Test Volvos Stromer EX30 kann zum Sportler werden
Der nur 4,23 Meter lange EX30 Electric bietet in der Allradversion 428 PS an. Die Elektromotore sitzen auf beiden Achsen. Die Preise starten bei 53.590 Euro.
Halle / Saale - Nach dem Einsteigen in den Volvo EX30 schaut man überrascht aufs Armaturenbrett. Hinter dem Lenkrad gibt es keinerlei Anzeigen. Der EX30 ist Volvos kleinster Stromer. Das Elektroauto wird mit 272 und 428 PS Leistung angeboten. Im Test war die stärkste Version. Der Wagen ist 4,23 Meter lang, zehn Zentimeter kürzer als der aktuelle Golf. Front und Heck haben ein sehr markantes Design. Die Schokoladenseite des Wagens ist das Heck - ganz eigenständig, unverwechselbar Volvo. Auffällig sind am Armaturenbrett die vielen glatten, geraden Flächen. Je nach gewählter Ausstattung hat das Material unterschiedliche Anmutung. Es stammt aus recycelten Plast-Fensterrahmen und wird u.a. vorn und an den Türen eingesetzt. Eingelassen in die Oberfläche sind viele kleine bunte Einsprengsel. Fährt man darüber, spürt man sie. Dieser Materialmix ist ein Teil diverse Volvo-Ideen für mehr Nachhaltigkeit bei der Produktion. Auch die Sitzbezüge wurden aus recycelten Materialien wie etwa PET-Flaschen hergestellt. Der graue Bezug fühlt sich angenehm weich an, die Sitze sind sehr bequem. Unglücklich die Entscheidung, die Fensterheber auf die Mittelkonsole zu verlegen.
Das 12,3 Zoll-Display bündelt eine enorme Menge an Informationen und Bedienelementen. Auf dem wird links oben in der Ecke die Geschwindigkeit angezeigt, was keine gute Idee ist. Denn ständig geht der Blick raus aus der Fahrtrichtung. Dass nahezu alle Bedienhandgriffe über den Touchscreen ablaufen, mag innovativ sein. Im Alltag wünschte man sich dann aber doch den einen oder anderen Knopf zum Drehen oder Drücken. Manchmal fühlt man sich da überfordert oder braucht lange, bis man im Touchscreen findet, was man sucht. Handschuhfach öffnen? Einfach aufziehen ist nicht. Man muss ins Menü, um dann auf dem Touchscreen das Handschuhfach öffnen zu können. Warum? Und warum, Volvo, muss man sich durchs Menü hangeln, um die Seitenspiegel einstellen zu können? Die Navigation via Google ist gut gelungen. Das Infotainmentsystem basiert generell auf Google-Technik (inklusive Sprachbedienung).
Zum Starten wird kein Schlüssel genutzt, sondern ein Startkarte. Beim Loszufahren braucht man nur das Bremspedal zu betätigen und den rechten Lenkstockhebel nach unten bis auf „D“ zu ziehen und schon schnurrt der Stromer los. Nach einer Stunde Fahrt durch die Stadt, über Landstraßen und die Autobahn ein Blick auf die Reichweite: Das Auto hat gerade mal 40 Kilometer verloren. Beim EX30 kann man unter drei Motor-Akku-Kombinationen wählen. Beim gefahrenen Allradler sitzen die E-Motoren auf beiden Achsen. Der Rekuperationsgrad zum Aufladen während der Fahrt wird über den Touchscreen eingestellt. Zwei Modi kann man wählen, One-Pedal-Driving und eine Normaleinstellung. Das One-Pedal-Driving bedeutet, dass automatisch gebremst wird, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt. Das Auto rollt dann allein bis zum Stillstand aus, das nutzt man gern im Stadtverkehr. Die andere Form der Rekuperation ist kaum wahrnehmbar.
Die gefahrene Allrad-Version ist immer mit dem stärksten Akku ausgestattet. Aber warum braucht ein vergleichsweise kleines Auto 428 PS? Die stärkste Motorisierung katapultiert den Wagen in unter vier Sekunden auf Tempo 100 - ein Wert, der sich Porsche-Zeiten nähert. Wie üblich bei den Schweden ist bei 180 km/h Schluss mit dem Vortrieb. Das Fahrverhalten ist premium. Federung, Lenkung, alles top. Immer wieder freut sich der Fahrer über den brachialen Anzug. Auf der Autobahn erweist sich das als Sicherheitsgewinn beim Überholen. Zu den neuen Sicherheitsangeboten gehört ein System, dass beim Überholen freie Spuren sieht und zudem automatisch einen ausreichenden Seitenabstand zu Lkw sichert. Ein neuer Parkassistent erkennt alle Parklücken, egal ob längs, schräg oder quer, und parkt sicher ein.
Das Raumgefühl ist für diese Fahrzeuggröße vorn unerwartet luftig. Die breiten Türen erlauben sehr bequemen Einstieg. Großzügig sind auch die zahlreichen Ablagemöglichkeiten konzipiert. Sehr praktisch die nach vorn schiebbare Ablage in der Mittelkonsole, darunter klappt auf Fingerdruck ein Fach auf. Eng wird es hinten. Die Beinfreiheit ist sehr knapp. Die hintern Türen sind sehr schmal, die Radkästen weit vorgezogen. Das Einsteigen wird so ziemlich unbequem, man muss den Kopf stark einziehen. Der Kofferraum mit doppelten Boden schluckt 318 Litern. Die Ladefläche wird nach dem Umklappen der Rücklehnen sehr schön eben. Unter der großen Fronthaube befindet sich nur ein Fach für das Ladekabel. Fällt die Temperatur unter zehn Grad, ist es kaum möglich, das harte Kabel wieder so zusammen zu legen, dass es in die Box passt.
Sehr hilfreich auf Reisen ist, dass das Auto eine komplette Ladestrategie erstellt und anzeigt - man weiß, wann wo eine Ladesäule frei ist. Exakt wird angegeben, wie weit es bis dorthin ist und wie lange man dann aufladen wird. An Schnellladesäulen lässt sich die Batterie des EX30 in 26 Minuten von 10 auf 80 Prozent auffüllen. Ist der Akku randvoll, winken 460 Kilometer - auf dem Papier. Aber um die 400 Kilometer sind gut erreichbar, wenn die Fahrweise entsprechend stromsparend ist.
Technische Daten: Volvo EX30 Twin Performance
Antrieb: Elektromotoren, Allrad
Maximale Leistung: 428 PS
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Leergewicht: 1.765 - 1.960 kg
Länge: 4,23 Meter
Kofferraum: 318 Liter
Reichweite: 460 km
Ladezeit: von 10 auf 80 Prozent in 26 Minuten
Preis: ab 53.590 Euro