Jugend Jugend: Keine Mutprobe durchführen

Frankfurt/Main/dpa. - Von der Tanzfläche ohne Umweg in denStraßengraben: So enden immer wieder Discobesuche junger Autofahrer -oft mit tödlicher Folge. Häufig ist Alkohol im Spiel, auch Müdigkeitund Selbstüberschätzung sind Risiken. Hin und wieder bringen sogarJugendliche sich und andere in Gefahr, die in bester Absicht handeln:indem sie betrunkene Kumpels nach Hause kutschieren und dabei ihrAuto überladen. Völlig ausschließen lässt sich das nächtlicheUnfallrisiko nicht. Wer aber die Finger von Alkohol und Drogen lässtund sich an einige Regeln hält, kann es zumindest senken.
Die Minimierung der Gefahren beginnt schon beim Anschnallen - nachWorten Jochen Hövekenmeiers vom Automobilclub von Deutschland (AvD)in Frankfurt nur scheinbar eine Selbstverständlichkeit: «Weniger alsdie Hälfte der jungen Männer schnallt sich bei Disco-Fahrten an.»Viele verzichteten mit dem Argument darauf, das Anlegen des Gurtessei «uncool». Dass sich die Mädchen nach Erkenntnissen des AvD hiervernünftiger verhalten, verbessert die Situation nicht entscheidend.Schließlich sind sie häufig Beifahrerinnen der Jungs, die es mit derVerantwortung offenbar nicht allzu genau nehmen.
Wer in den frühen Morgenstunden aus dem Club kommt, ist oft völligübermüdet. Zumindest etwas fitter dürften Jungs und Mädchen sein, diesich nicht bereits vor dem Tanzen verausgabt haben: «Bevor man in dieDisco geht, sollte man sich ein bisschen aufs Ohr legen», rät BerndKulow vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Meckenheim beiBonn. Nur wenige wissen, dass auch das Rauchen im Laufe der Nachtmüde machen kann: «Ich bleibe besser wach, wenn ich auf Zigarettenverzichte», sagt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) inStuttgart.
Wichtig ist in jedem Fall Ehrlichkeit des Fahrers zu sich selbst:Bemerkt er, dass er sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinenhalten kann, darf er sich zwar hinters Steuer setzen - jedoch nur fürein Nickerchen auf dem Parkplatz. «Lieber nicht den starken Mannmarkieren!», warnt Maximilian Maurer vom ADAC in München. DieRuhepause vor der Heimfahrt sollte aber länger dauern als 15 bis 30Minuten, sonst ist der Fahrer nach dem Erwachen in aller Regel nochmüder als zuvor.
Rainer Hillgärtner vom ACE zufolge ist es sogar günstiger, ganzauf das Nickerchen zu verzichten: «Der Zustand, wieder konzentriertfahren zu können, hält danach meiner Ansicht nach nicht lange an.»Stattdessen seien Bewegung an der frischen Luft - etwa einige RundenJogging um das Auto herum - und ein paar Schlucke Wasser ratsam.«Damit wird der Kreislauf in Bewegung gesetzt.» Während der Fahrtsollte das Fenster einen Spalt breit offen bleiben.
Auch der Beifahrer kann mithelfen, einen Unfall wegen Übermüdungzu verhindern. «Er sollte auf jeden Fall nicht schlafen», so JochenHövekenmeier vom AvD. Und wenn er merkt, dass der Fahrer auf Fragennicht mehr reagiert, muss er dafür sorgen, dass sofort angehaltenwird - und das Steuer selbst übernehmen, falls auch er auf Alkoholverzichtet hat. Garantiert wirksam seien aber all diese Tricks nicht,warnt Hillgärtner: «Letztlich kann ich meine Müdigkeit nicht einfachübertölpeln.»
Grundfalsch und gefährlich ist auch jeder Versuch, der Müdigkeitdavonzurasen: Viel zu groß ist das Risiko, dabei wegen überhöhterGeschwindigkeit zu verunglücken - vor allem auf Landstraßen, über dieein Großteil der Heimfahrten nach Discobesuchen führt: «Mehr als 60Prozent aller tödlichen Unfälle in Deutschland passieren aufLandstraßen, das muss einem bewusst sein», so Bernd Kulow vom DVR.
Haben sich alle Insassen eines Autos bis auf den Fahrer das einoder andere Bier genehmigt, ist das im Prinzip noch kein Problem. DerFahrer darf sich laut Maurer vom ADAC jedoch nicht überreden lassen,zusätzlich noch diesen oder jenen mitzunehmen, der über die Strängegeschlagen hat. «Wenn dann acht Leute in einem Polo sitzen, ist daszwar vom Fahrer gut gemeint, aber gefährlich.»
Problematisch kann es auch werden, wenn die vom Alkohol enthemmtenInsassen übermütig werden und den Fahrer zu riskanten Manövern odermehr Tempo überreden wollen. «Das Wichtigste ist, sich nicht zuMutproben verführen zu lassen», warnt Hövekenmeier. «Es ist auchschon vorgekommen, dass irgendwelche Verrückten während der Fahrt dieHandbremse gezogen oder ins Lenkrad gegriffen haben», so Maurer.
Besonders wenn Mädchen mitfahren, fällt es manchen Jungen nichtnur schwer, vernünftig zu bleiben. Sie fühlen sich unter Umständensogar zu gefährlichen Experimenten herausgefordert, weil sie denken,damit ihren Mut unter Beweis stellen zu können. Manchen Mädchen magdas tatsächlich imponieren, doch längst nicht allen, wie Hövekemeierbetont: «Es gibt sehr viele junge Frauen, die sagen: Bei so einemDeppen steige ich nicht ein.»