MZ-Test: Suzuki Intruder 800 Volusia MZ-Test: Suzuki Intruder 800 Volusia: «Country Star»: Üppige Formen, solides Herz
Halle/MZ. - Auf 2,50 Meter Länge kommt die Suzuki Volusia, der Lenker ist einen knappen Meter breit. Unheimlich breit, denkt man, sitzt man davor, aber schon nach den ersten Kilometern spürt man den Vorzug: Mit dem breiten Lenker lassen sich die fünf Zentner Lebendgewicht spielend leicht dirigieren. Allenfalls beim Rangieren oder bei Spitzkehren hat man ganz schön zu tun, das Gewicht ums Eck zu bringen.
Die Volusia hat Ausmaße wie eine Softtail von Harley-Davidson, nur kostet sie gut 8 000 Euro weniger. Breiter Kotflügel, breites Schutzblech vorn, breite Reifen, gewaltige Auspuffzwillinge, ein Fahrersitz wie ein Sessel - und Chrom, wohin das Auge schaut. Dass vieles davon - Schutzbleche inklusive - aus Plast ist, lässt sich in Kauf nehmen. Suzuki hat nicht nur in den Formen geschwelgt, sondern der Maschine auch eine ordentliche technische Basis verpasst. Das Kaltstartverhalten ist tadellos, der Motor läuft rasch rund. 53 PS bieten kräftigen Durchzug, Antritte tief aus dem Drehzahlkeller liegen dem Aggregat. Der fünfte Gang ist als Overdrive ausgelegt.
Der Motor hat Reserven, wenn man bei 120 km / h auf der Autobahn meint, noch mal Gas geben zu müssen. Die 150 werden ungequält im Solobetrieb erreicht, dann geht es weiter bis zu 160 km / h. Aber das ist nicht - bauartbedingt - die bevorzugte Geschwindigkeit einer Volusia. Man merkt das an der Straßenlage. Erst dort oben geht die Ruhe, mit der die Maschine souverän bei 120 bis 140 km / h auf der Piste liegt, verloren. Der lange Radstand, die breiten Reifen und das Gewicht machen die Maschine ansonsten sehr spurtreu. Das vermittelt Sicherheit gerade bei hoher Reisegeschwindigkeit. Der 17-Liter-Tank zwingt auf großer Autobahntour höchstens aller drei Stunden an die Zapfsäule - wenn man so lange sitzen kann. 5,7 Liter verbrauchte die Volusia im MZ-Test, bei moderater Fahrweise dürfte man auch mit fünf Litern hinkommen. Praktisch sind für die Tour wie für den Alltag die serienmäßigen Seitenkoffer aus Plast, verschließ- und abnehmbar. Dort, wo der Schlüssel eingeführt wird, leidet das Material schnell unter kleinen Kratzern, was übrigens auch für den Bereich gilt, wo der Zündschlüssel steckt (vorn rechts im Rahmen).
Die Bremsen (vorn Scheibe, hinten Trommel) sind in allen Geschwindigkeitsbereichen gut dosierbar, haben einen klar definierten Druckpunkt. Der Kardanantrieb arbeitet geräuschlos. Klar sortiert die Gänge, da verheddert man sich nicht. Die Gangstufen rasten präzise und angenehm geräuscharm ein, der Leerlauf ist deutlich zwischen den Gängen markiert.
Die Federgabel wurde sehr komfortabel ausgelegt. Sie ist siebenfach in der Härte verstellbar, je nach Fahrstil und Beladung. Die Gabel bügelt Unebenheiten weg, der harte Hinterbau gibt sie aber sehr heftig weiter an den Fahrerrücken, darauf kann man sich einstellen, gerade, wenn man zu zweit fährt.
Der Mitfahrer sitzt für eine Stunde etwa ausreichend bequem, vor allem sitzt er recht hoch. Beim Fahren enger Kurven spürt man die hohe Masse heftig im Lenker, da braucht es einiges Balancegefühl. Mit der Volusia lässt sich gut weit reisen, denn die Fahrer-Sitzposition (nur 70 Zentimeter Sitzhöhe) ist mit vorverlegten Fußrasten und aufrechter Fahrerhaltung ausreichend entspannt. Die Unterarme liegen unverkrampft nahezu waagerecht am Lenker. Der Knieschluss vermittelt halbwegs Kontakt zur Maschine, obwohl der Tank cruisertypisch keine Seitenvertiefungen hat. So kommt man dennoch gut durch die Kurven, indem man sowohl leicht am Lenker zieht, als auch die Maschine mit den Oberschenkeln in die Kurven drückt. Die Schräglagenfreiheit hat natürlich Grenzen, aber das weiß, wer sich für so etwas entscheidet.
Serienmäßig wird beim diesjährigen Modell eine Windschutzscheibe mitgeliefert. Die Scheibe sieht groß und gut aus und erfüllt wohl auch bis etwa 90 km / h ihren Zweck . Aber bei 120 zerren heftige Verwirbelungen den Fahrerkopf hin und her, bei 140 ist es unerträglich, man meidet dieses Tempo gern. Das ist nicht zu Ende gedacht. Es fährt sich angenehmer, wenn man sich ohne Scheibe dem normalen, vollen Winddruck aussetzt. Dennoch, die Volusia vermittelt bezahlbar genau das, was die Cruiser-Fahrer quer durch die Marken so mögen: Nicht die schiere Leistung, nicht die Kurvenhatz zählen, sondern das verklärte Gefühl, sich ein Stück Freiheit gekauft zu haben, wenn der Zweizylinder dumpf über die Landstraße blubbert. Und das kann die Volusia richtig gut.