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Tempolimit, Warnblinker, Lichthupe Hätten Sie es gewusst? Was ist im Straßenverkehr erlaubt oder verboten?

Von Kerstin Metze 10.10.2016, 09:42
Das Betätigen der Warnblinkanlage kann laut Straßenverkehrsordnung ein Bußgeld oder Schlimmeres nach sich ziehen.
Das Betätigen der Warnblinkanlage kann laut Straßenverkehrsordnung ein Bußgeld oder Schlimmeres nach sich ziehen. dpa/Symbol

Halle (Saale) - Das Handyklingeln während der Autofahrt wegdrücken gilt nicht als Telefonieren am Steuer? Der Parkscheinautomat ist kaputt, also darf man einfach so dort parken? In solchen Situationen glauben Autofahrer zu wissen, was stimmt – und tatsächlich ist alles doch ganz anders.

Die MZ geht mit der Hilfe von Experten der Arag-Rechtschutzversicherung und von Verkehrsclubs hartnäckigen Irrtümern auf den Grund.

Dürfen Motorräder rechts am Stau vorbeifahren?

Keiner steht gerne im Stau – auch Motorradfahrer nicht. Rechts an den stehenden Autos vorbeifahren dürfen sie aber trotzdem nicht. Denn rechtlich ist klar: Das Rechtsüberholen – auch beim Durchschlängeln – ist unzulässig und kann als Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) mit einem Bußgeld und bis zu drei Punkten in Flensburg geahndet werden. Kommt es zum Unfall, rechnen die Gerichte dem Fahrer außerdem ein Mitverschulden an. Auch das Ausweichen auf den Seitenstreifen ist nicht zulässig.

Der gilt nämlich laut StVO nicht als Fahrbahn und darf deshalb nicht zum Fahren benutzt werden. Links überholen dürfen Motorradfahrer zwar grundsätzlich, aber nur innerhalb der Fahrbahnmarkierung – und das dürfte oft am fehlenden Platz scheitern. Anders sieht die Lage nach der StVO für Mofa- und Radfahrer aus: Sie dürfen einen Stau oder wartende Fahrzeuge an der Ampel vorsichtig rechts überholen.
OLG Düsseldorf, Aktenzeichen: 5 Ss OWi 151/90

Darf man am Steuer einen Handyanruf wegdrücken?

Nein. Schon das Wegdrücken eines ankommenden Anrufs auf dem Handy während der Fahrt gilt als Benutzung des Geräts und zieht ein Bußgeld nach sich. Das entschied das Oberlandesgericht Köln und verhängte gegen den Autofahrer eine Geldbuße von 50 Euro. Denn beim Abweisen des Anrufs wird das Handy ebenso benutzt wie beim Beenden einer Gesprächsverbindung oder beim Ein- und Ausschalten. Ob und aus welchen Gründen die Telefonverbindung scheitert, sei dabei unerheblich, so die Richter.
Oberlandesgericht Köln, Aktenzeichen: III-1 RBs 39/12

Aber schnell ein Foto mit dem Handy machen, das ist doch erlaubt?

Nein, das Handyverbot am Lenkrad verbietet auch, mit dem Mobiltelefon Fotos am Steuer zu machen. Das ergibt sich aus einem Urteil aus Hamburg. Es bestätigte ein Bußgeld gegen einen Mann, der hinter dem Steuer seines Autos Fotos mit seinem Mobiltelefon gemacht hatte, dabei erwischt wurde, einen Bußgeldbescheid bekam und dagegen gerichtlich vorging. Doch das Gericht bestätigte das Bußgeld. Während der Fahrt dürfe ein Autofahrer das Handy nicht nutzen. Das schließt nach Ansicht des Gerichts bereits das Aufnehmen und das Halten des Geräts ein. Insbesondere aber nannte das Gericht die Nutzung zur Speicherung sowie zur Datenverarbeitung und -darstellung. So sind demzufolge auch Organisations-, Diktier-, Kamera- und Spielefunktionen tabu.
Oberlandesgericht Hamburg, Aktenzeichen: 2 - 86/15 (RB) - 3 Ss 155/15 OWi

Stimmt es, dass vor dem Überholen keine (Licht-) Hupe benutzt werden darf?

Das gilt nur innerhalb geschlossener Ortschaften. Außerhalb der Städte, so die StVO, darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden. Allerdings dürfen entgegenkommende Fahrzeuge durch das Fernlicht nicht geblendet werden. Und: Mehrmaliges Aufblenden oder zu dichtes Auffahren stellen eine Nötigung dar.

Darf man an defekten Parkautomaten einfach parken ohne zu bezahlen?

Gibt es in der gleichen Parkzone noch weitere (funktionsfähige) Parkscheinautomaten, muss der Autofahrer dort einen Parkschein ziehen. Ist das nicht der Fall oder sind auch die anderen Automaten ausgefallen, schreibt die StVO vor, dass eine Parkscheibe zu verwenden ist. Geparkt werden darf dann aber maximal bis zu der auf dem Automaten angegebenen Höchstparkdauer!

Übrigens: Ist mal kein passendes Kleingeld zur Hand oder nimmt der Automat ein bestimmtes Geldstück nicht an, muss man sich andere Münzen besorgen. Denn es ist Sache des Autofahrers – so das Oberlandesgericht Hamm – so viele Versuche mit unterschiedlichen Münzen zu machen, bis ein Parkschein produziert wird.
Oberlandesgericht Hamm, Aktenzeichen: 3 Ss OWi 576/05

Ist das Überfahren einer roten Ampel immer tabu?

Nein, sagt der ADAC: Um Einsatzfahrzeugen Platz zu machen, kann es manchmal erforderlich sein, eine rote Ampel zu missachten. Im Stadtverkehr ist es unter Umständen sinnvoll, nach links auf eine Abbiegespur auszuweichen oder durch das Einfahren in eine Kreuzung Platz zu machen - das gilt selbst bei einer roten Ampel. Wer geblitzt wird, müsse wegen eines solchen Rotlichtverstoßes kein Bußgeld befürchten, erläutern die Experten. Denn weil auch das Einsatzfahrzeug geblitzt wird, sei der Grund für das Einfahren in die Kreuzung gut dokumentiert.

Wann wird ein Warnblinker eingeschaltet?

Reicht es, für Einsatzfahrzeuge nur anzuhalten?

Nein, sagt der ADAC. Auf mehrspurigen Straßen sollte sofort eine Rettungsgasse für Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht gebildet werden, wenn es zu einem Unfall kommt. Die Fahrzeuge auf der linken Spur weichen dazu nach links aus. Wer auf der mittleren oder rechten Spur unterwegs ist, orientiert sich nach rechts. Wer den Einsatz von Rettungsfahrzeugen behindert, dem drohen den Angaben zufolge 20 Euro Verwarnungsgeld.

Wie viel Platz muss sein, damit ein Radfahrer überholen darf?

Fahrradfahrer dürfen Fußgänger und langsamere Radler zwar grundsätzlich überholen - allerdings am besten links und nur dann, wenn dafür genügend Platz ist. Grundsätzlich gelten beim Überholen für Radler ähnliche Regeln wie für Autofahrer, erklärt der ADFC. So ist es zum Beispiel beim Klingeln zum Überholen: Das ist innerorts - wie das Hupen von Autos - eigentlich verboten. Ein kurzes Klingeln ist nach Ansicht der Experten aber meistens noch in Ordnung. Der Abstand zum Überholten muss bei Fahrrädern zwar nicht ganz so groß sein wie bei Autos, ein wenig Platz müssen Radler aber lassen. Bei einem 1,40 Meter breiten Radweg sei die Gefahr, dass sich Lenker ineinander verhaken, zum Beispiel zu groß. 1,70 Meter sind dagegen nach einem Urteil breit genug. Auf den Gehweg ausweichen dürfen Radler aber auch auf schmalen Radwegen nicht.
Oberlandesgericht Frankfurt, Aktenzeichen: 17 U 129/88

Wann wird ein Warnblinker eingeschaltet?

Den Warnblinker dürfen Autofahrer nur einschalten, um andere Verkehrsteilnehmer auf Gefahren aufmerksam zu machen. Dazu zählt nicht das Parken in zweiter Reihe beim Brötchenholen, betont der Tüv. Wer sein Fahrzeug ohne Not verkehrsbehindernd abstellt und dabei den Warnblinker einschaltet, riskiert gleich zwei Bußgelder: für das unerlaubte Halten in zweiter Reihe und für das ordnungswidrige Blinken.

Der Einsatz des Warnblinklichts ist in den Paragrafen 15 und 16 der StVO geregelt. Wer an einer Stelle liegen bleibt, an der sein Fahrzeug nicht unmittelbar als stehendes Hindernis zu erkennen ist, muss das Warnblinklicht einschalten. Beim Abschleppen ist dies für beide Fahrzeuge ebenfalls Pflicht. Außerdem darf der Warnblinker genutzt werden, um den nachfolgenden Verkehr auf ein Stauende aufmerksam zu machen oder zu signalisieren, dass man auf einer schnell befahrenen Straße viel langsamer als andere unterwegs ist.

Sollte bei einem Spurwechsel so früh wie möglich geblinkt werden?

Nein, vor einem Spurwechsel auf der Autobahn sollten Fahrer erst blinken, wenn wirklich Platz zum Überholen ist. Laut dem ADAC setzen viele den Blinker schon lange, bevor die Verkehrssituation ein sicheres Überholen überhaupt erlaubt. Das führe dazu, dass andere Autofahrer hektisch die Spur wechseln oder stark abbremsen. Auffahrunfälle seien die Folge.

Wie lange gilt ein Tempolimit?

Normalerweise so lange, bis es wieder aufgehoben wird - und nicht etwa nur bis zur nächsten Einmündung. In der Regel gilt Folgendes, wie der Tüv informiert: Schreibt ein Verkehrsschild zum Beispiel eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h vor, gilt das Limit so lange, bis es durch ein weiteres Schild aufgehoben wird. Alternativ kann auch ein neues Tempolimit angezeigt werden - etwa an Ortseingängen.

Anders liegt der Fall bei Gefahrenstellen wie scharfen Kurven, unebener Fahrbahn oder starken Gefällen: In Kombination mit einem Gefahrzeichen wie „scharfe Kurve“ gilt die Geschwindigkeitsbegrenzung so lange, bis die angezeigte Gefahr zweifelsfrei nicht mehr besteht. Ein Schild, das das Tempolimit wieder aufhebt, gibt es in solchen Fällen häufig nicht, so der Tüv.

Laute Musik im Auto geht nur den Fahrer etwas an?

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Denn laut StVO trifft den Fahrzeugführer die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sein Gehör nicht durch Geräte beeinträchtigt wird. Und eine solche Beeinträchtigung liegt spätestens dann vor, wenn der Fahrer ein Martinshorn überhört und den Einsatzwagen behindert – egal, ob die laute Musik aus der Anlage oder über Kopfhörer kommt. Dann begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit. Bußgeld: zehn Euro.  (mz)

Auch bei Fehlverhalten an defekten Parkscheinautomaten drohen Bußgelder.
Auch bei Fehlverhalten an defekten Parkscheinautomaten drohen Bußgelder.
dpa
Fehlverhalten im Stau kann ein Bußgeld oder Schlimmeres nach sich ziehen.
Fehlverhalten im Stau kann ein Bußgeld oder Schlimmeres nach sich ziehen.
dpa/Symbol
Telefonieren am Steuer ist verboten. Rauchen zwar nicht per Gesetz, dennoch sollte es unterlassen werden, da auch das die Hände bindet.
Telefonieren am Steuer ist verboten. Rauchen zwar nicht per Gesetz, dennoch sollte es unterlassen werden, da auch das die Hände bindet.
dpa