1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Berufsbild: Berufsbild: Müller mahlen das Mehl mit dem Computer

Berufsbild Berufsbild: Müller mahlen das Mehl mit dem Computer

Von ANDREAS HEIMANN 28.08.2009, 11:08

HAMBURG/DPA. - Doch das ist lange her. Heute arbeiten gerade noch 3 000 Fachkräfte in diesem Beruf, und sie heißen offiziell auch nicht mehr Müller, sondern Verfahrenstechnologe in der Mühlen- und Futtermittelwirtschaft. Die Berufsaussichten gelten als gut, Nachwuchs wird in vielen Betrieben dringend gesucht.

Viele Jugendliche hätten ein völlig falsches Bild von der Branche, sagt Elke Matern von der Kampffmeyer Mühlen GmbH in Hamburg. "Sie denken, die Arbeit sei schmutzig und körperlich anstrengend, und der Müller lädt noch die Säcke auf den Esel." Mühlen seien heute jedoch moderne Betriebe und von außen kaum noch als solche erkennbar. Oft besäßen sie 50 oder 60 Meter hohe Silogebäude. Und wo einst Mühlsteine mit solchem Lärm rotierten, dass die Müller taub wurden, arbeiten heute computergesteuerte Mahlwerke.

"Mühlsteine wären heute gar nicht mehr zulässig", sagt Andreas Bolte, Ausbildungsbeauftragter beim Verband Deutscher Mühlen (VDM) in Bonn. Die Branche hat sich rapide verändert: Die Zahl der Betriebe ist in den vergangenen Jahrzehnten enorm zurückgegangen. Laut VDM gab es vor rund 60 Jahren noch 19 000 Mühlen - heute sind es noch 600. "Ganz kleine gibt es kaum noch", sagt Anja Twietmeyer vom Mühlenbetrieb Weltgold in Weickelsdorf in Sachsen-Anhalt. Dort gibt es 30 Arbeitsplätze - zehn allein für Kraftfahrer, sechs für Müller und derzeit einen Azubi. "Die Müller sind alles Männer", sagt Twietmeyer. "Frauen könnten das auch, haben an dem Beruf aber weniger Interesse."

Voraussetzung für die dreijährige Ausbildung ist ein guter Hauptschulabschluss. "Wir erwarten gute Kenntnisse in Mathe, Bio, Chemie und technisches Verständnis", sagt Elke Matern. "Aber auch Teamfähigkeit und die Bereitschaft zur Schichtarbeit." In der Mühle in Hamburg mit derzeit 23 Azubis wird an sieben Tagen die Woche gearbeitet, zum Teil in drei Schichten.

Solide Mathekenntnisse sind unverzichtbar. Denn Mehl ist nicht einfach das, was hinten aus dem Mahlwerk rauskommt. Zum einen gibt es viele ganz verschiedene Mehlsorten. "Und schon für ein Weizenmehl Typ 405 werden verschiedene Mehle gemischt", erklärt Andreas Bolte vom VDM. "Eigenschaften und Qualität müssen dabei gleichbleiben." Und zwar das ganze Jahr hindurch - was nicht selbstverständlich ist. "Getreide ist schließlich ein Naturprodukt", erklärt Anja Twietmeyer vom Weltgold-Betrieb. Das heißt: Die Qualität kann schwanken.

Die Deutschen sind Europameister beim Brotverbrauch - der Bedarf an Mehl ist also gesichert. Spezialmehle gibt es außerdem nicht nur für bestimmte Backwaren - Mehl wird für Pizza oder Eiswaffeln genauso gebraucht wie für Ciabatta oder Croissants, aber auch für Gummibärchen, Suppen oder manche Arzneimittel.

Auch technische Kenntnisse werden immer wichtiger. Seit 2006 müssen Azubis deshalb auch lernen, mit Computern zu arbeiten. "Bei Störungen müssen sie in der Lage sein, das Problem möglichst zu beheben", sagt VDM-Experte Bolte. Die technischen Anforderungen seien ständig größer geworden, bestätigt Twietmeyer. "Eine moderne Mühle wird per Computer gesteuert, der handwerkliche Anteil ist immer kleiner geworden."