Berufsbild Berufsbild: Fracht wird punktgenau abgesetzt
HAMBURG/DPA. - An Aussicht lässt der Arbeitsplatz nichts zu wünschen übrig. Jenseits der Elbe liegt Övelgönne mit seinen Kapitäns- und Lotsenhäuschen, am diesseitigen Ufer erstreckt sich ein Containermeer, das aus 52 Metern Höhe wie eine Ansammlung von Streichholzschachteln aussieht.
Doch die Männer und Frauen, die hier im Hamburger Hafen arbeiten, haben keine Zeit für den weitschweifenden Blick nach draußen. Sie sind Containerbrückenfahrer und müssen die tonnenschweren Transportkisten punktgenau heben und absetzen.
"Containerfahrer ist kein Ausbildungsberuf, es ist eine Funktion, die Hafenarbeiter nach entsprechender Schulung übernehmen", erklärt Henning Scharringhausen, Geschäftsführer des maritimen competenzcentrums in Hamburg. Es ist der überregionale Bildungsträger der Hafenwirtschaft, der unter anderem Fachkräfte im Containerumschlag ausbildet. Dazu gehören die Brückenfahrer, von denen das Zentrum bis zu 90 pro Jahr ausbilden kann. Sie lernen ihren Job zunächst in einem Simulator und dann im praktischen Einsatz, wenn sie sich für eine Berufslaufbahn im Hafen entschieden haben. "Jeweils zwei Teilnehmer besuchen den Kurs für zehn Tage", so Scharringhausen.
"Natürlich werden sie vorher getestet." Diese Fachkräfte müssen schwindelfrei sein und ein sehr gutes Augenmaß haben, wenn sie beim Stauen oder Entladen die Container auf drei Zentimeter genau manövrieren.
Nach der ersten Phase geht es auf eine Brücke des Arbeitgebers. Rund zehn bis 15 Tage arbeiten sie mit einem erfahrenen Ausbilder an ihrer Seite im Be- und Entladen der Containerschiffe. Mehr als 30 dieser stählernen Boxen müssen sie pro Stunde auf Sicht bewegen. Sie sitzen dazu in einer klimatisierten Kanzel mit gläsernem Boden, die an der sogenannten Katzbrücke hängt und sich vor- und rückwärts bewegen lässt. Gesteuert wird mit einem Joystick.
"Containerfahrer müssen sich immer voll konzentrieren können", sagt Ina von Spies von der Hamburger Hafen und Logistik AG. Die Fahrer bewegen das zehn Tonnen schwere Lastaufnahmegerät ebenfalls mit einem Steuerknüppel. Wenn an diesem "Spreader" hängende Container ins Pendeln geraten, müssen sie abgefangen werden.
"Zur Bedienung einer Containerbrücke tritt immer ein Team an. Es besteht aus zwei Brückenfahrern, einem für die Verladekontrolle zuständigen Checker und einem Springer", erzählt von Spies aus der Praxis. Einer der Brückenfahrer geht als Einweiser an Bord des Containerschiffes, der andere nimmt seinen Platz in der Kanzel ein. "Die modernen Brücken haben einen Aufzug eingebaut, in den älteren musste man noch klettern."
Nach vier Stunden wechseln die Brückenfahrer einander ab. Beim Be- und Entladen der großen Schiffe mit bis zu 10 000 Containern an Bord sind oft vier bis fünf Brücken gleichzeitig im Einsatz. Tag- und Nachtschichten, Wochenend- und Feiertagsarbeit sind deshalb üblich, erläutert Henning Scharringhausen.
Wegen der Einbrüche im Welthandel liegen in vielen deutschen Häfen allerdings Schiffe "an der Kette", weil keine Fracht zu transportieren ist.
Weitere Informationen im Internet: www.eurogate.eu
und www.hhla.de