Demetz. Mehr als 500 Friseure in ganz Europa nutzten das Programm bereits. Demetz stellt allerdings klar: Beratung - das bleibe nach wie vor Aufgabe des Friseurs. «Das Programm berät nicht, es gibt dem Friseur aber die Möglichkeit, seine Beratung und auch die Vorstellungen und Wünsche des Kunden sichtbar zu machen.»
Auf die Idee für seine Erfindung brachte den Studenten übrigens sein Vater. Allerdings über Umwege: Auf der Suche nach einer automatischen Gesichtserkennung für sein Frisurenprogramm wandte sich Demetz senior an einen Saarbrücker Informatikprofessor. Gute Idee, meinte der Wissenschaftler - und schlug Demetz junior das Thema für dessen Bachelor-Abschlussarbeit vor. So kam es, dass der junge Mann aus der saarländischen Gemeinde Beckingen nicht nur seinen Vater glücklich machte, sondern auch seine Mutter. Die ist - Friseurmeisterin.