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BIKE CHECK Stevens E-Strada: E-Bike mit versteckter Technik im Test

Das Stevens E-Strada 6.3.4 FEQ versteckt seine Elektroteile wie kaum ein anderes Modell: Es ist damit ein komfortables E-Bike im Tarnkleid, dem man eine konzeptionelle Unstimmigkeit schnell vergibt.

Von Stefan Weißenborn, dpa 02.04.2025, 00:05
Neu im Fuhrpark der Modell-Familie: die Version mit Trapezrahmen, also stark nach hinten abgesenktem Oberrohr.
Neu im Fuhrpark der Modell-Familie: die Version mit Trapezrahmen, also stark nach hinten abgesenktem Oberrohr. Stefan Weißenborn/dpa-tmn

Berlin - Anhand von Fahrradrahmen könnte man eine Gender-Diskussion anstoßen. Ist ein Bike mit geradem Oberrohr, traditionell Herrenrad genannt, nur für Männer? Und umgekehrt: Ist ein Tiefeinsteigerrahmen nur was für Frauen? Solche Fragen und Argumente wirken - wie die zugehörigen Bezeichnungen Herrenrad und Damenrad - aus der Zeit gefallen.

Ob die Umstellung beim Wording von Lady und Gent zu High Tube (HT) und Low Tube (LT) beim Hamburger Hersteller Stevens zum Modelljahr 2024 überfällig war, darüber kann man streiten. Was man aber beobachtet: „Die LT-Fahrräder werden heute auch häufiger von Männern gefahren, als es früher noch der Fall war“, so Sprecherin Kerstin Hafenstein. Der Trend zum „bequemen“ Radfahren spiele bei dieser Entwicklung eine Rolle. 

Denn je tiefer das Oberrohr, desto leichter fällt der Einstieg, so wie beim Testrad E-Strada 6.3.4 FEQ, ein City-E-Bike das zudem im Tarnkleid fährt: Dank integrierter Komponenten ist es kaum als Pedelec zu erkennen. 

Der Einsatzzweck

Wie es die Gattung sagt: Die Stadt ist das verordnete Revier des City-Bikes aus Norddeutschland. Schnell von A nach B kommen ist die Devise. Dass man dank des abgesenkten Oberrohrs komfortabel auf- und absteigen kann, ist bei vollem Terminkalender zwischen Bäcker und Büro sicher nicht unvorteilhaft. 

Wer aber sowieso das Bein über den Sattel schwingt, dürfte mit den Achseln zucken. Einschränkung gibt es ausdrücklich beim Terrain: Das E-Strada zählt laut internationalem Standard für Fahrräder zur Kategorie 1 E, ist also nicht für Geländefahrten geeignet. 

Die Technik

Der Rahmen ist kein klassischer Tiefeinsteiger, sondern ein Trapezrahmen. Weil bei dieser Form noch ein - wenn auch stark abgesenktes - Oberrohr vorhanden ist, ist die Konstruktion prinzipiell stabiler als ohne dieses. 

Das zulässige Gesamtgewicht inklusive Fahrerin oder Fahrer, Gepäck und eventueller Anhängelast bei dafür zugelassenen E-Strada liegt bei 140 Kilo. Das ist praktisch für den, der im Großstadtdschungel Kinder oder Einkäufe hinter sich herzieht. Alternativ kann ein Kindersitz angebracht werden.

An- und ausgeschaltet wird das Modell über eine iWoc genannte Bedieneinheit, die weitgehend unauffällig ins Oberrohr eingelassen ist. Über denselben Taster lassen sich die Unterstützungsstufen anwählen. Welche gerade aktiv ist, erkannt man an der jeweiligen Farbe des LED-Balkens, dessen Länge auch eine Ahnung vom Ladezustand der Batterie gibt.

Auch der Stromspeicher ist im Rahmen fest integriert und dort so gut versteckt, dass das Rad für ein Modell mit gewöhnlichem Alu-Rahmen gehalten werden könnte. Die Integration geht allerdings auf den Energiegehalt. Denn mit viel mehr als den enthaltenen 236 Wattstunden (Wh) wäre der Akku in der Bauform größer und würde nicht mehr so unauffällig ins Rohr passen.

Der Motor, Mahles X30-Hecknabenmotor, ist zwar als solcher sichtbar, könnte auf den ersten Blick aber auch für das Gehäuse einer Nabenschaltung gehalten werden - wenn nur eine Kettenschaltung nicht an Bord wäre. Montiert sind Komponenten der Shimano Cues U6000, ein 2x11-fach-Antrieb.

Der Fahreindruck

Die 28-Zoll-Fulcrum-Laufräder strahlen Ruhe aus, dass Gravel-Bereifung für Schotter und andere rauere Untergründe aufgezogen ist, erscheint mit Blick auf das Einsatzterrain Stadt indes etwas widersinnig. Wer aber auch mal durch den Stadtpark fährt, freut sich über mehr Grip. Doch schon von Feldwegen unter den kleinen Stollen gehen Stöße aus, die angesichts der dürftigen Dämpfungseigenschaften eines Alu-Rahmens unangenehm werden können. Doch dafür wird das Bike ja nicht annonciert.

Hingegen berechtigte Kritik beim Schaltverhalten: Treffsicher und geschmeidig zwar gleitet die Kette von Ritzel zu Ritzel, doch das erst mit spürbarem Zeitversatz zum Daumenbefehl am Schalthebel. Dass Stevens die Cues als „sportlich“ bezeichnet, passt dazu nicht. Für schnelle Manöver ist die Trägheit sowieso hinderlich.

Angenehm unauffällig ist der Motor: Kaum hörbar, verarbeitet er das Zusammenspiel von Drehmoment- und Trittfrequenzsensor so harmonisch, dass nie das Gefühl von Über- oder Überdosierung aufkommt. Das war bei Nabenmotoren nicht immer so. Kräftig genug für guten Schub nach roter Ampel ist er auch. 

Nachteil der fest verbauten Batterie: Zum Laden muss das ganze Rad zur Steckdose. Mit vollem Akku genügten uns bei größtenteils flachem Terrain und Außentemperaturen von knapp zehn Grad die enthaltenen 236 Wattstunden für knapp 70 Kilometer, größtenteils unterwegs in der schwächsten der drei Unterstützungsstufen. Auch wer längere Strecken pendelt, ist immerhin nicht darauf angewiesen, den Akku auf der Arbeit nachzuladen. Auf Radreisen mit längeren Tagesetappen könnte einem der Saft aber ausgehen. 

Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie

Abhilfe leistet ein Range Extender von Mahle mit 171 Wh, der am Sitzrohr fixiert wird. Im Handel ist er aber nicht unter 400 Euro zu bekommen. Aufrüsten und den Tarneffekt unterminieren lässt sich mit weiterer E-Bike-Technik: Display und kabelgebundene Fernbedienung für den Lenker sind erhältlich.

Das 2,1 Zoll große Monochrom-Display zeigt numerische Daten unter anderem zu Geschwindigkeit und Fahrzeit, aber auch Restreichweite und Ladezustand und bleibt damit anders als die iWoc-Einheit nicht im Ungefähren. Gleiches und mehr leistet die Mahle MySmartbike App, die man sich aufs Handy laden und dort auch die Charakteristik der Unterstützungsstufen individualisieren sowie Statistiken zur eigenen Nutzung abrufen kann.

Die Buchstaben FEQ im Namen des E-Strada stehen für „Fully Equipped“. Diese „Vollausstattung“ umfasst Beleuchtung, Schutzbleche, Gepäckträger; ansprechen möchte man Ganzjahrespendler und Ausflügler. Praktisch: Sobald die Dämmerung einsetzt, schalten sich Front- und Hecklicht von Supernova lichtsensorgesteuert automatisch ein. Gespeist wird deren Energiebedarf aus dem Antriebs-Akku.

Der Preis

3.299 Euro kostet das E-Strada 6.3.4 FEQ LT, das es auch in der 600 Gramm leichteren HT-Variante gibt. Wer ein merklich leichteres E-Strada fahren und dafür auch weit tiefer in die Tasche greifen möchte, wählt eine Carbon-Version des E-Strada.

Das Fazit

Anspruch eingelöst. Ein verlässlicher Begleiter ist das 6.3.4 FEQ LT in der Stadt, dem angestammten Betätigungsfeld. Und auch Pendlern, die an den Stadtrand müssen, genügt der aufgrund seiner In-Tube-Bauweise in der Kapazität eingeschränkte Akku. Einziger Minuspunkt beim leichtgängigen und agil zu steuernden Modell ist das träge Schaltverhalten.