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Verbraucher Verbraucher: Alte Staatskarossen nicht blind ersteigern

Von Sven Appel 19.11.2003, 11:47
Kein Umlackieren mehr notwendig - die grünen Streifen und die Aufschrift "Polizei" bestehen heute aus Folien, die bei einem Verkauf des Behördenautos an Privatnutzer entfernt werden. (Foto: dpa)
Kein Umlackieren mehr notwendig - die grünen Streifen und die Aufschrift "Polizei" bestehen heute aus Folien, die bei einem Verkauf des Behördenautos an Privatnutzer entfernt werden. (Foto: dpa) Volkswagen

Stuttgart/Hamburg/dpa. - «Vater Staat» kann ganz schön knauserig sein. Ausgediente Staatskarossen oder Polizeiwagen werden nicht etwa verschenkt, sie kommen auch nicht auf den Schrottplatz. Stattdessen werden sie in der Regel versteigert. Wer zum Beispiel schon immer einen Mercedes «Wolf», den Geländewagen der Bundeswehr, haben wollte, ist bei den Auktionen an der richtigen Adresse. Allerdings sollte er sich nicht blind darauf verlassen, dabei ein Schnäppchen zu machen.

Viermal im Jahr bietet beispielsweise die Polizei Hamburg jeweils 30 bis 40 ausgemusterte Dienstwagen an: «Das sind Fahrzeuge, die aus irgendeinem Grund unwirtschaftlich für uns geworden sind», erklärt Fuhrpark-Leiter Thorsten Krumm. Oft haben die Autos schlicht zu viele Kilometer auf dem Tacho. Die Termine für die Versteigerung und die Daten für die Besichtigung der Fahrzeuge erfahren die überwiegend privaten Interessenten bei der zuständigen Finanzbehörde.

Nach Worten von Rainer Hillgärtner, Pressesprecher beim Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart, können ausgediente Polizeifahrzeuge durchaus interessant sein. Die in der Vergangenheit bestehende Auflage für private Käufer, das Fahrzeug umzulackieren, entfällt heute: «Da werden leicht zu entfernende Folien genutzt», erklärt Hillgärtner. Um spezielle Armaturen oder die Blaulichter müssen sich Käufer ebenfalls nicht mehr kümmern. «Das bauen wir alles zurück», erklärt Thomas Krumm.

Eine große Auswahl an Fahrzeugen hat die Vertriebsgesellschaft für bundeseigenes Gerät (VEBEG) in Frankfurt/Main im Angebot. Die Palette reicht vom gepanzerten Mercedes 200 E über den Mercedes «Wolf» oder den VW «Iltis» bis hin zum Transporter T4 von Volkswagen aus den Reihen des Bundesgrenzschutzes. Auch Staatslimousinen oder Land Rover der britischen Streitkräfte bietet die VEBEG auf ihrer Internetseite www.vebeg.de zur Versteigerung an.

Wer den Zuschlag für einen der Wagen bekommt, muss jedoch in der Regel noch basteln. So weist die VEBEG darauf hin, dass die Fahrzeuge in der Regel nicht betriebsbereit sind. Der Verkauf erfolgt zudem ohne Garantie, und - wenn der Käufer Unternehmer ist - unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Mängelhaftung.

Auch die Deutsche Post übernimmt weder Garantie noch Gewährleistung für die verkauften Fahrzeuge. Deshalb verkauft das ehemalige Staatsunternehmen seine Gebrauchten nur noch an Händler, die sie dann - mit Garantie - an Privatpersonen weiterveräußern. Für den Handel mit ausgemusterten Fahrzeugen gibt es bei der Post mit dem Fuhrpark-Management eine eigene Abteilung, so Norbert Schäfer, Pressesprecher des Unternehmens in Bonn. Die Wagen werden gesammelt in verschiedenen Regionen angeboten. «Die Händler bekommen dann eine Liste mit 30 bis 40 Fahrzeugen.» Meist handelt es sich um Fahrzeuge, die zwischen fünf und zehn Jahre auf dem Buckel haben.

Bei vielen der Auktionen von Behörden oder früheren Staatsfirmen wird kein Mindestgebot bekannt gegeben. Umso wichtiger ist es daher für potenzielle Käufer, sich über gängige Preise für das gewünschte Fahrzeug zu informieren, bevor ein Gebot abgegeben wird. «Das kann man zum Beispiel mit Hilfe der Schwacke-Liste tun», rät Lothar Nicolas, Sprecher der Sachverständigen-Organisation Dekra in Stuttgart. Die dort angegebenen Preise bieten zumindest einen Anhaltspunkt.

Zu bedenken sei aber, dass die angebotenen Wagen oft das Manko hoher Kilometerleistungen aufweisen, so Rainer Hillgärtner vom ACE. Die meisten waren schon deutlich mehr als 100 000 Kilometer unterwegs. Zudem haben sie den Nachteil, oft von vielen Fahrern genutzt worden zu sein. Andererseits ist laut Hillgärtner davon auszugehen, dass die Wagen meist von einem speziellen Fuhrparkservice gut gepflegt worden sind. «Das gilt besonders für alle verkehrssicherheitsrelevanten Teile, zum Beispiel für die Bremsen.»

Wie bei jedem Gebrauchtwagenkauf sollte trotzdem auch bei den Versteigerungen darauf geachtet werden, dass der Werdegang des Wagens gut dokumentiert ist: «Dazu gehören zum Beispiel ein Wartungsheft sowie Belege über vorgenommene Reparaturen», erläutert Lothar Nicolas. Insgesamt seien die von Behörden organisierten Kfz-Versteigerungen ein «faires Geschäft», sagt Hillgärtner.